Streaming-Abmahn-Anwalt erhält zwei Jahre auf Bewährung

Das Augsburger Schöffengericht hat den Regensburger Anwalt Thomas Urmann wegen Betrugs und Insolvenzverschleppung verurteilt. Er erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung. Zudem muss er 80 Sozialstunden ableisten und einer Geldauflage in Höhe von 80.000 Euro nachkommen. Das berichtet die Mittelbayerische Zeitung.

SAP geht gegen ein Urteil, das zwei Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen SAPs untersagt, in Berufung. Quelle: ShutterstockVoraussichtlich soll das Urteil innerhalb einer Woche rechtskräftig werden. Urmann verliert dann auch seine Zulassung als Anwalt. Durch ein vollständiges Geständnis konnte er einen Gefängnisaufenthalt noch umgehen. Als Geschäftsführer einer Wurstwarenfabrik in Gundelfingen (Kreis Dillingen) hat Urmann die Insolvenz der Firma verschleiert. Er hat weiter Aufträge an Lieferanten erteilt, obwohl das Unternehmen zahlungsunfähig war. Darüber hinaus hat er Sozialversicherungsbeiträge für viele Mitarbeiter nicht gezahlt. Auf über 390.000 Euro beläuft sich der Schaden.

Ende 2013 erlangte der Regensburger Rechtsanwalt bundesweite Bekanntheit. In seinem Auftrag ergingen Abmahnungen an tausende Internetnutzer, die ein Streaming-Angebot für Pornofilme namens Redtube in Anspruch genommen haben. Demnach sollten betroffene Nutzer 250 Euro Zahlen und zudem eine Unterlassungserklärung abgeben. Vielfach erhielten sie jedoch gleich drei bis vier Abmahnungen, in denen ihnen Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Diese haben sie angeblich durch das Anschauen pornografischer Filme auf Redtube begangen.

Schon kurz vor Weihnachten kamen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abmahnwelle auf. Auf Antrag von Redtube erließ das Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen den Versand von Abmahnschreiben im Namen der Firma The Archive AG durch die Rechtsanwaltskanzlei Urmann + Collegen.

“Wie vom Gericht entschieden, ist es der Firma The Archive AG von nun an untersagt, Abmahnschreiben an Nutzer der Internetplattform Redtube zu versenden, in denen behauptet wird, dass Nutzer das Urheberrecht von The Archive AG verletzt haben. Dies gilt nicht nur für die in den von der Rechtsanwaltskanzlei Urmann + Collegen versandten Abmahnschreiben benannten Videos, sondern für alle Streaming-Clips an denen die Firma The Archive AG Urheberrechte geltend macht”, heißt es in einer Mitteilung von Redtube.

Die Forderungen von The Archive AG wies das Gericht als unbegründet zurück. Die Nutzer hätten keinen Grund, davon auszugehen, dass die von Redtube angebotenen digitalen Inhalte aus illegalen Quellen stammen. Der Portalbetreiber versichert erneut, dass “zu keiner Zeit Nutzerdaten, weder IP-Adressen noch sonstige Informationen, an Dritte weitergegeben” wurden.

Alex Taylor, Vizepräsident von Redtube, kommentierte: “Diese Entscheidung ist nicht nur ein Sieg für die Nutzer von Redtube, sondern für jede Person, die Streaming-Webseiten besucht. Es ist eine klare Botschaft, dass die Ausnutzung von persönlichen Informationen und die Verletzung der Privatsphäre aus rein finanziellen Interessen nicht toleriert werden.”

[mit Material von Kai Schmerer, ZDNet.de]

Andre Borbe

Andre ist Jahrgang 1983 und unterstützte von September 2013 bis September 2015 die Redaktion von silicon.de als Volontär. Erste Erfahrungen sammelte er als Werkstudent in den Redaktionen von GMX und web.de. Anschließend absolvierte er ein redaktionelles Praktikum bei Weka Media Publishing. Andre hat erfolgreich ein Studium in politischen Wissenschaften an der Hochschule für Politik in München abgeschlossen. Privat interessiert er sich für Sport, Filme und Computerspiele. Aber die größte Leidenschaft ist die Fotografie.

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  • Dieses Urteil war bitter nötig.

    Die Abmahnpraxis in Deutschland ist ohnehin ein Riesenwitz. Und dieser "Rechtsanwalt", der glücklicherweise bald keiner mehr ist, hat ja so dermaßen viel Dreck am Stecken - da muss man davon ausgehen, dass Alles, was der anfasst halbseiden bis illegal ist.

    Hoffentlich zieht das Urteil mehr als nur ein vorübergehendes Abducken der Abzocker nach sich. Eine Gesetzesänderung zu Abmahnungen generell wäre fällig, um den Sumpf endgültig auszutrocknen.

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