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Der Cloud-Markt 2015: Die Zeiten der Hungerspiele sind vorüber

Zwar hat sich der deutsche Cloud-Markt im internationalen Vergleich in der Vergangenheit langsamer entwickelt. Allerdings zeigt eine Adoptionsrate von mittlerweile fast 75 Prozent deutlich nach oben. Und das hat zwei belastbare Gründe: Die Anbieter adressieren endgültig die Bedürfnisse und Anforderungen ihrer potentiellen Zielkunden. Gleichzeitig springen immer mehr Anwender auf den Cloud-Zug auf.

Der Anbietermarkt im Fokus

Die Cloud-Anbieter werden sich im Jahr 2015 über regen Zulauf von deutschen Kunden erfreuen dürfen. Dafür hat sich der Großteil aller Anbieter strategisch mit Rechenzentren in Deutschland positioniert, um hiesigen Kunden die physische Speicherung ihrer Daten zu ermöglichen und die Anforderungen des Bundesdeutschen Datenschutzgesetzes (BDSG) zu erfüllen.

  • Den größten Schritt US-amerikanischer Anbieter haben die Amazon Web Services getan. Mit einer Region speziell für den deutschen Markt hat sich der IaaS-Markführer zu seinem Engagement in Deutschland bekannt. Gleichzeitig positioniert sich Amazon damit strategisch zentral in Europa und erhöht damit ebenfalls für Kunden aus angrenzenden Ländern die Attraktivität. Technologisch betrachtet (unter anderem Verringerung der Latenz) handelt es sich dabei um einen nicht zu vernachlässigenden Schritt. Speziell an Unternehmen gerichtete Services (AWS Directory Service, AWS CloudTrail, AWS Config, AWS Key Management Service, AWS CloudHSM) zeigen, dass Amazon sich vom Startup-Enabler hin zu einer echten Alternative für Unternehmen entwickelt hat. Das unterstreicht Amazon mit der Präsentation aussagekräftiger deutscher Referenzkunden (unter anderem Talanx, Kärcher und Software AG) aus dem Unternehmensumfeld. Nachbesserungen sind für Hybrid Cloud Funktionen, speziell auf Anwendungsebene zu erwarten, denn von einem “Pure Public Cloud” Ansatz werden Unternehmen in Zukunft keinen Gebrauch machen.
  • Microsofts “Cloud-First”-Strategie nimmt langsam Fahrt auf. Vor allem die Einführung von IaaS-Ressourcen in Azure fängt an Früchte zu tragen. Neben einer vorhandenen breiten Kundenbasis in Deutschland, verfügt Microsoft über den Vorteil alle Betriebsmodelle zu unterstützen. Neben der Azure Public Cloud stehen Hosted-Modelle (Cloud OS Partner Network, Azure Pack) sowie Private Cloud Lösungen (unter anderem Windows Server, System Center, Azure Pack) bereit, die für Unternehmen in einem hybriden Szenario enden können. Weiterhin verdichten sich die Gerüchte aus dem Jahr 2013, dass Microsoft noch in diesem Jahr mit einem Rechenzentrum nach Deutschland kommt, um eigene Cloud-Services nach deutschem Recht anzubieten.
  • ProfitBricks, einer der wenigen IaaS Public Cloud Anbieter mit Ursprung in Deutschland, wächst und gedeiht. Neben einem weiteren Rechenzentrumsstandort in Deutschland (Frankfurt) zeigen zahlreiche neue Mitarbeiter im Jahr 2014, dass sich das Startup gut entwickelt. Ein Update des Data-Center-Designer (WYSIWYG-Oberfläche) unterstreicht zudem, dass ProfitBricks sich ebenfalls technologisch weiterentwickelt. Im Vergleich zu anderen Public IaaS-Anbietern wie Amazon oder Microsoft fehlt jedoch weiterhin ein Portfolio von Value-Added Services. Das muss mit einem aussagekräftigen und potenten Partnernetzwerk ausgeglichen werden.
  • Rackspace hat im letzten Jahr damit begonnen, den Fokus von Public IaaS hin zu Managed Cloud Services zu verändern und sich auf seine Stärke – den “Fanatical Support” zu besinnen. Bei den neuen Trends wie OpenStack oder DevOps sind die Texaner aber ganz vorne mit dabei. Denn zukünftig werden Unternehmen um diese Technologien und Services nicht vorbeikommen, wenn sie ihren Entwicklern die notwendigen Freiheiten ermöglichen wollen, um schnell, effizient und kreativ neue digitale Anwendungen umzusetzen.
  • Kurz vor Ende des letzten Jahres hat auch IBM ein offizielles Softlayer-Rechenzentrum in Frankfurt angekündigt. Als Teil seiner globalen Rechenzentrumsstrategie erfolgte dies in Kooperation mit dem Rechenzentrumsbetreiber Equinix und zeigt ebenfalls, dass IBM die Bedeutung einer lokalen Präsenz und der physischen Lokalität der Daten erkannt hat. Die Softlayer-Cloud bietet speziell den Vorteil, dass sich damit Bare Metal Ressourcen (physikalisch Server) auf dieselbe Art und Weise bereitstellen lassen wie virtuelle Maschinen.

