IT-Studenten streben Selbständigkeit bewusst an
Freelancer wird man heute offenbar nicht mehr aus “Verlegenheit”, sondern viele IT-Studenten wollen bewusst den Weg in die (Solo)-Selbständigkeit gehen, dabei spielt die möglicherweise bessere Vergütung eher eine untergeordnete Rolle.
Immerhin 50 Prozent der IT-Studenten können sich den Weg in die (Solo)-Selbständigkeit vorstellen. Dabei wollen viele Studenten den Weg nicht etwa gehen, weil sie keine Festanstellung bekommen, sondern weil sie davon ausgehen, somit ihre eigenen Qualifikationen besser vermarkten zu können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Hochschule Ludwigshafen im Auftrag der Etengo AG.
Als Gründe für diese Berufswahl geben die Befragten vor allem den Wunsch nach flexiblem und selbstbestimmtem Arbeiten an. Viele streben die Selbstständigkeit sogar direkt nach dem Abschluss an, ohne zuvor in einer Festanstellung zu arbeiten. Das mache auch den Trend hin zur Projektwirtschaft deutlich. Die Autoren der Studie sehen darin eine Reaktion auf den Wandel zur Digitalisierung und auf den Fachkräftemangel.
Laut Studie sehen 49,3 Prozent der deutschen IT-Studenten Selbstständigkeit als attraktive Karriereoption. Weitet man Frage dahin gehend aus, ob die Studenten das zumindest in Betracht ziehen, dann erreicht der Wert der potentiellen Freiberuflern 83,4 Prozent. Andere Studien belegen, dass Freelancing in den letzten Jahren für die Experten als Modell unattraktiver wird. Hochqualifizierte IT-Experten hingegen setzen überraschenderweise immer häufiger auf die Selbständigkeit.
Neben dem Modell der Gründung eines Startups, können sich immerhin 61 Prozent der Studenten auch eine Tätigkeit als Solo-Selbstständiger vorstellen. Die Top-Gründe dafür, Freelancer zu werden, sind Aussichten auf mehr Selbstbestimmtheit in der beruflichen Tätigkeit, Abwechslung und Freiheit. Eine untergeordnete Rolle spiele dabei laut Studie das möglicherweise höhere Einkommen.
“Die Digitalisierung der Wirtschaft fängt aktuell erst richtig an. Auswirkungen auf die Beschäftigung werden zunehmend deutlicher. Auf jeden Fall wird uns das zweite Maschinenzeitalter noch sehr lange beschäftigen”, erklärt Professor Dr. Matthias Hamann, wissenschaftlicher Leiter der Studie. “Innovationen im Zuge von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge schaffen permanent neuen Bedarf für Spezialisten. Dabei gewinnt das Modell Selbstständigkeit permanent weiter an Attraktivität. Diese Entwicklung zwingt Unternehmen zum Umdenken, denn hochspezialisierte überzeugte Freiberufler, die sich in ständig wechselnden Projekten mit neuesten Technologien beweisen wollen, werden Firmen als Festangestellte immer weniger zur Verfügung stehen. Das heißt konkret: In diesem Segment wird der Fachkräftebedarf weiter zunehmen.”
Mehr als 20 Prozent sollen laut Studie planen, direkt nach Abschluss des Studiums in die Selbständigkeit zu wechseln. Weitere 27,4 Prozent können sich diesen Schritt zumindest vorstellen. Weil bei vielen Studenten die Qualifikation am Markt sehr gefragt ist, sehen die Studierenden eine Festanstellung eher als Hemmschuh. Sie gehen davon aus, dass ihre Fähigkeiten in jedem Fall genug Aufträge bei hohem Verdienst verschaffen. Und vielen Fällen starten die Studenten diese Karriere bereits mit einer selbständigen Tätigkeit während des Studiums.
“Die Wissensarbeiter der ‘Generation Y’ wollen einen interessanten Beruf mit flexiblen Arbeitszeiten – und dank ihrer gefragten Qualifikationen können sie sich solche Ansprüche auch leisten. Anders als oft unterstellt, flüchtet die Generation aber nicht pauschal in die vermeintliche Sicherheit der Festanstellung oder Verbeamtung. Eine selbstständige Tätigkeit kann ihren Wunsch nach selbstbestimmter und abwechslungsreicher Arbeit häufig viel besser erfüllen – besonders in innovativen Branchen wie der IT”, erklärt Nikolaus Reuter, Vorstandsvorsitzender der Etengo AG. Den Studierenden sei “Sinn wichtiger als Sicherheit“.
Die Studie “(Solo-)Selbstständigkeit in der Wissensarbeit – das Modell der Zukunft?” (PDF) wurde an der Hochschule Ludwigshafen im Auftrag der Etengo (Deutschland) AG unter 399 Studenten der Informatik und Wirtschaftsinformatik durchgeführt.