Nokia verkauft Here an deutsche Autohersteller

Logo Nokia Here (Bild: Nokia)

Audi, BMW und Daimler wollen den Kartendienst als unabhängiges Unternehmen weiterführen. Die Karten und ortsbezogene Dienste sollen als Grundlage für Mobilitätsdienste dienen. Auch andere Firmen und Branchen können diese nutzen.

Die deutschen Autohersteller Audi, BMW und Daimler haben offiziell Nokias Kartendienst Here übernommen. Das Konsortium hat sich mit den Finnen über den Kauf des Geschäftsbereichs für Karten und ortsbezogene Dienste geeinigt. Im ersten Quartal 2016 soll die Akquisition abgeschlossen werden.

Wie viel Geld Nokia für Here erhält, ist nicht bekannt. Ende Juli meldete bereits das Manager-Magazin die erfolgreiche Übernahme. Damals hieß es, dass das Konsortium 2,5 Milliarden Euro zahlt. Nokia bewertete die Sparte bislang mit 2 Milliarden Euro. 2008 zahlten die Finnen noch 8,1 Milliarden für den Navigationsanbieter Navteq hatte bezahlt, aus dem dann Here hervorging.

“Mit diesem Schritt soll die Verfügbarkeit der Produkte und Dienstleistungen von Here als offene, unabhängige und wertschaffende Plattform für cloud-basierte Karten und Mobilitätsdienste dauerhaft gesichert werden – zugänglich für alle Kunden aus der Automobilindustrie und anderen Branchen”, teilen die Käufer in einer Pressemitteilung mit. Auch in Zukunft soll das Management von Here unabhängig bleiben. Das Ziel ist es, das Geschäftsmodell als für alle Kunden offene Plattform weiter auszubauen. Ins Tagesgeschäft wolle sich das Konsortium nicht einmischen. Das dürfte bisherige Lizenznehmer, darunter Firmen wie Facebook und Oracle, beruhigen.

HERE-HD-Karte (Bild: Nokia)
Solche HD-Karten sollen auch die Grundlage für autonome Fahrzeuge schaffen (Bild: Nokia).

Audi, BMW und Daimler erhalten jeweils gleiche Teile von Here. Geplant sei es als “Grundlage für die nächste Generation der Mobilität und ortsbezogener Dienste”, wie es in einer Pressemitteilung heißt. “Für die Autoindustrie ist dies die Basis für neue Assistenzsysteme bis hin zum vollautomatisierten Fahren. Dabei werden hochpräzise digitale Karten mit Echtzeit-Fahrzeugdaten verbunden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und innovative Produkte und Dienstleistungen zu ermöglichen.” Auf Grundlage der gemeinsamen Rohdaten könnten alle Automobilhersteller ihren Kunden “differenzierte und markenspezifische Dienste” anbieten. Alle Daten würden dabei unter Einhaltung strenger Datenschutzmaßgaben verarbeitet.

“Hochpräzise digitale Karten sind ein entscheidender Baustein für die Mobilität der Zukunft. Mit dem Einstieg bei Here wollen wir die Unabhängigkeit dieses zentralen Angebots für alle Fahrzeughersteller und Zulieferer sowie für Kunden aus weiteren Branchen sichern”, erklärte Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG in einer Mitteilung.

Durch das gemeinschaftliche Engagement sehen die Käufer zudem auch zahlreiche Möglichkeiten, auf Grundlage von Schwarmintelligenz neue Dienste zu entwickeln, die dann allen Autofahrern zugutekommen: Möglich seien damit etwa Gefahrenwarnungen vor Glatteis in Echtzeit, die sich auf Grundlage von Einzelinformationen wie ABS-Eingriffen und Außentemperatur errechnen lassen. Auch Stauvorhersagen könnten damit präziser werden. In einem weiteren Schritt könnten damit Daten aus kritische Kurvendurchfahrungen verwendet werden, um den Fahrer rechtzeitig zu warnen oder Assistenzsysteme zu aktivieren. Denkbar sei auch das Antizipieren von Ampelphasen, um ein Fahrzeug mit angepasster Motorleistung und minimiertem Verbrauch durch die Straßen zu navigieren.

[mit Material von Peter Marwan, ZDNet.de]