Unified Communications mit langer “Leidenshistorie”
Wenn verschiedene Kommunikationslösungen zusammenspielen sollen, stellt das die Verantwortlichen nicht selten vor große technische Herausforderungen. Im Interview erklärt Andreas Wächter, Zentraleuropa-Chef von Integrated Research, wie sich das dennoch in den Griff bekommen lässt.
Viele Unified Communications-Systeme sind über die Jahre bei den Anwendern gewachsen und schleppen daher eine gewisse Historie mit. Andreas Wächter, Zentraleuropa-Chef von Integrated Research, dem Hersteller der Management- und Monitoring-Software “Progonosis”, erklärt, worunter UC-Systeme und damit auch größere Installationen wie Callcenter häufig leiden.
Als Fachmann für die Plattform-unabhängige UC-Management-Lösung Prognosis kennt Wächter Schwächen und Stärken verschiedener Lösungen.
In den USA wie auch in der Asia-Pacific-Region managen Betreiber von UC-Lösungen ihre Systeme bereits seit Jahren mit der IR-Software Prognosis. Sie können damit Schwachstellen wie zum Beispiel Fehler beim Verbindungsaufbau, Probleme mit der Sprachqualität oder Hindernisse beim Zusammenspiel mehrerer Kommunikationsarten identifizieren und auch Lösungsmöglichkeiten anbieten. Damit können Anwneder den UC-Betrieb permanent verbessern. Nicht zuletzt deshalb lassen sich aus dieser Expertise auch Aussagen darüber ableiten, wie eine IC-Lösung idealerweise aufgesetzt wird, um oft gemachte Fehler von vornherein zu vermeiden. Wir haben zusammen mit Herrn Wächter einige Szenarien durchgespielt.
silicon.de: Ein Mitarbeiter sitzt in einem Call-Center und bekommt einen Anruf von einem erbosten Kunden, dessen Gasheizung nicht funktioniert. Was sollte ihrer Meinung nach als nächstes passieren?
Wächter: Viele Kunden, aber auch Betreiber von CC gehen davon aus, dass die zugrunde liegende Technik funktioniert, der Anruf also überhaupt schnell genug und in gute Sprachqualität ankommt. Das ist aber in vielen Fällen entweder gar nicht, oder erst nach mehreren teuren Startversuchen der Fall.
silicon.de: Woran liegt das?
Wächter: Das Problem bei vielen CC- oder Unified Communications (UC)-Lösungen liegt schon vor dem eigentlichen Anruf. Hier ist einfach technisch noch viel zu tun. Erst dann sind CC/UCC-Betreiber in der Lage, sich um inhaltliche Dinge wie Probleme mit der Gasheizung oder Kundenzufriedenheit zu kümmern. Wer seinen Kunden erst gar nicht die Möglichkeit gibt, den Kundendienst schnell und einfach zu erreichen, der erweckt auch nicht den Eindruck, das eigentliche Problem kompetent zu lösen.
silicon.de: Sind also alle CC falsch aufgesetzt?
Wächter: Nein, aber die meisten haben eine lange Leidenshistorie hinter sich. Oft werden CC erst im zweiten oder dritten Anlauf zu dem, was sie eigentlich sein sollen: Einrichtungen für effektiven und dadurch für alle Beteiligten nützlichen Kundendialog.
silicon.de: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit der Kunde schnell mit dem richtigen Berater verbunden und sein Problem kompetent behoben wird?— Und was sollte jetzt auf keinen Fall passieren?
Wächter: Das Zusammenspiel der eingesetzten Komponenten muss stimmen, die aufgebaute Lösung darf niemals an der erforderlichen oder gewünschten Komplexität scheitern. Damit ein Kundenproblem schnell und kompetent behoben werden kann, muss das dahinter stehende CC-System permanent analysiert und in Schuss gehalten werden.
silicon.de: Wie kann Analyse-Software bei diesen Schritten helfen?
Wächter: Einer unserer Anwender, Csaba Érsek, Operations Manager beim Ungarischen Telekom-Tochterunternehmen IT Services Hungary, hat das mal so formuliert: “Prognosis weist uns in Echtzeit auf Probleme hin. So können wir sehr schnell eskalieren und Lösungsschritte einleiten. Oft sind Fehler schon vor ihrem tatsächlichen Auftreten behoben, weil wir sie bereits erkennen, während sie sich aufschaukeln”.
silicon.de: Das sind aber Funktionen, die mir eine Contact-Center-Software bereits liefert. Wo setzt nun die Funktionalität von Integrated Research an?
