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Schaltsekunde: Amazon Web Services dehnt die Zeit aus

Um die koordinierte Weltzeit mit der universellen Sonnenzeit zu synchronisieren, weicht Amazon Web Services etwas von der Schaltsekunde ab. Dies ist alle paar Jahre nötig, weil eine Erdumdrehung einen Sekundenbruchteil länger dauert als 24 Stunden. Statt diese einfach zu addieren, will es praktisch 24 Stunden lang eine eigene Zeitrechnung einführen.

In der Vergangenheit kam es zu Fehlfunktionen bei einigen Computersystemen bei der Schaltsekundenproblematik. 2012 betraf es unter anderem Reddit, Quantas und Mozilla. Um Mitternacht am 30. Juni ist die nächste Schaltsekunde geplant. Viele Systeme lösen das Problem, indem sie ihrer Uhr einfach eine Extrasekunde hinzufügen, die dann als “23:59:60” angezeigt wird.

In einem Blog erklärt Jeff Barr, Chief Evangelist von Amazon Web Services (AWS), dass nicht alle System die “:60”-Schreibweise korrekt verarbeiten können. Davon sind auch einige Backend-Systeme und die Verwaltungskonsole von AWS betroffen.

AWS-Logo (Bild: Amazon)“Die AWS Management Console und Backend-Systeme werden die Schaltsekunde NICHT implementieren. Stattdessen teilen wir die eine Extrasekunde auf einen 24 stündigen Zeitraum um die Schaltsekunde auf, indem wir jede Sekunde minimal verlängern”, so Barr weiter. Statt also am 30. Juni um Mitternacht eine Sekunde zu addieren, werde man für je 12 Stunden vor und nach der Schaltsekunde jede einzelne Sekunde in den AWS-Uhren auf “1 plus 1/86400 Sekunden der ‘echten’ Zeit” ausdehnen.

Amazon führt somit in diesen 24 Stunden eine eigene Zeitrechnung ein. Diese weicht von der koordinierten Weltzeit um bis zu eine halbe Sekunde ab. Die AWS-Uhren sollen gegen 12 Uhr am 1. Juli wieder mit der koordinierten Weltzeit synchron sein.

Die Anpassungen müssen Nutzer von Amazons EC2-Instanzen selbst durchführen. Dafür können sie Public Time Services auf Basis des Network Time Protocol (NTP) oder Microsofts Dienst time.windows.com verwenden. Andere AWS-Ressourcen, die sich mit Zeitservern von ntp.org synchronisieren, werden die eine Standardsekunde automatisch implementieren. Dazu zählen CloudSearch-Cluster sowie EC2-Container-Service-, RDS- und Redshift-Instanzen.

Google hatte schon 2011 einen ähnlichen Lösungsansatz für das Schaltsekundenproblem mit einer geringen Zeitausdehnung entwickelt. Es nannte ihn “Leap Smear“, also etwa “Sprungverwischung”. Dabei modifizierte es die NTP-Server für die Dienste so, dass sukzessive wenige Millisekunden hinzugefügt wurden, sodass zum Zeitpunkt der Schaltsekunde der Zeitunterschied bereits ausgeglichen war.

[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]

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Andre Borbe

Andre ist Jahrgang 1983 und unterstützte von September 2013 bis September 2015 die Redaktion von silicon.de als Volontär. Erste Erfahrungen sammelte er als Werkstudent in den Redaktionen von GMX und web.de. Anschließend absolvierte er ein redaktionelles Praktikum bei Weka Media Publishing. Andre hat erfolgreich ein Studium in politischen Wissenschaften an der Hochschule für Politik in München abgeschlossen. Privat interessiert er sich für Sport, Filme und Computerspiele. Aber die größte Leidenschaft ist die Fotografie.

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