Linux-Kernel-Entwicklung: Intel überholt Red Hat

Die Linux Foundation hat ihren aktuellen Report (PDF) zur Entwicklung des Linux-Kernels veröffentlicht. Die gemeinnützige Vereinigung listet darin auf, welche Einzel-Entwickler und Unternehmen jeweils wie viel zum Kern des quelloffenen Betriebssystems beigetragen haben. Während sich der letzte, im September 2013 publizierte Bericht mit Beiträgen zu den Releases 3.3 bis 3.10 auseinandersetzte, fokussiert sich der aktuelle Bericht auf die Kernel-Versionen 3.11 bis 3.18.

Seit dem letzten Bericht haben laut Linux Foundation über 4000 Entwickler aus 200 Unternehmen Code-Zeilen zum Linux-Kern beigetragen. Dabei ging die Zahl der individuellen Entwickler wie schon im vorangegangenen Berichtszeitraum weiter zurück – wenn auch nur leicht. Die Zahl der Kernel-Entwicklungen, die nicht auf Unternehmen zurückzuführen sind, beträgt gegenwärtig rund 16 Prozent. Schon 2013 zeichneten lediglich knapp 17 Prozent der Einzel-Entwickler für Beiträge zum Betriebssystemkern verantwortlich. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nahezu 84 Prozent der Code-Zeilen von Unternehmen stammen.

Die gemessen an den Beiträgen zur Kernel-Entwicklung wichtigsten Firmen oder Oranisationen sind in dieser Reihenfolge Intel, Red Hat, Linaro, Samsung, IBM, Suse, Texas Instruments, Vision Engraving Systems, Google und Renesas. Damit hat Intel mittlerweile Red Hat von Platz eins verdrängt, was den Anteil der von den Mitarbeitern beigetragenen Kernel-Implementierungen angeht. Konkret verbesserte sich der Chip-Hersteller von 8,8 Prozent in der vergangenen Studie auf nunmehr 10,5 Prozent. Beispielsweise greift der Hypervisor KVM (Kernel-based Virtual machine) als Bestandteil des Linux-Kernels auf Intels Hardware-Virtualisierungstechnik VT-x zurück. Red Hat, das hinter der Linux-Distribution Red Hat Enterprise Linux steht, hat sich im Vergleich zu 2013 demgegenüber von 10,2 auf 8,4 Prozent verschlechtert.

Dies deutet wiederum daraufhin, dass sich die Entwicklungsarbeit gegenüber dem letzten Report im Wesentlichen auf die Integration neuer Hardware-Treiber konzentriert. Weiterer Beleg dafür ist, dass auch Samsung sich, was die Zahl der beigetragenen Kernel-Zeilen betrifft, inzwischen vom sechsten auf den vierten Rang vorgearbeitet hat. Auch andere Hardware-Hersteller wie IBM, AMD oder ARM haben im Vergleich zur letzten Erhebung etwas mehr Code-Beiträge zum Linux-Kern geleistet. Wie schon im vergangenen Bericht findet zudem das hinter der Linux-Distribution Ubuntu stehende Unternehmen Canonical im aktuellen Report erneut keine Erwähnung.

Zum ersten Mal taucht in der aktuellen Rangliste unter den Organisationen auf Platz 13 das sogenannte “FOSS Outreach Program for Women” auf. Dabei handelt es sich um ein Frauen-Förderprogramm, das im Rahmen eines dreimonatigen Praktikums weibliche Programmierer in die Open-Source-Community bringen soll. Laut Erhebung trugen die Praktikantinnen insgesamt 1,5 Prozent der Code-Zeilen für die für Kernel-Version 3.11 vorgesehenen Patches bei.

Ferner ist – ebenso wie im vorhergehenden Bericht – offenbar nach wie vor die Integration mobiler Komponenten in den Linux-Kernel gefragt. Dies macht sich am deutlichsten dadurch bemerkbar, dass Linaro – eine Ausgründung von unter anderem ARM und Samsung sowie maßgeblich an der Steigerung der Leistungsfähigkeit von Android beteiligt – mit 5,6 Prozent der Kernel-Entwicklungen inzwischen auf Platz drei geklettert ist. Texas Instruments, das sich ebenfalls auf mobile Technologien spezialisiert hat, rutschte hingegen vom dritten auf den achten Rang ab und stellt lediglich noch 2,4 Prozent der Kernel-Zeilen.

Zwar sind immer noch über 16 Prozent der Entwicklungen am Linux-Kernel nicht auf Unternehmen zurückzuführen (Unknown, None), dennoch machen Unternehmen – allen voran Intel und Red Hat – fast 84 Prozent der Code-Zeilen unter sich aus. (Bild: Linux Foundation)

Die Linux Foundation rechnet damit, dass die Zahl der an der Entwicklung des Linux-Kernels beteiligten Unternehmen infolge der gegenwärtigen Expansion von Linux im Server-, Desktop-, Mobil- und Embedded-Bereich weiter steigen wird. Hinzu kommt laut Jim Zemlin, Geschäftsführer der Linux Foundation, “dass Linux viele Einblicke in die Trends und Methodiken der Software-Entwicklung bieten kann.”

Insgesamt hat sich – einhergehend mit der wachsenden Zahl an Entwicklern – auch die Änderungsrate am Kernel erhöht. So betrug die durchschnittliche Anzahl eingepflegter Kernel-Modifikationen für den untersuchten Release-Zeitraum laut Linux Foundation 185 pro Stunde beziehungsweise nahezu 1300 pro Woche. Besonders rührig hätten sich die Entwickler bei der Kernel-Version 3.15 gezeigt, deren Entwicklung sich als der Zyklus mit den meisten Neuerungen in der Geschichte des Betriebssystemkerns herausgestellt habe. Zugleich sank die durchschnittliche Zahl der benötigten Entwicklungstage von 70 auf 66.

Außer den wichtigsten Entwicklern zeigen die bereits seit 2008 durch die Linux Foundation veröffentlichten Reports auch, welchen Bereichen besonderes Interesse zuteil wird. Neben Hunderten von neu implementierten Treibern und Tausenden von beseitigten Bugs haben die Entwickler seit der Herausgabe des letzten Berichts auch wieder einige Neuerungen in den Linux-Kernel eingearbeitet.

Während der Trend für das primär auf Servern eingesetzte Linux-Betriebssystem in der vorigen Studie noch in Richtung Integration mobiler Komponenten ging, scheint der Fokus der aktuellen Untersuchung zufolge unter anderem auf der Virtualisierung zu liegen. So unterstützt der Kernel inzwischen Virtualisierungstechnologien, die auf der ARM64-Architektur mithilfe der Linux-Hypervisoren Xen und KVM umgesetzt werden können.

Darüber hinaus bietet der Kernel jetzt Support für NFS (Network File System) in der Version 4.2. Das Netzwerkprotokoll erlaubt über das Firmennetzwerk den Zugriff auf Dateien, die auf entfernten Rechnern abgelegt sind. Da diese sich so abrufen lassen, als wären sie auf der lokalen Festplatte gespeichert, kommen Arbeitsrechner im Allgemeinen ohne Festplatte aus. Ein Betriebssystemkern wie der von Linux kann dann per NFS auf das Root-Laufwerk unter Unix zugreifen.

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Redaktion

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