Auch wenn sich der Markt und die Anbieter positiv entwickelt haben und auf ein gutes Jahr 2015 blicken dürfen, sieht Crisp Research folgende Herausforderungen (Auszug):

  • Die Bedeutung von Hybrid-Funktionen und Schnittstellen für Multi-Cloud-Ansätze wird größer.
  • Standards wie OpenStack oder OpenDaylight müssen unterstützt werden.
  • Es werden mehr erweiterte Funktionen für die Unternehmens-IT (Ende-zu-Ende Sicherheit, Governance, Compliance und anderen) benötigt.
  • Es wird mehr Cloud-Connectivity anhand von Cloud-Hubs in Colo-Rechenzentren benötigt.
  • Die Preis-Transparenz muss sich deutlich verbessern.
  • Einfachheit der Nutzung muss im Vordergrund stehen.
  • Enablement-Services für das Internet of Things (IoT). Nur wer entsprechende Services im Angebot hat wird langfristig vorne mit dabei sein.

Je nach Anbieter-Portfolio werden diese Anforderungen bereits teilweise oder mehrheitlich erfüllt. Was alle Anbieter jedoch gemein haben ist, dass sie die Ansprache ihrer Zielgruppen überdenken müssen. Direktgeschäfte in der IT sind in Deutschland historisch bedingt schwierig. Der Zugriff auf potentielle Neukunden muss größtenteils über Umwege (Partner, Distributoren) erfolgen.

Die Sicht auf die Anwender

Mehr als 74 Prozent der deutschen Unternehmen befinden sich derzeit in der Phase der aktiven Planung und Implementierung und setzen Cloud-Services und –Technologien im produktiven Betrieb ein. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Cloud Computing in Deutschland endgültig angekommen ist. Für 19 Prozent der deutschen IT-Entscheider ist Cloud Computing ein fester Bestandteil auf der Agenda und im Betrieb. Weitere 56 Prozent der Unternehmen befinden sich in der Planungs- oder Implementierungsphase und setzen Cloud bereits im Rahmen erster Projekte und Workloads ein. Dabei spielen Hybrid- und Multi-Cloud-Infrastrukturen bei deutschen IT-Entscheidern eine zentrale Rolle, um die Integration auf Daten-, Anwendungs- und Prozessebene sicherzustellen.

