OpenSource-Datenbanken setzen Oracle unter Druck
Immer mehr Unternehmen greifen nicht zu IBM, Oracle oder anderen großen kommerzielle Datenbanken, sondern stützen sich auf quelloffene Technologien.
Auch die Tatsache, dass Oracle 2010 zusammen mit Sun Microsystems den Open-Source-Datenbank-Anbieter MySQL übernommen hat, schützt das Unternehmen jetzt nicht davor, von Seiten quelloffener Datenbank-Systeme immer größere Konkurrenz zu bekommen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Der Hersteller verkaufe immer weniger Datenbank-Lizenzen, so der Finanzinformationsdienst. Vor allem Start-ups, so der Bericht, würden teure Datenbank-Lösungen von Oracle oder IBM vermeiden. Statt dessen nutzen diese Unternehmen immer häufiger frei verfügbaren Angebote. “Sie funktionieren sehr gut und sind kostenlos zu haben”, zitiert Bloomberg Dan Wagner, CEO der britischen Bezahlplattform PowaTag.
“Die jüngsten Optimierungen hätten die Open-Source-Technologien vor allem zuverlässiger gemacht”, sagte die Gartner-Analystin Terilyn Palanca. “In den vergangenen zehn Jahren war man pessimistisch, ob diese Dinge mithalten können. Die Frage ist jetzt fast vollständig beantwortet. Wir werden das Open-Source-Modell in den kommenden Jahren immer häufiger antreffen.”
Diese Entwicklung zeige sich schon länger in Oracles Verkaufszahlen für neue Softwarelizenzen, so Bloomberg weiter. Sie seien seit sieben Quartalen rückläufig. 2014 seien sie für 25 Prozent von Oracles Gesamtumsatz verantwortlich gewesen. 2013 hatte dieser Unternehmensbereich noch 28 Prozent ausgemacht. Der Bereich Support und Wartung werde dadurch immer wichtiger. Die Bilanz für das vierte Geschäftsquartal 2015, die Oracle am Mittwoch veröffentlichen wird, wird zeigen, ob sich dieser Trend weiter fortsetzt.
Bill Kreher, Analyst bei Edward Jones & Co., geht laut Bloomberg indes davon aus, dass Oracles Cloud-Geschäft schnell genug wächst, um den Rückgang bei den neuen Software-Lizenzen auszugleichen. “Ich würde erwarten, dass Oracle in der Cloud weiter Marktanteile hinzugewinnt.” Und möglicherweise sind es auch nicht nur quelloffene Datenbanken, die für einen Rückgang von Lizenzverkäufen bei Oracle verantwortlich sind. Auch das neue Vertriebsmodell der Cloud könnte den Rückgang im Datenbank-Lizenzgeschäft bei Oracle erklären.
Viele Unternehmen setzen bei der Einrichtung und Betreuung von Open-Source-Datenbanken dem Bericht zufolge allerdings nicht auf eigene Mitarbeiter, sondern kaufen die Datenbanken inklusive der von ihnen benötigten Zusatzfunktionen bei Start-ups ein. Als Beispiel nennt Bloomberg das US-Unternehmen DataStax, das eine auf der Open-Source-Technologie Cassandra basierende Datenbank vertreibt. Die Angebote liegen natürlich preislich unter denen von Oracle.
“Ich glaube, ich bin schon zu lange in der Branche, um Oracle zu nutzen”, zitiert Bloomberg Kellan Elliott-McCrea, Chief Technology Officer von Etsy. “Ich habe in den späten Neunzigern so viele Kollegen gesehen, die ihr gesamtes Geld für Oracle ausgegeben haben.” Etsy setze stattdessen auf verschiedene Open-Source-Datenbanken, allen voran MySQL.
Die Gartner-Analystin weist aber darauf hin, dass die Datenbank-Lösungen von Oracle und anderen Anbietern immer noch Möglichkeiten bieten, die den Funktionsumfang der kostenlosen Systeme deutlich übersteigen. “Es gibt immer noch eine Klasse von Applikationen, für die diese Open-Source-Lösungen nicht bereit sind, und das ist weiterhin der Sweet Spot für Oracle”, ergänzte Palanca.
Bloomberg stützt seine Einschätzung auf einer Umfrage unter 20 Start-ups, die jeweils mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet werden. Dazu gehören neben PowaTag und Etsy auch Cloudflare und Pinterest. “Viele Start-ups wählen nun MySQL oder günstigere Optionen”, sagte David Wolff, CEO der Beratungsfirma Database Specialists. “Das einzige, worüber sich die Leute bei Oracle beschweren, sind die hohen Preise.”
Dass eine Oracle-Datenbank nicht unbedingt als Schnäppchen bekannt ist, weiß man auch bei Oracle. Allerdings, wenn es aber ans eingemachte geht, dann sei auch der höhere Preis gerechtfertigt. “Unterm Strich ist es bei großen oder komplexen Installationen fast in allen Fällen günstiger, die Oracle-Datenbank einzusetzen”, erklärt Günther Stürner, Vice President Server Technologies für die Bereiche Datenbank und Middleware bei Oracle Deutschland. Denn beispielsweise eine 12c würde Funktionen oder Integrationen bereits mitbringen, die mit anderen Lösungen oder Technologien erst manuell angelegt werden müssten.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]