In Brüssel – dem Hauptsitz der Europäischen Union – können sich europäische Regierungen künftig über Schwachstellen in Microsoft-Produkten informieren und deren Quellcode einsehen. Dafür hat der Softwarekonzern ein Transparenzzentrum eröffnet. Es ist sein zweites weltweit. Das erste befindet sich am Firmensitz in Redmond.
In einem Blog schreibt Microsofts Security-Vizepräsident Matt Thomlinson, dass die Einrichtung “der jüngste Schritt ist, um die Transparenz unseres Software-Quelltexts zu erhöhen und weiteres Vertrauen bei Regierungen weltweit aufzubauen.” Allgemein sei “eine hochgradige Offenheit und Kooperation zwischen Behörden und Privatwirtschaft” erstrebenswert.
Bereits 2003 startete Microsoft die Initiative Government Security Programme (GSP). Das neue Transparenzzentrum ist ein weiterer Teil dessen. An dem Programm nehmen 42 Einrichtungen in 23 Nationalstaaten teil – darunter als jüngstes Mitglied auch die EU-Kommission. Der Softwarekonzern ermöglicht damit Regierungsstellen ständigen Einblick in den Quellcode sowie in technische Details von aktuellen Betriebssystemen und Betaversionen. Darüber hinaus lade Microsoft die Abgeordneten ein, ein oder zwei Wochen in Redmond zu verbringen, um den Produktionsvorgang unter die Lupe zu nehmen.
Dahinter steht natürlich die wachsende Furcht von Regierungen, durch US-Software wie Windows einer Überwachung durch die US-Geheimdienste ausgeliefert zu sein, wie dies die Leaks von Edward Snowden ab 2013 nahelegten. Aus einer vom Whistleblower stammende mutmaßliche NSA-Folie zeigt offenbar, dass der US-Auslandsgeheimdienst mithilfe von PRISM direkt auf Daten aller großen US-Software- und -Internetfirmen zugreifen kann.
Microsoft steht in dieser Folie an erster Stelle. Der Softwarekonzern hat dementiert, dass die NSA “direkten und uneingeschränkten Zugriff” habe. Das Unternehmen gebe Kundendaten nur aufgrund juristisch korrekter Anfragen heraus. Und eine andere Erklärung lautete: “Wenn die Regierung ein freiwilliges breiteres Programm zur nationalen Sicherheit hat, um Kundendaten zu sammeln, dann nehmen wir nicht daran teil.”
Bald danach berichtete Bloomberg, Microsoft informiere Geheimdienste über Schwachstellen in seinen Programmen, bevor es eine Korrektur verfügbar mache. Erst diese Woche erklärte das Unternehmen gegenüber The Intercept, solche Hinweise auf Schwachstellen seien Teil des GSP, “mit dem Ziel der Transparenz – und nicht, um Spionagediensten beim Programmieren bösartiger Software zu helfen.”
Just für solche Software würden Schwachstellen in Microsoft-Produkten aber eingesetzt, merkt Ars Technica an. Volle Transparenz sei nur durch Open Source möglich, wo Einsicht nicht nur einigen Behörden und Regierungen möglich sei.
[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]
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