Dabei stellt sich die Frage, warum erst jetzt – nach über 10 Jahren? Schließlich wurde Amazon AWS 2006 gestartet und Salesforce bereits im Jahr 1999 gegründet. Ein Grund liegt in der grundsätzlich langsamen Adaption neuer Technologien, was aus der deutschen Vorsicht und Gründlichkeit herrührt. Das Gros der deutschen Unternehmen wartet in der Regel, bis sich Technologien gesetzt und ihren erfolgreichen Einsatz bewiesen haben. Early Adopter lassen sich bei deutschen Anwendern traditionell nur wenige finden.

Aber das ist nicht der Hauptgrund. Der Cloud-Markt musste sich entwickeln. Als Salesforce und später Amazon AWS in den Markt eingetreten sind, existierten noch nicht viele Services, welche die Anforderungen erfüllten oder als gleichwertiger Ersatz für bestehende on-Premise Lösungen dienten. Aus diesem Grund kauften IT-Entscheider zu diesem Zeitpunkt weiterhin „altbewährte“ Lösungen ein. Weiterhin existierte noch wenig Bedarf etwas zu ändern, was vor allem daran lag, dass die Vorteile der Cloud nicht klar waren, beziehungsweise von den Anbietern nicht deutlich genug formuliert wurden. Ein weiterer Grund besteht in der Tatsache, dass nachhaltige IT-Veränderungen in Dekaden und nicht in ein paar Jahren oder Monaten vollzogen werden. Bei denjenigen Entscheidern, die während der ersten zwei Phasen der Cloud noch auf klassische IT-Lösungen gesetzt haben, laufen die Abschreibungszeiträume und IT-Lebenszyklen aus. Wo jetzt Hard- und Software-Lösungen ersetzt werden müssen, rücken Cloud-Services in den Fokus für den IT-Betrieb.

Zu den wesentlichen Gründen, die für eine lange Transformationsphase in Richtung Cloud sorgen, zählen (Auszug):

  • Verunsicherung durch Fehlinformationen vieler Anbieter, die Virtualisierung als Cloud verkauft haben.
  • Rechtliche Themen mussten geklärt werden.
  • Vertrauen zu den Anbietern musste aufgebaut werden.
  • Cloud-Wissen musste erst aufgebaut werden. Fehlendes Wissen, Komplexität und Probleme bei der Integration zählten und zählen weiterhin zu den Kernthemen.
  • Applikationen und Systeme müssen in und für die Cloud “from Scratch” entwickelt werden.
  • Keine konkurrenzfähigen Cloud-Services von deutschen Anbietern.
  • Keine Rechenzentren in Deutschland, um das BDSG und weitere Gesetze zu erfüllen.
  • Geringer Kostendruck auf den IT-Budgets aufgrund der guten konjunkturellen Lage der letzten Jahre.

Deutsche Anwenderunternehmen befinden sich derzeit Mitten im Cloud-Transformationsprozess. Diesen setzen sie Schritt für Schritt um und bauen sich dabei Multi-Cloud-Umgebungen bestehend aus Infrastrukturen, Plattformen und Services von verschiedenen Anbietern auf. Mit diesem Teil der Digital Infrastructure Fabric (DIF) schaffen sie die Grundlage für ihre individuelle digitale Strategie, auf der sich neue Geschäftsmodelle und digitale Produkte, beispielsweise für das Internet der Dinge betreiben lassen.

Andre Borbe

Andre ist Jahrgang 1983 und unterstützte von September 2013 bis September 2015 die Redaktion von silicon.de als Volontär. Erste Erfahrungen sammelte er als Werkstudent in den Redaktionen von GMX und web.de. Anschließend absolvierte er ein redaktionelles Praktikum bei Weka Media Publishing. Andre hat erfolgreich ein Studium in politischen Wissenschaften an der Hochschule für Politik in München abgeschlossen. Privat interessiert er sich für Sport, Filme und Computerspiele. Aber die größte Leidenschaft ist die Fotografie.

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  • Vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel. Ich bin gespannt, wann in Deutschland die Early Majorty den Early Adoptors in die Cloud folgt.

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