Die Bundesregierung will offenbar das Tempo beim Thema Industrie 4.0 erhöhen und plant ein Konsortium für Industrie 4.0. Laut eines Berichtes des Handelsblatts soll damit sichergestellt werden, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei diesem wichtigen Thema nicht hinter die US-Industrie zurückfällt.
Laut Handelsblatt lädt daher am nächsten Dienstag Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung zu einem Treffen nach Berlin. Ziel sei es, ein entsprechendes Konsortium ins Leben zu rufen, das Vernetzung von Maschinen, Koppelung mit betriebswirtschaftlicher Software, dezentrale Fertigung, selbststeuernde Prozesse und weitere Punkte wie Automatisierung vorantreiben soll.
Schon auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar hatte Merkel der deutschen Industrie ins Pflichtenheft geschrieben, dass dieses Thema nicht verschlafen werden dürfe. Auch auf dem Nationalen IT-Gipfel im Oktober im Hamburg hatten Bernd Leukert von SAP-Vorstand und Tim Höttges Chef der Deutschen Telekom von Merkel den Auftrag bekommen, ein entsprechendes Konsortium ins Leben zu rufen. Für Montag plane Merkel zudem einen Besuch bei dem Augsburger Roboterhersteller KUKA. Zumal Industrie 4.0 vor allem als deutsche Idee gehandelt wird.
Dass man in Deutschland hier jetzt aufs Gas drückt, hat möglicherweise auch damit zu tun, dass es in den USA bereits seit einem Jahr eine Industrievereinigung gibt, zu der gewichtige Branchenvertreter gehöhren: Intel, Cisco, IBM oder AT&T haben sich auf Initiative von General Electric zu dem Industrial Internet Consortium (IIC) zusammengeschlossen. Neben US-Unternehmen sind hier aber auch Bosch, Siemens, SAP und auch die Technische Universität Darmstadt vertreten.
Das IIC unterhält bereits erste Feldversuche unter der Federführung von Bosch. Auf europäischer Ebene und vor allem in Deutschland fehlen solche Zusammenschlüsse bislang, auch wenn viele treibende Unternehmen in diesem Umfeld deutsche Wurzeln haben.
Die Marktforscher von Gartner haben im November 2014 eine Befragung zur Rolle von Industrie 4.0 als Differenzierungsfaktor für den Industriestandort Deutschland durchgeführt. Dabei gaben ungefähr 60 Prozent der Befragten an, dass diese Initiative das Potential hat, Markttransparenz und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Diejenigen, die Industrie 4.0 kritisch gegenüberstehen, gaben an, dass die Integration und die Ausrichtung von Leitprinzipien des Konzepts sehr schwierig und komplex sein werden und zu hohen Kosten führen können.
Henrik Groß von Techconsult sieht in dem Ansatz folges: “Das Ziel ist damit nicht bloß, Cyber Physical Systems (CPS), Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) oder Cloud und Big Data/Analytics im Produktionsumfeld einzuführen und einzusetzen. Industrie 4.0 bedeutet vielmehr, dass die gesamte Wertschöpfungskette durchgängig IT-gestützt und soweit möglich automatisiert durchlaufen werden kann.”
Dabei müssen auch eine Vielzahl an unterschiedlichen IT-Systemen besser integriert werden. Das ist angesichts von großen Unterschieden wie etwa zwischen ERP und Manufacturing Execution Systemen (MES) nicht immer einfach: Ein ERP-System erledigt vorausschauende Planung, Berechnung, Modellierung, Analyse oder Prognose – und das in den meisten Fällen aufgrund der Datenmenge und Anforderungen an Datenabgleich nicht in Echtzeit. MES-Systeme hingegen verbinden sich mit Sensoren und Aktoren von Maschinen und Anlagen und müssen zwangsläufig mit kurzen Antwortszeiten arbeiten.
Doch die IT ist in diesem Spiel nur eines der Rädchen, die sich drehen müssen, wie die Gartner-Autoren in einem silicon.de-Blog festhalten: “Die Differenzierung von Industrie 4.0 zu Smart Manufacturing oder Internet der (industriellen) Dinge besteht in dem ganzheitlichen Ansatz, der neben digitalen Technologien und Dienstleistungslösungen auch Anforderungen an den demographischen Strukturwandel von Arbeitsplätzen, Unternehmenskultur und Innovations- beziehungsweise Entwicklungsgeist stellt. Absatzmärkte von morgen sind transparent in Angebot, Preis und Qualitätsmerkmalen und wachsen schnell, besonders in den Kundenansprüchen. Produkte und Lösungen im Hochtechnologiemarkt werden kundengerecht und fast “maßgeschneidert” den Kundenwünschen angepasst. Lieferketten synchronisieren sich in Echtzeit gemäß den Anforderungen von dezentralen Standorten und Zulieferern. Ist das Zukunftsmusik? Nicht wirklich.”
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