Skype for Business: Was bringt der Lync-Nachfolger für KMU?

Mit dem April-Update der von Microsoft ursprünglich unter der Bezeichnung Lync vermarkteten Unified-Communications-Lösung hat sich erstmals auch deren Namen geändert: Lync 2013 wurde in Skype for Business umgetauft. Mit dem bereits im Mai 2013 angekündigten Schritt gehen zahlreiche Änderungen und Neuerungen einher – sowohl bei der Client- als auch der Server-Anwendung. Sie bieten für kleine und mittelständische Unternehmen einen mehr oder weniger großen Mehrwert. Ersteres trifft etwa auf die Funktion Call via Work zu, mit der Mitarbeiter auf Geschäftsreisen Kosten sparen können. Letzteres lässt sich hingegen für die Mehrzahl der aus Skype importierten Emoticons feststellen, von denen einige für Business-Gespräche fehl am Platz erscheinen.

Eine wesentliche Neuerung, die sich schon aus der Änderung des Namens ergibt, ist die Anpassung der bisherigen Lync-Benutzeroberfläche an das “Look and Feel” der klassischen Consumer-Variante von Skype. Beispielsweise wurden das eckige Symbol für Anrufe sowie das blaue Icon für das Initiieren eines Videotelefonats übernommen. Auch der aus der Endnutzer-Version bekannte Anrufmonitor wurde in Skype for Business integriert. Dieser zeigt einen aktuell aktiven Anruf in einem kleinen Fenster einschließlich der Schaltflächen zum Stummschalten und Beenden des Gesprächs an – und zwar selbst dann, wenn der Nutzer sich parallel gerade mit einer anderen Anwendung beschäftigt oder im Begriff ist, eine derzeit verwendete Applikation zu wechseln.

Der Grund für die Integration des VoIP-Telefoniedienstes für Privatanwender mit der Business-Plattform Lync liegt laut IT-Dienstleister und Microsoft-Partner InfoWAN, auf der Hand: Da Skype nach Microsoft-Angaben von mehr als 300 Millionen Nutzern weltweit eingesetzt wird, seien viele Angestellte neben dem Design der Benutzeroberfläche auch mit der Bedienung von Skype for Business vertraut. Dies steigere wiederum die Akzeptanz des Lync-Nachfolgers in KMU. Zudem entfallen weitgehend zeitintensive Mitarbeiterschulungen.

Die Benutzeroberfläche von Skype for Business lässt deutlich erkennen, dass der Lync-Nachfolger auf dem klassischen Skype basiert (Screenshot: Microsoft).

Skype for Business offeriert Anwendern im Zuge einer vereinfachten Bedienerführung jetzt etwa die Möglichkeit, das Nutzerverzeichnis der Consumer-Version nach dem Skype-Namen oder dem Microsoft-Konto eines gewünschten Kontaktes zu durchsuchen, um mit dem entsprechenden Skype-User direkt per Sprach- oder Videoanruf und unabhängig von dessen Endgerät zu kommunizieren. Zuvor war eine Verbindung zwischen Lync 2013 und Skype nur per Anmeldung mit dem Microsoft-Account respektive der Windows Live ID möglich.

Microsoft hebt hierbei vor allem die Videointegration zwischen Skype und Skype for Business als eine der wesentlichen Neuerungen hervor, welche bereits durch den im Dezember 2014 in die Consumer-Variante implementierten Videocodec H.264 möglich wurde. Zudem hat Microsoft Skype for Business um den ebenfalls schon in Skype integrierten SILK-Sprachcodec bereichert, der primär bei Sprachanrufen für eine verbesserte Audioqualität sorgen soll.

Die Emoticons, die eins zu eins aus der Consumer-Version übernommen wurden, dürften Anwendern von Skype for Business zudem ebenso bekannt vorkommen wie die Funktion “Rate my Call”. Damit können nun auch Mitarbeiter die Gesprächsqualität ihrer Telefonate anhand von bis zu fünf Sternen bewerten. Administratoren sind dann in der Lage, diese Rohdaten in einer Monitoring-Datenbank zu sammeln und zu Auswertungszwecken zu exportieren.

Microsoft betont, das Design sei zwar vom klassischen Skype inspiriert, der Funktionsumfang von Lync 2013, etwa das Teilen von Inhalten, sei jedoch zugleich vollständig erhalten geblieben – und darüber hinaus sogar noch erweitert beziehungsweise verbessert worden. Beispielsweise ist das Weiterleiten eines Anrufs nun mit einem einzigen Klick respektive einer einzigen Berührung anstelle von drei Schritten möglich.

