Cyberattacken: Fast 50 Prozent der deutschen Behörden betroffen

In Deutschland wurden in den vergangenen zwei Jahren fast die Hälfte (49 Prozent) der Behörden Opfer von digitaler Spionage, Sabotage oder Datendiebstahl. Das geht aus einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom hervor. 70 Sicherheitsverantwortliche von Behörden mit zehn oder mehr Mitarbeitern haben daran teilgenommen.

Demnach verzeichneten sie vor allem Fälle von Social Engineering (26 Prozent). Angreifer versuchen dabei, Mitarbeiter zu manipulieren, um auf diese Weise an wichtige Informationen zu gelangen. 23 Prozent der Behörden gaben an, dass Computer oder Smartphones mit vertraulichen Daten gestohlen wurden. Bei 21 Prozent wurden die IT-Systeme sabotiert. Ein Fünftel der Befragten berichtet, dass vertrauliche Dokumente entwendet wurden und bei jeder zehnten Behörde sind E-Mails ausgespäht oder Gespräche abgehört worden.

“Behörden sind ein attraktives Angriffsziel für Cyberkriminelle und Geheimdienste”, kommentiert Susanne Dehmel, Bitkom-Geschäftsleiterin Vertrauen und Sicherheit. “Neben politischen Informationen sind die Angreifer auch an wirtschaftlich verwertbaren Hinweisen interessiert.” Das können beispielsweise Angaben zu Genehmigungs- oder Vergabeverfahren sein.

Alle befragten Behörden verfügen über technische Sicherheitsmaßnahmen, um Informationen zu schützen. Organisatorische Vorkehrungen zur Verbesserung der IT-Sicherheit haben nahezu alle Einrichtungen (94 Prozent) getroffen. Dazu zählen zum Beispiel Verhaltensrichtlinien oder Notfallpläne. Vier von fünf Behörden setzen physische Sicherheitsmaßnahmen ein, um unter anderem den Schutz von Gebäuden und Einrichtungen zu gewährleisten. Allerdings haben nur 30 Prozent Maßnahmen zum Schutz der personellen Sicherheit ergriffen. Dazu gehören unter anderem Schulungen der Mitarbeiter oder Sicherheitsüberprüfungen von Bewerbern.

“Die personelle Sicherheit wird häufig vernachlässigt. Dabei sind die eigenen Mitarbeiter die wichtigsten Garanten für den Schutz der Behörden”, betont Dehmel. “Die meisten Sicherheitsvorfälle werden, bewusst oder aus Unachtsamkeit, von aktuellen oder ehemaligen Beschäftigten verursacht.”

Öffentliche Einrichtungen verfügen wie die Privatwirtschaft über einen guten Basisschutz bei der technischen Sicherung von IT-Systemen. Alle befragten Behörden setzen Virenscanner, Firewalls und einen Passwortschutz für die verwendeten Geräte ein. Die Netzwerkverbindungen verschlüsseln 84 Prozent der öffentlichen Einrichtungen. Bei Festplatten oder anderen Datenträgern liegt der Wert bei 59 Prozent. Dagegen setzen nur 26 Prozent auf eine Verschlüsselung ihres E-Mail-Verkehrs.

“Wie in der Privatwirtschaft setzen Behörden noch zu selten umfassende IT-Sicherheitsmaßnahmen ein. Der Basisschutz mit Virenscannern und Firewalls reicht nicht mehr aus”, sagt Dehmel. So verwenden nur 37 Prozent spezielle Angriffserkennungssysteme für Attacken von außen (Intrusion Detection), und 27 Prozent verfügen über eine Absicherung gegen Datenabfluss von innen (Data Leakage Prevention). Diese Systeme analysieren die Datenströme in einer Organisation und melden verdächtige Aktivitäten.

Nur etwa jede zehnte Behörde (11 Prozent) setzt erweiterte Verfahren zur Benutzeridentifikation ein, beispielsweise eine Zwei-Faktor-Authentifizierung oder biometrische Merkmale. Gut ein Drittel (36 Prozent) überprüft die eigenen Sicherheitskonzepte mit Hilfe von Penetrationstests, bei denen Angriffe simuliert werden. Immerhin 43 Prozent der befragten Führungskräfte aus den Bereichen Unternehmenssicherheit, IT-Sicherheit oder Risikomanagement halten die Maßnahmen ihrer Behörde für die frühzeitige Erkennung von Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage für nicht ausreichend.

[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]

Tipp: Kennen Sie die Geschichte der Computerviren? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de

Andre Borbe

Andre ist Jahrgang 1983 und unterstützte von September 2013 bis September 2015 die Redaktion von silicon.de als Volontär. Erste Erfahrungen sammelte er als Werkstudent in den Redaktionen von GMX und web.de. Anschließend absolvierte er ein redaktionelles Praktikum bei Weka Media Publishing. Andre hat erfolgreich ein Studium in politischen Wissenschaften an der Hochschule für Politik in München abgeschlossen. Privat interessiert er sich für Sport, Filme und Computerspiele. Aber die größte Leidenschaft ist die Fotografie.

Recent Posts

“KI-Agenten müssen mit ERP, CRM und Co interagieren können”

Der Begriff „Agent" wird oft unscharf verwendet, aber es kristallisieren sich Funktionstypen heraus, die verschiedene…

9 Stunden ago

Operation Eastwood: NoName057(16) am Ende oder noch im Rennen?

Die jüngsten internationalen Maßnahmen gegen NoName057(16) werden ihre Aktivitäten wahrscheinlich nicht dauerhaft beenden, sagt Rafa…

10 Stunden ago

Siemens gewinnt führenden KI-Experten

Vasi Philomin wechselt von Amazon, wo er die KI-Produktstrategie von Amazon Web Services (AWS) verantwortete.

14 Stunden ago

Mittelständische IT-Beratungen richten sich neu aus

Laut Lündendonk verändert die Cloud ihr Geschäftsmodell. Kompetenzen in der Softwareentwicklung stehen auf dem Prüfstand.

1 Tag ago

Autonome Shuttles als Alternative?

Forschende des KIT haben untersucht, wie selbstfahrende Kleinbusse den Öffentlichen Nahverkehr stärken könnten.

1 Tag ago

Digitale Zwillinge: Wenn Brücken sprechen lernen

Was wäre, wenn Brücken selbst melden könnten, wann und wo sie Reparaturbedarf haben?

2 Tagen ago