silicon.de: Zuerst die wichtigste Frage: Gekauft, integriert und dann wieder verkauft. Warum hat sich Symantec von Veritas getrennt?
Henke: Eine Grundidee der Akquisition war, dem IT-Verantwortlichen im Unternehmen bei allen Fragen der Sicherheit und Verfügbarkeit seiner Daten und Applikationen mit Lösungen aus einer Hand zu helfen. In der Realität ist die Verantwortung für diese Themen bei Kunden allerdings auf verschiedene Abteilungen und Personen verteilt. Dass sich die Entscheidungsgewalt wie erhofft stärker an zentraler Stelle beim CIO konzentriert, ist zu selten eingetreten. Insbesondere die Fachabteilungen entscheiden selbstständig über gewisse Sicherheitsprojekte, während im Rechenzentrums- und Backup-Bereich eindeutig stark auf wenige Hersteller konsolidiert wird. Dadurch hat das Argument “alles aus einer Hand” zu selten gegriffen.
Durch die Akquisition ist das Portfolio sehr stark gewachsen. Um tieferes Wissen bei den Teams intern zu stärken, hat Symantec bereits vor Jahren entschieden, im Enterprise-Bereich das Personal auf die beiden großen Themen Information Management und Sicherheit aufzuteilen. Dies hat sich sehr gut bewährt.
Zudem musste Symantec stets abwägen, wie wichtige Ressourcen, zum Beispiel Investitionen in Forschung & Entwicklung aufgeteilt werden. Dank der Übernahme bleiben nun alle Ressourcen in den jeweiligen Bereichen, sodass sich Veritas ausschließlich auf Backup, Archivierung, Governance und Information Management konzentrieren kann – angefangen bei der Ressourcenfrage bis hin zum Wissensaufbau beim Personal.
silicon.de: Symantec ist ja nicht das einzige Beispiel. Auch Ebay und Paypal gehen getrennte Wege, HP spaltet sich auf, Nokia verkauft Here, fast könnte man von einem Trend sprechen. Warum scheint gerade jetzt vielen Unternehmen eine Konzentration aufs Wesentliche die richtige strategische Entscheidung?
Henke: Ich möchte die anderen Fälle nicht kommentieren, da sie aus meiner Sicht zu unterschiedlich sind. Für Veritas ist wichtig, dass wir uns nun auf einen Bereich fokussieren und alle internen und externen Ressourcen darauf konzentrieren werden. Wir wollen wie ein Startup agieren, allerdings eines mit einem Umsatz von 2,6 Milliarden US-Dollar. Ein Startup, das 87 Prozent der Fortune 500 Unternehmen zu seinen Kunden zählt. Ein Startup, das 8.200 Mitarbeiter beschäftigt, davon knapp 50 Prozent in Forschung und Support. Veritas will seine finanzielle Stärke mit der Innovationskraft und Flexibilität eines Startups kombinieren.
silicon.de: Man kann ja davon ausgehen, dass Veritas künftig das Data-Management von Symantec weiterführen wird. Was weniger bekannt war, ist ja die Tatsache, dass Symantec schon vor dem Veritas-Kauf in diesem Bereich aktiv war. Wird die neue Veritas auch diesen Bereich erben?
Henke: Symantec hat sich im Security Information Management bewegt. Hierbei werden die Warnmeldungen mehrerer Sicherheitstools zusammengefasst und ausgewertet, sodass ein Kunde von einer Konsole aus seine Abwehrstruktur kontrollieren kann. Die Veritas Lösungen dagegen wollen die wichtigen Daten und Applikationen der Kunden hochverfügbar halten. Wir sprechen also von zwei grundlegend verschiedenen Disziplinen.
Sollten Server, Hardware, ganze Rechenzentren oder Cloud-Dienste ausfallen, schalten die Veritas Lösungen auf redundante Systeme und Dienste um. Oder wir stellen Daten aus den Backups wieder her, sodass Kunden weiter arbeiten können.
silicon.de: Was wird die neue Veritas noch auszeichnen?