Wächter: Selbstverständlich liefert CC-Software der jeweiligen Hersteller ausreichende Kontrollmöglichkeiten – aber immer nur für die eigene Systemlandschaft. Sobald ein Betreiber seine Anlage aus Komponenten mehrerer Hersteller zusammengesetzt hat, wird die Sache kompliziert. Dann sind die Probleme mit Verbindungsaufbau, Interoperabilität etwa zwischen Telefonie- und CRM-Lösung, Datendurchsatz oder auch einfach nur Sprachqualität plötzlich sehr komplex. Unsere Software setzt genau da an, wo es darauf ankomt, sämtliche Systeme von Herstellern wie Avaya, Microsoft, Cisco oder Unify aus dem Effeff zu kennen. Unsere Anwender finden schnell heraus, wo die Stärken und Schwächen der jeweils im Einsatz befindlichen Systeme liegen, können Fehlerquellen schnell lokalisieren und deren Behebung einleiten.
silicon.de: Wie setzen sie das technologisch um? Was genau macht ihre Lösung?
Wächter: Meist stecken Daten über Sprach- oder Datenkommunikations-Vorgänge in individuellen Logfiles fest und bilden Informationssilos. So kommen Servicetechniker in Zeitnot, wenn sie in Notfällen oder bei auflaufenden Problemen immer erst mehrere Datenquellen aufrufen und in Beziehung setzen mussten. Mit Prognosis dagegen können sie sämtliche Informationen zentral vorhalten, beobachten und auswerten. Das erlaubt schnellere Reaktionszeiten und macht präventive Wartung möglich. Technologisch gesehen ist Prognosis eine Kombination aus Monitoring-Software, API-Struktur und Expertensystem, in dem quasi alle Informationen als sämtlichen CC-Komponenten zusammengefasst und bewertet werden können, um deren optimales Zusammenspiel zu gewährleisten.
silicon.de: Lassen sich dabei auch Muster erkennen, etwa, dass bei einem Wintereinbruch besonders viele Gasheizungen Probleme machen, und der Service-Center dann darauf vorbereitet sein sollte?
Wächter: Solche Analysen und Auswertungen kann und soll Prognosis nicht bereitstellen. Andere mögen das vorhaben, unser Produkt aber ist lediglich für die Optimierung der Datenflüsse, nicht aber für die Speicherung und Aggregation von Inhalten geeignet.
silicon.de: Kunden geben bei einem Anruf ja nicht nur ihre Probleme weiter, sondern äußern auch Wünsche, bewerten Produkte, und geben Aufschluss darüber, wie gut ein Produkt im wahren Leben wirklich ist. Wie aber kann ich solche Informationen aus den Gesprächen der Callcenter-Mitarbeiter in belastbare Zahlen umwandeln?
Wächter: Sorry, auch hier gilt: Gesprächsinhalte dürfen und können wir nicht einmal aufzeichnen. Prognosis ist allenfalls in der Lage, zu dokumentieren, wann beispielsweise ein CC-Mitarbeiter mit einem Kunden über einen bestimmten Sachverhalt gesprochen, ob die Aufzeichnung qualitativ in Ordnung war und als Dokumentation von Aufträgen verwertbar ist, und ob der Kunde zum Beispiel auf eine bestimmte Frage mit ja oder nein geantwortet hat. Alle weiteren Mitschnitte oder Auswertungen wären gesetzeswidrig.
silicon.de: Wenn zu viele Anrufe zu einem Thema kommen, sollte dann irgendwann die Qualitässicherung und das Produktmanagement ins Boot geholt werden? Das kann ja auch der Fall sein, wenn bestimmte Funktionen häufiger gewünscht werden.
Wächter: Solche Auswertungen von Kundenbedarfen sind sicherlich wünschenswert. Und mit einer gut funktionierenden CC-Anlage sicherlich auch realisierbar. Allerdings wäre hierfür die Kopplung mit CRM-, SCM- oder ERP-Software notwendig. Das ist eine Aufgabe, die wir, wenn sie von den Anwendern gestellt werden würde, sicherlich zufriedenstellend erfüllen könnten.
silicon.de: Lassen sich damit auch Entscheidungen automatisieren? Können Sie uns noch ein Beispiel liefern?
Wächter: Xerox arbeitet derzeit an selbstlernenden Call Center Avataren, IBM hat seine auf Cognitive Computing basierende Watson-Technologie am Markt, die vormehmlich in den USA auch schon in Call Center Lösungen beispielsweise von Genesys getestet wird. Aber das ist wie gesagt erstens Applikationsgeschäft und zweitens auch erst in den Anfängen. Gleichwohl wurde auch Prognosis bereits seit dem Release 10.2 um Funktionen für kognitive Automation ergänzt. Damit bieten auch wir automatisierte Softwarelösungen für permanente Optimierung und Stärkung unternehmenskritischer IT-Systeme an.
Denn aktuell sind die meisten Performance Management-Lösungen reaktiv, sie diagnostizieren und lösen Probleme erst dann, wenn sie aufgetreten sind. Das bedeutet, dass Unternehmen Zeit, Geld und möglicherweise auch Kunden verlieren. Um die Service Levels für Kunden zu erhöhen und damit zusammenhängende Supportkosten für kritische Netzwerke und Systeme wie Contact Center oder auch Zahlungsnetzwerke zu verringern, müssen Organisationen heute auf IT-Umgebungen zurückgreifen können, die eine schrittweise Einführung kognitiver Automation bieten.
silicon.de: Herr Wächter, Wir danken für das Gespräch.
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