Kartellstreit: EU will weitere Zugeständnisse von Google
Eine bereits erzielte Einigung mit der EU in der Kartellrechtsfrage hat EU-Kommissar Joaquín Almunia jetzt in Frage gestellt. Offenbar reichen die Zugeständnisse, die Google bereits als Vorschlag eingebracht nicht aus, um eine kartellrechtliche Untersuchung abzuwenden.
Google soll weitere Zugeständnisse machen, fordern jetzt die Wettbewerbshüter der EU in dem seit Jahren laufende Kartelluntersuchung wegen Verdachts auf Missbrauchs der beherrschenden Stellung im Suchmarkt. Angesichts neuer Kritik von Konkurrenten an Googles Lösungsvorschlag vom Februar scheint es inzwischen unwahrscheinlich, dass Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia das 2010 gestartete Verfahren bald abschließen wird.
Gegenüber Bloomberg TV erklärte Almunia am Wochenende, dass einige Reaktionen auf Googles jüngste Vorschläge “sehr, sehr negativ” ausgefallen seien. Dies gebe der EU das Recht, weitere Zugeständnisse einzufordern. Die Anfang Februar getroffene vorläufige Einigung mit dem Suchriesen dürfte damit kein Gewicht mehr haben.
Vergangene Woche hatten Microsoft und europäische Verleger sich an Almunias Büro gewandt und gefordert, Googles Vorschläge abzulehnen, mit denen es Bedenken hinsichtlich des Suchgeschäfts in Europa entkräften wollte. Seine Konkurrenten stoßen sich vor allem daran, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichend sicherstellen, dass Google seine eigenen Dienste in den Suchergebnissen – etwa Shopping und Reisen – nicht bevorzugt behandelt.
Google hatte sich unter anderem verpflichtet, Konkurrenten Platz neben seinen eigenen vertikalen Suchlisten einzuräumen, der versteigert werden sollte. Rivalen kritisierten jedoch, dass es dadurch weitere Einnahmen erziele. Microsoft bemängelte zudem an, dass dieser bereitgestellte Platz deutlich geringerwertig sei, als der, den Google sich selbst einräume.
Die Beschwerdeführer argumentieren darüber hinaus, dass die Vorschläge Bedenken hinsichtlich Googles Exklusivvereinbarungen mit Werbetreibenden nicht ausräumen könnten. Laut Microsoft wäre der Internetkonzern weiterhin in der Lage, Kunden durch Knebelverträge an seine eigene Werbeplattform zu binden.
In einem Blogbeitrag hatte Google-Chairman Eric Schmidt am Wochenende Vorwürfe von europäischen Verlagen zurückgewiesen, das sein Unternehmen zu dominant sei und eigene Produkte wie Maps, Youtube und Shopping in seinen Suchergebnissen bevorzuge. “Auch wenn wir das Glück hatten, sehr erfolgreich in Europa zu sein, trifft es nicht zu, dass Google ‘das Gateway zum Internet’ ist, wie es die Verlage behaupten”, schreibt Schmidt. “Um Nachrichten zu lesen, rufen Sie vielleicht direkt ihre bevorzugte Nachrichtensite auf. Das ist der Grund dafür, dass Zeitungen wie Bild, Le Monde und die Financial Times den Großteil ihres Traffics direkt erhalten (weniger als 15 Prozent kommen von Google). Oder sie verfolgen, was andere Leute auf Twitter schreiben.”
Weiterhin schreibt Schmidt: “Es ist ebenfalls nicht wahr, dass wir unsere eigenen Produkte auf Kosten des Wettbewerbs bevorzugt behandeln. Wir zeigen zuerst die Ergebnisse an, die die Anfrage des Nutzers am besten beantworten (letztlich wurde Google für Nutzer geschaffen, nicht für Websites). Bei einer Frage nach dem Wetter, erscheint zunächst die lokale [Google-]Wettervorhersage. Das bedeutet, dass Wettersites niegriger platziert sind und weniger Traffic erhalten. Aber weil dies gut für die Nutzer ist, erscheint uns das in Ordnung.”
Die Bevorzugung von Links zu Googles eigenen spezialisierten Suchdiensten in den Suchergebnissen war ursprünglich nur einer von vier Kritikpunkten der EU gewesen. Die anderen drei offenen Punkte waren die unautorisierte Verwendung von Originalinhalten von Webseiten Dritter etwa bei Google News, vertragliche Bindung von Webseitenbetreibern an Googles Werbedienste und mangelnde Übertragbarkeit von Suchmaschinen-Werbekampagnen auf konkurrierende Plattformen. Allerdings hatte Google schon im August 2013 beispielsweise das Angebot gemacht, dass Werbetreibende die Möglichkeiten erhalten, ihre Anzeigenkampagnen einfach auf andere Plattformen umzuziehen.
[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]
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