Henke: Als wichtigen neuen Bereich wollen wir Kunden helfen, ihre unstrukturierten Daten besser zu verstehen. Bislang speichern die meisten Firmen alle Daten, die anfallen. Sei es, um regulative Anforderungen zu erfüllen oder weil sie meinen, die Daten wären in Zukunft vielleicht wichtig. Analysten-Studien zeigen aber, dass 69 Prozent aller gespeicherten Daten weder für regulatorische, finanzielle oder andere firmenintern wichtige Zwecke sinnvoll sind. Firmen belasten ihre teuren Speicher mit Daten, die de facto wertlos sind. Zusätzlich verdoppelt sich die Gesamtmenge der Daten, die eine Firma speichert, alle zwei Jahre.
Veritas hat mit Data Insight 5.0 und Information Map zwei Lösungen im Angebot, die wichtige Einblicke in den unstrukturierten Datenwuchs liefern. Beide Tools werten sogenannte Metadaten aus, in denen Informationen zu den Daten enthalten sind. Wer hat auf die Datei zugegriffen, wie alt ist sie, wie viele Duplikate existieren? Welche Applikation hat die Datei erzeugt? Alle diese Punkte helfen dem Verantwortlichen, die gespeicherten Daten besser zu verstehen und wichtige Entscheidungen zu treffen. So erkennt er sofort, dass beispielsweise rund 20 bis 30 Prozent seiner Daten Duplikate sind.
Warum also diese nicht gleich löschen und ein Drittel der Ressourcen frei räumen? Andere Daten, auf die seit Jahren niemand zugegriffen hat, könnte er auf weniger teuren Speicher wie Tapes auslagern. Wichtige Daten wie Finanzinformationen, auf die der CEO, die Finanzabteilung und wichtige Vertriebsmitarbeiter zugreifen, könnte er dagegen auf schnellen Flashspeicher verschieben und so Zugriffsfristen verkürzen. Außerdem könnte er zudem die Zugriffsrechte verschärfen, damit nur autorisierte Personen solche Daten einsehen oder ändern dürfen.
Unter dem Strich hilft Veritas, die Daten und Applikationen nicht nur hochverfügbar zu halten, sondern wichtige Einblicke zu gewinnen. So kann ein Kunde Risiken und das Datenwachstum eindämmen.
silicon.de: Wie geht es denn jetzt mit dem ‘neuen’ Unternehmen weiter, vor allem jetzt wo es mit der Carlyle Group einen neuen Besitzer gibt?
Henke: Der Fahrplan bleibt unverändert. Die operationale Trennung erfolgt im Oktober, im Januar wird die Trennung endgültig abgeschlossen und zwei voneinander unabhängige Firmen auf dem Markt aktiv sein. Die Firmenzentrale von Veritas wird in Mountain View in Kalifornien sein. Bis Januar werden weiteres Führungspersonal und Industrieexperten verpflichtet, um Veritas stärker aufzustellen. Die Vertriebsorganisation arbeitet bereits separat als Business Unit Veritas.
silicon.de: Und was passiert mit den einzelnen Produktfamilien?
Henke: Im Laufe des Jahres wird Veritas einige neue und aktualisierte Produkte einführen. Dazu gehören neue Versionen unserer Backup- und Recovery-Software NetBackup 7.7. Die neue Version 15 von Backup Exec wurde bereits im April dieses Jahres veröffentlicht. Sie unterstützt kleine und mittelständische Kunden dabei, ihre Daten in physischen, virtuellen und hybriden Umgebungen per Backup zu sichern.