In Sachen Usability sind außerdem noch die aus Lync 2013 bekannten Schnellaktionsschaltflächen verfügbar. Bei denen findet der Nutzer durch Klick auf einen favorisierten Kontakt sämtliche Kommunikationsoptionen wie Instant Messaging, Sprachanrufe oder Videotelefonate in Form entsprechender Buttons in einer Reihe auf einer Leiste vor. Auch die für die Verschlüsselung des Transportweges bei der Übertragung von Audio- und Videosignalen oder Dateien zuständigen Sicherheitsmechanismen TLS respektive SRTP wurden aus Lync übernommen.

Das Feature Call via Work erlaubt die Integration des Festnetztelefons am Arbeitsplatz (Screenshot: Microsoft).

Komplett neu ist hingegen eine Schaltfläche, die ebenfalls im Zuge einer verbesserten Benutzerführung einen schnelleren und einfacheren Zugriff auf die Gesprächssteuerung respektive das Wählfeld ermöglichen soll. Bei festnetzbasierenden Sprachanrufen (PSTN) bleiben die Tasten des Wählfeldes sowie die Optionen zum Halten oder Durchstellen eines Gesprächs beziehungsweise zum Wechseln zwischen Endgeräten wie Tischtelefon und Konferenztelefon während der gesamten Gesprächsdauer sichtbar. Bei Voice-over-IP-Telefonaten, bei denen das Gesprächsfenster etwa schon durch das übertragene Videobild besetzt ist, lassen sich Wählfeld und Steuerungsoptionen direkt neben dem Gesprächsfenster mittels des neuen Buttons zusätzlich einblenden.

Call via Work

Eine weitere zentrale Neuerung stellt die Funktion Call via Work dar. Sie dient grob gesagt der Integration von Festnetztelefonie in Skype for Business und dürfte einigen Unternehmensanwendern bereits aus dem Mobil-Client von Lync bekannt sein. Dort wird sie genutzt, um Anrufe mit dem Smartphone über die Nummer des Arbeitsplatzes zu initiieren oder zu empfangen. Die eigene Handynummer bleibt hierbei verborgen. Das nun auch in den neuesten Desktop-Client integrierte Feature erlaubt indes Festnetztelefonate über den Lync-Nachfolger.

Hierzu wird ein Sprachanruf zunächst über Skype for Business respektive den Unternehmensserver an das Arbeitsplatztelefon oder ein anderes per Festnetz- oder Mobilfunknummer bestimmtes Gerät weitergeleitet, welches daraufhin klingelt. Der Anrufer muss anschließend nur den Hörer abheben, damit das aufzubauende Gespräch wiederum an die ursprünglich vorgesehene Zielrufnummer weitergeleitet wird. Das Festnetztelefonat lässt sich dann über den Skype-for-Business-Client steuern und verwalten, sodass sich während des Gesprächs gewohnte Funktionen wie Instant Messaging, Desktop Sharing sowie Präsenz- beziehungsweise Statusinformationen nutzen lassen. Microsoft weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Funktion nur für ausgehende Anrufe möglich ist.

Den eigentlichen Nutzen von Call via Work erklärte Christian Pilz, IT-Consultant bei InfoWAN, auf einer für IT-Verantwortliche gedachten Veranstaltung des Dienstleisters und Microsoft-Partners in Unterschleißheim: “Call via Work ist zum Beispiel auf einer Geschäftsreise nützlich. Für gewöhnlich teure Anrufe über Hoteltelefone beziehungsweise Hotelrufnummern lassen sich vermeiden, indem der Mitarbeiter den Anruf einfach über Skype for Business respektive den Server seines Unternehmens initiiert.”

Um Funktionalitäten wie Call via Work oder den Zugriff auf das Skype-Nutzerverzeichnis nutzen zu können, müssen Unternehmen laut Microsoft die Server-Variante von Skype for Business installiert haben, in der es ebenfalls einige nützliche Neuerungen zu verzeichnen gibt. Eine davon ist die serverseitige Konversationshistorie, die etwa als Nachweis zur Zeiterfassung wichtig sein könnte. Sie erlaubt es, außer Chat-Verläufen zum Beispiel auch Anruflisten über verschiedene Geräte hinweg zu synchronisieren und somit konsistent zu halten. Dadurch sollen vor allem Verbesserungen bei der mobilen Nutzung des Lync-Nachfolgers erzielt werden.

Skype for Business übernimmt auch das vollständige Set an Emoticons aus dem klassischen Skype (Screenshot: Microsoft).

