Erste Überraschung der umgearbeiteten Strategie: Die vom neuen CEO Satya Nadella propagierte neue Offenheit setzt Microsoft bereits in der Praxis um. Dynamics-Lösungen, die auf der Bühne im Firefox laufend angezeigt werden, ein Chrome-Browser in der Taskleiste des Sprechers und schließlich ein Produktspezialist, der die mobile Anbindung der CRM-Lösung auf einem iPad vorführt – noch unter Steve Ballmer wären solche Dinge undenkbar gewesen. Sinn der Übung: “Dynamics, Azure und Office 365: Wir sind die einzigen, die mit dem ganzen Stack komplett in der Cloud sind. Und wir heißen sämtlich alle anderen Geräteklassen damit herzlich willkommen”, so Dynamics Boss Kirill Tatarinov.
Die spielgestaltende Mittelfeld-Position in Microsofts Cloud-Offensive kommt dabei Dynamics zu. Mit der ab sofort verfügbaren Version NAV 2015 sollen kleine und mittelständische Unternehmen dank neuer Touch-Funktionen unabhängig vom Standort oder Endgerät auf Unternehmensdaten und -prozesse zugreifen können. Dank neuer Interoperabilität der für die Cloud-Plattform Azure optimierten Software mit Microsoft Word sollen damit zudem alle Abläufe rund um die Rechnungsstellung erheblich vereinfacht werden. Zudem sind unter anderem Optimierungen für Office 365 enthalten.
Die Kundenmanagement-Software Microsoft Dynamics CRM 2015 ist ab Dezember 2014 allgemein verfügbar, in der Cloud und On Premise. Die Benutzeroberfläche wurde überarbeitet sowie die Sprachsteuerung Cortana (erst einmal für englischsprachige Kunden) integriert. Am interessantesten für Unternehmenskunden sind jedoch sicher die zahlreichen Industrie-Templates.
Ebenfalls voll auf die Cloud setzt das per sofort verfügbare Update Microsoft Dynamics AX 2012 R3 – das laut Tatarinov “eigens für Azure gebaut” ist – das nach einem kumulativen Update (CU 8) in diesen Tagen auch vollständig über eine Private Cloud betrieben werden kann.
Die Kunden schätzen diesen Marktangang offensichtlich. “Wir haben im vergangenen Jahr in der Sparte Microsoft Business Solutions unsere Ziele übererfüllt und holen beispielsweise mit AX derzeit mehr Accounts im Segment Handel als die SAP”, sagt zumindest Guido Anterist, EMEA Lead Marketing and Business Development, und nennt die Unternehmen Gerry Weber, Karstadt und den Schuhfilialisten Görtz als Beispiel.
Mehr schmerzen wird das Walldorfer Softwareunternehmen allerdings, dass die Redmonder auch bei klassischen SAP-Kunden momentan offensichtlich gefragt sind. So berichtete Seth Patton, weltweit zuständig für die vertikalen Lösungen von Microsoft Dynamics, dass sich beispielsweise auch Hugo Boss und Nestlé für eine kaufmännische Lösung seines Unternehmens entschieden hätten. Bemerkenswert, da die Schweizer Nestlé immer ein SAP-Vorzeigekunde war. Zwar ist es abwegig zu glauben, dass der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern grundsätzlich wechselt, jedoch in einzelnen Ländergesellschaften dies durchaus sein kann. Der Grund: “Wir machen es den Anwendern leicht, wenn sie in einem Land on-premise und in einem anderen aus der Cloud auf die Software zugreifen wollen oder müssen”, so Anterist.
Um den Bedarf der Kunden an betriebswirtschaftlichen Lösungen auch tatsächlich stillen zu können, arbeitet Microsoft nun noch enger mit IBM Global Services zusammen. Gerade im Mittelstand soll IBM weltweit größter Partner von Microsoft Dynamics werden. “Eine konsequente Entscheidung, weil gerade bei großen Accounts und ihren mitunter komplexen Projekten ist eine derartige Partnerschaft wichtig. IBM hat weltweit guten Angang zu großen Kunden, weiß, wie man umfangreiche und internationale Projekte managt“, sagt Frank Niemann, Analyst bei PAC. Dies ist auch eine Erweiterung der bereits Ende Oktober verkündeten, technologischen Partnerschaft zwischen den beiden IT-Giganten.
“Dynamics wird wieder ernst genommen, auch weil Nadella selbst einmal Dynamics-Chef war”, resümiert Frank Niemann über den neuen Kurs. Und: “Die übrige Produktwelt wird wieder deutlicher mit Dynamics verknüpft, das hat man vorher nicht so konsequent getan”, so der Softwareexperte.
Auch die neue Konkurrenz zur SAP beobachtet der Analyst: “SAP ist in erster Linie ein Anbieter von Unternehmensapplikationen und baut eine Cloud hauptsächlich für Applikationen. Microsoft entwickelt die eigene Cloud zu einer umfassenden Plattform aus, was neben anderen Dingen auch Unternehmensapplikationen umfasst. Je nach Bedarf entscheiden sich Unternehmen dann für die Cloud-Strategie von SAP oder Microsoft.”
Indes versucht Microsoft die Anwender darüber hinaus mit einigen “Bonbons” auf die eigene Seite zu ziehen. Etwa mit seinem neuen Tool “Social Listening“, ein Social-Media-Monitoring-Tool. Dies ist, verglichen mit anderen Monitoring-Tools, nicht unbedingt ein Innovations-Feuerwerk, enthält aber eine passable Funktionalität und bietet eine native Unterstützung von vier Sprachen, ist also nicht auf Services wie Google-Translate angewiesen. Ein im Social Media-Umfeld wichtiges Kriterium. Und: Entscheidet sich ein Kunde für CRM-online, so bekommt er es als kostenlose Dreingabe, für on-premise-Kunden sind 20 Dollar pro Monat pro Anwender fällig.
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