Erst im Juni hatte der Branchenverband Bitkom die Ergebnisse einer Umfrage vorgelegt, wonach bei der Suche nach neuen Mitarbeitern knapp die Hälfte (46 Prozent) der deutschen Unternehmen in sozialen Netzen über Bewerber recherchiert. Einträge in beruflichen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn werden dabei deutlich häufiger ausgewertet (39 Prozent) als die eher privat ausgerichteter Sites wie Facebook oder Twitter (24 Prozent).
Der Umfrage zufolge hat sich mehr als jeder siebte Personalchef (15 Prozent), der sich Profile von Bewerbern in Social Networks ansieht, bereits aufgrund einer Online-Prüfung entschieden, Bewerber nicht zum Gespräch einzuladen oder einen Job doch nicht anzubieten. Als Grund dafür geben 90 Prozent dieser Personalentscheider Widersprüche zu den Bewerbungsunterlagen an. Jeder Dritte (32 Prozent) berichtet von inkompetenten fachlichen Äußerungen der Kandidaten, 6 Prozent haben sich an beleidigende Äußerungen gestört.
Im Mittelpunkt des Interesses stehen bei der Prüfung von Social-Media-Profilen der Bitkom-Umfrage zufolge die fachliche Qualifikation (89 Prozent), öffentliche Äußerungen zu Fachthemen (72 Prozent) sowie über das Unternehmen oder seine Wettbewerber (56 Prozent). Knapp jeder Zweite (44 Prozent) achtet auch auf Hobbys oder private Aktivitäten der Kandidaten, 34 Prozent betrachten veröffentlichte Fotos sehr genau. Weniger von Interesse sind die Anzahl der Kontakte in den Netzwerken (5 Prozent) oder politische Ansichten (4 Prozent).
Der Frage, wie glaubwürdig sich speziell Xing-Nutzer in dem Netzwerk präsentieren, sind auch Wissenschaftler des Tübinger Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) nachgegangen. Jetzt haben sie die Resultate ihrer Untersuchung vorgelegt.
Im Rahmen der Studie wurden dabei Besitzer von Xing-Profilen mit Hilfe etablierter Persönlichkeitsfragebögen einerseits zu ihrem realistischen Selbstbild befragt, andererseits aber auch danach, wie sie sich gerne sehen würden. Diese beiden Darstellungen wurden dann mit den Xing-Profilen verglichen.
Die Profile im Sozialen Netzwerk wurden für einen Vergleich unabhängigen Gutachtern vorgelegt, die auf dieser Grundlage die Profilbesitzer einschätzten. Dazu bewerteten sie unter anderem deren Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Offenheit oder auch die Neigung zu Neurosen.
Der Vergleich zeigte, dass die Fremdeinschätzungen in hohem Maße mit den von den Versuchspersonen abgegebenen realistischen Selbstzuschreibungen übereinstimmten. Die Tübinger Wissenschaftler haben damit ihrer Ansicht nach empirisch belegt, dass sich Xing-Nutzer in ihren Profilen realistisch und nicht idealisiert präsentieren. Das bedeute auch, dass berufliche Netzwerke für Arbeitgeber ein aussagekräftiges Mittel sind, um die Persönlichkeit von Kandidaten einzuschätzen.
“Nutzer von beruflichen Netzwerken wissen wahrscheinlich, dass auch ihre Bekannten ihre Profile lesen. Das führt wohl dazu, dass sie in ihrer Selbstdarstellung realistisch bleiben müssen. Sie präsentieren sich also nicht nur für unbekannte Personen, denen sie etwas vormachen können, sondern sie wissen, dass ihre Selbstpräsentationen auch von Personen gelesen werden, die mehr über sie wissen”, erklärt sich Professorin Ulrike Cress, deren Arbeitsgruppe die Studie durchführte, die Ergebnisse.
Die vollständige Studie der Tübinger Wissenschaftler wurde in der in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift “Computers in Human Behavior” veröffentlicht.
[Mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]
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