An fünf Standorten in Deutschland haben Mitarbeiter von Amazon ihre Arbeit niedergelegt. Dazu hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi aufgerufen. In Rheinberg und Werne in Nordrhein-Westfalen, im hessischen Bad Hersfeld, in Leipzig sowie im bayerischen Graben streiken die Beschäftigen seit Beginn der gestrigen Frühschicht. Erst mit dem Ende der Spätschicht am Mittwoch, den 24. Juni, wollen sie wieder an die Arbeit gehen.
“Die Amazon-Beschäftigten kämpfen für einen Tarifvertrag. Sie verlangen verlässliche und gute Arbeitsbedingungen und wollen nicht mehr der Willkür eines Arbeitgebers ausgeliefert sein. Das ist ihr gutes Recht”, erklärt Stefanie Nutzenberger, Verdi-Bundesvorstandsmitglied, in einer Pressemitteilung. So habe Amazon in Leipzig vor einiger Zeit beispielsweise entschieden, statt 29 nur noch 28 Tage Urlaub zu gewähren.
“Mit einer verbindlichen Regelung in einem Tarifvertrag wären solche eigenmächtigen Entscheidungen von Amazon nicht möglich. Außerdem hätten die Beschäftigten nach dem Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel garantiert Anspruch auf 30 Tage Urlaub”, so Nutzenberger weiter. Ihrer Ansicht nach, zeige das Beispiel, wie wichtig der Schutz durch Tarifverträge für bessere Arbeitsbedingungen ist.
Erstmals streikten Amazon-Mitarbeiter in Deutschland im April 2013 am Standort Bad Hersfeld. Seitdem traten die Beschäftigen nach Angaben von Verdi an sechs der acht Versandstandorte sowie am Deutschland-Sitz der Amazon Prime Instant Video GmbH im schleswig-holsteinischen Elmshorn in den Ausstand.
Amazon sei nicht bereit sich an Tarifbindungen zu halten und vertrete die Meinung, man orientiere sich an den Tarifen der Logistikbranche, so Verdi weiter. Dennoch sei der Online-Versandhändler noch weit von tarifvertraglichen Standards entfernt. Es zahle zum einen kein Urlaubsgeld und zum anderen nur ein “verschwindend geringes” Weihnachtsgeld.
Beschäftigte bei Amazon klagen der Dienstleistungsgewerkschaft zufolge zudem immer wieder über Leistungshetze, akribische Überwachung am Arbeitsplatz und Feedback-Gespräche, in denen sie etwa wegen angeblicher Inaktivität von zum Teil nur einer Minute unter Druck gesetzt werden. Diese Arbeitsbedingungen hätten hohe Krankenquoten von bis zu 20 Prozent zur Folge.
Verdi teilt weiterhin mit, die Angestellten akzeptierten es nicht länger, dass ihre Einkommensbedingungen in den Augen der Handelsunternehmen nur als Wettbewerbsfaktoren verstanden würden: “Armut und Altersarmut der Beschäftigten dürfen nicht länger das Ergebnis dieses Verdrängungswettbewerbs sein. Hier ist auch der Arbeitgeberverband des Einzelhandels gefordert. Er soll endlich seine Blockadehaltung aufgeben und mit Verdi die Allgemeinverbindlichkeit unserer Tarifverträge vereinbaren”, verlangt Nutzenberger.
Die Streiks bei Amazon sind Teil der aktuellen, regional geführten Entgelt-Tarifverhandlungen für den Handel. Diese dauern bereits seit dem 1. April an. Wie bei Amazon kämpfen nach Angaben von Verdi auch Beschäftigte in anderen tariflosen Unternehmen des Einzelhandels in der derzeitigen Tarifrunde dafür, dass ihr Unternehmen endlich in die Tarifbindung eintritt.
Die letzten Streiks bei Amazon gab es Ende Mai. Damals wurde das Versandzentrum in Leipzig bestreikt. Auch im Weihnachtsgeschäft 2014 legten die Mitarbeiter die Arbeit in neun Logistikzentren des Konzerns in Deutschland nieder. Wesentlicher Streitpunkt war zu dieser Zeit die Frage, nach welchem Tarifvertrag die Beschäftigten bezahlt werden sollen.
[mit Material von Rainer Schneider, ITespresso.de]
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