Veritas wird seine Lösungen für Speichermanagement, Business-Kontinuität, Archivierung und eDiscovery ebenfalls weiterentwickeln. Darüber hinaus ist auch die Einführung vollständig neuer Technologien geplant. Wir haben das Ziel vor Augen, Organisationen eine bisher nicht gekannte Einsicht in die Unternehmensdaten zu bieten und ihre Produktivität entsprechend zu erhöhen. Die bestehenden Produkte werden um Funktionen erweitert, mit denen Kunden ihre Daten in hybriden Cloud-Infrastrukturen einfacher managen und insbesondere in virtuellen VMware und Microsoft Umgebungen besser sichern können. Mit den neuen Softwarelösungen können Firmen tief in ihre Speichersysteme schauen und darin abgelegte Informationen verstehen sowie priorisieren, auch wenn die Daten weit in der Organisation verstreut sind.
silicon.de: Wir haben es ja bereits angesprochen, aber wie groß sind denn die Bereiche, die sich vielleicht nicht mehr so ganz einzelnen Bereichen, sprich Veritas – Symantec, zusprechen lassen?
Henke: Es gibt kaum Überschneidungen zwischen den beiden Welten aus Produktsicht. Natürlich werden wichtige Abteilungen, die bislang beide Bereiche unterstützten, neu aufgebaut. Dazu gehören Bereiche wie die Buchhaltung, das Marketing oder die Presseabteilung. Der Support hat ohnehin produktorientiert gearbeitet wie die meisten Vertriebskollegen ebenfalls. Hier wird die Trennung bereits gelebt.
silicon.de: Was bedeutet die Übernahme für Anwender?
Henke: Für die Kunden ändert sich nichts, wir werden für Kontinuität sorgen. Einige unserer langjährigen Kunden haben ohnehin immer von ihren Veritas Lösungen gesprochen, auch wenn diese unter dem Schirm Symantec verkauft wurden. Die Kunden können aber mehr Innovation von uns erwarten.
silicon.de: Was gilt es für Partner zu beachten?
Henke: Es gibt in Deutschland nur wenige Partner, die beide Produktwelten abdecken. Intern haben diese Partner ohnehin einen Betreuer für Security und einen für die Veritas Welt beschäftigt. Nun bekommen diese Partner zwei Ansprechpartner, die sich voll auf ihren Bereich konzentrieren. Das Gros der Partner ist wegen der klaren Struktur des Partnerprogramms, Spezialisierungen für bestimmte Produktbereiche zu fördern, auf die jeweiligen Welten und Lösungen fokussiert. Für die Partner heißt es aus Veritas Sicht also: Die Kontinuität ist gesichert und die Programme bleiben bestehen.
silicon.de: Wer werden die größten Konkurrenten von Veritas sein?
Henke: Viele Leser werden mit Veritas unsere Backup- und Recovery-Lösungen verbinden. Wir stellen uns mit unserem Portfolio jedoch als Anbieter von Information-Management-Lösungen auf und verfolgen einen fundamental anderen Ansatz, Daten und entsprechende Dienste über multiple Cloud-Umgebungen hinweg zu organisieren und das Problem sehr schnell steigender Datenmengen und der extremen Komplexität zu lösen.
Traditionelle Ansätze beim Aufbau der Infrastruktur scheitern daran, den Inhalt der gewaltigen Datenberge zu verstehen und ihnen Sinn zu geben. Veritas hat große Erfahrung auf dem Gebiet der Hochverfügbarkeit von Applikationen und dem Speichermanagement sowohl im internen Netz als auch in der Cloud.
Mit den Managementwerkzeugen von Veritas können Kunden inzwischen gezielt jene geschätzten 1,5 Prozent ihrer Daten im Unternehmen finden, die für eine Firma die wertvollsten Erkenntnisse liefern. Diese Informationen können Kunden dabei unabhängig von dem darunter liegenden Infrastrukturmodell aufspüren. Ähnliche Lösungen bieten auf dem Markt in der Breite so gut wie kein anderer Anbieter. Wir messen uns in einzelnen Produktsparten mit anderen Herstellern, unseren strategischen Ansatz gibt es so in der Industrie aber kein zweites Mal.
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