Laut Christian Pilz handelt es sich hierbei um ein lange nachgefragtes Feature, das es bereits in Lync Server 2013 für Outlook respektive den Exchange Web Service gab und das nun auch Mobil-Clients unterstützt: “Man kann die Historie beziehungsweise den Verlauf jetzt auch auf einem Mobilgerät lesen. Das bedeutet, wenn ich einen Anruf entgegennehme, taucht der genauso in der Anrufliste in Outlook auf, wie das beim Desktop-Client der Fall ist. Das heißt wiederum, eine Anrufliste wird über verschiedene Lync-Geräte hinweg synchronisiert.”

Firmen, die aktuell bereits Lync Server 2013 einsetzen, können mit dem sogenannten In Place Upgrade auf Skype for Business Server aktualisieren. Neue Hardware ist Microsoft zufolge nicht erforderlich, falls die bestehende Infrastruktur noch nicht am Ende ihrer Laufzeit ist. Die Server-Variante von Skype for Business verwendet nämlich dasselbe Hardware-Profil wie Lync Server 2013.

Nach Angaben von Christian Pilz wurde der Update-Vorgang im Allgemeinen vereinfacht. Er verringere sich nun auf zwei bis drei Schritte: “Vorher musste man erst einmal einen Entscheidungsbaum durchgehen, um sicherzustellen, dass Lync Server auch tatsächlich gepatcht werden kann”, erläutert Pilz. Wie Tests von InfoWAN ergeben hätten, sei ein Upgrade jetzt innerhalb von zwei bis vier Stunden abgeschlossen.

In die aktualisierte Server-Variante wurde unter anderem ein Video Interop Server (VIS) integriert. Dabei handelt es sich um einen nativen Interoperabilitätsdienst für Videokonferenzsysteme, der es Unternehmen ermöglichen soll, bereits vorhandene Videokonferenzsysteme in die Lync- beziehungsweise Skype-for-Business-Infrastruktur einzubinden. Investitionen in solche Systeme sollen für Firmen damit nicht umsonst gewesen sein. Auch in diesem Fall ist laut Microsoft keine zusätzliche Hardware erforderlich.

Ergänzungen und Alternativen

Die genannten Funktionalitäten können dank externer, Lync-zertifizierter Dienstleister wie dem deutschen SIP-Trunk-Spezialisten Toplink sogar noch erweitert werden. Der stellt hierfür seine gehostete UCC-Lösung (Unified Communication & Collaboration) LUCA bereit. Microsofts Anwendung wird dadurch mit Funktionen wie Fax-Integration oder einer variablen Rufnummernübermittlung ergänzt. Außerdem offeriert sie neue Optionen für die sogenannten Response Groups beziehungsweise Reaktionsgruppen. Unter anderem lassen sich damit etwa Feiertagsschaltungen einrichten und unternehmenseigene Ansageelemente integrieren.

Auch die Konkurrenz bietet Lösungen, um deren Funktionen Skype for Business theoretisch erweitert werden müsste, da sie Microsofts Unified-Communications-Anwendung noch fehlen. Unify (ehemals Siemens Enterprise Communications) offeriert unter dem Namen Circuit beispielsweise ein SaaS-Angebot, das den Schwerpunkt neben der Bündelung der Kommunikation via Sprache, Messaging und Video auf die Informationssuche bei der Arbeit legt.

So soll eine kontextbezogene Suchfunktion Nutzern dabei helfen, die für sie relevanten Inhalte zu finden. Der Fokus kann hierbei entweder auf Schlagworten oder auf Personen liegen. Die Suchergebnisse lassen sich dann entsprechend filtern. Wie Skype for Business erlaubt Circuit zudem, den Verlauf von Konversationen zu speichern, sodass Dateien und Informationen den beteiligten, aber auch eventuell später hinzugekommenen Teammitgliedern im Konferenzkontext zur Verfügung stehen.

Ein neuer Button erlaubt das Einblenden des Wählfeldes samt Gesprächssteuerungsoptionen in Skype for Business nun auch bei VoIP-Gesprächen (Screenshot: Microsoft).

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Andre Borbe

Andre ist Jahrgang 1983 und unterstützte von September 2013 bis September 2015 die Redaktion von silicon.de als Volontär. Erste Erfahrungen sammelte er als Werkstudent in den Redaktionen von GMX und web.de. Anschließend absolvierte er ein redaktionelles Praktikum bei Weka Media Publishing. Andre hat erfolgreich ein Studium in politischen Wissenschaften an der Hochschule für Politik in München abgeschlossen. Privat interessiert er sich für Sport, Filme und Computerspiele. Aber die größte Leidenschaft ist die Fotografie.

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