Deutsche Cloud-Anwender misstrauen US-Anbietern
Ein schlechtes Zeugnis für US-Cloud-Anbieter stellt die Nationale Initiative für Informations- und Internet-Sicherheit beim Umgang mit dem Thema Wirtschaftsspionage aus. Allerdings scheint das in der Praxis kaum Folgen zu haben.
Die Nationale Initiative für Informations- und Internet-Sicherheit e.V. (NIFIS) stellt die aktuelle Studie “IT-Sicherheit und Datenschutz 2015” vor. Demnach scheint das Misstrauen Deutscher Anwender in die Services von großen US-Anbietern in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen zu sein.
So sollen inzwischen 90 Prozent der deutschen Unternehmen die Cloud-Dienstleister im Vorfeld sehr genau analysieren. Es zeigt sich auch, dass viele Anwender den US-Angeboten misstrauen. So seien laut Studie rund 80 Prozent der deutschen Unternehmen überzeugt, dass lediglich Cloud-Anbieter einen hinreichenden Schutz für Daten gewährleisten können, die strengen Datenschutzgesetzen unterliegen. Laut Ansicht der Befragten Unternehmen soll das wiederum bei deutschen oder europäischen Unternehmen der Fall sein.
Die NIFIS-Erhebung zeigt, dass 86 Prozent der Anwender davon ausgehen, dass in der Cloud gespeicherte Daten stark gefährdet sind. Diese Sensibilisierung habe mit den Enthüllungen von Edward Snowden eingesetzt.
“Die Bespitzelung deutscher und europäischer Firmen durch US-Behörden, die teilweise sogar durch entsprechende Gesetze legalisiert wurde, hat Spuren hinterlassen. Ebenso wie die freiwillige Weitergabe von Firmendaten durch US-Cloud-Anbieter”, kritisiert NIFIS-Vorsitzender Thomas Lapp.
Immerhin sind laut Umfrage 93 Prozent der Ansicht, dass US-Dienstleister, die sich dem Zugriff der britischen und US-Geheimdienste nicht entziehen können, nicht entschlossen gehandelt hätten. Die Mehrheit der Nutzer geht auch davon aus, dass in absehbarer Zeit keine zufriedenstellende Datenschutzlösung gefunden werden kann. Und nach wie vor ist man in Deutschland laut NIFIS-Studie (79 Prozent) davon überzeugt, dass die US-Anbieter Marktanteile verlieren werden, wenn sie nicht plausibel machen können, dass die Daten bei ihnen sicher sind. Daher würden Unternehmen verstärkt Maßnahmen für die Spionageabwehr ergreifen.
Blickt man aber auf die aktuellen Zahlen von Anbietern wie SoftLayer, Amazon Web Services oder Microsoft Azure in Deutschland, so scheint doch trotz dieser Skandale der Markt insgesamt zu wachsen. Ganz besonders profitiert aber von diesem Wachstum Amazon Web Services. Auch Cloud-CRM-Anbieter Salesforce scheint von den Befürchtungen, dass US-Anbieter Marktanteile verlieren könnten, nicht betroffen zu sein.
Dennoch scheint, wie sich in Gespräche mit kleineren deutschen Anbietern zeigt, das Thema für die Mehrzahl der Anwender nach wie vor hohe Priorität zu haben.
René Büst, Anlyst bei Crisp Research, sieht in der vermeintlich sicheren Cloud nicht mehr als einen Marketing-Gag: “Anstatt ständig die “Deutsche Cloud” hoch zu loben, sollten deutsche Anbieter ihre Kraft lieber dafür verwenden, um innovative und attraktive Cloud-Services zu entwickeln und zu vermarkten.”
Der Erfolg der US-Anbieter sei laut Büst daher auch auf die klare Innovationsführerschaft US-amerikanischer Anbieter gegenüber den Deutschen zurückzuführen. Deshalb greifen viele Unternehmen trotz allem auf US-Angebote zu. Büst weiter: “Fakt ist, ein Großteil deutscher CIOs fragt nach einem deutschen Rechenzentrum, um das deutsche Datenschutzniveau zu gewährleisten und damit die rechtlichen Rahmenbedingungen zu erfüllen. Allerdings sollten Unternehmen dabei keinesfalls die Bedeutung der globalen Skalierbarkeit vernachlässigen, um schnell in andere Ländermärkte expandieren zu können.”