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Bayern öffnet Vorratsdaten für den Verfassungsschutz

Im Zuge der Aktualisierung des Verfassungsschutzgesetztes weitet Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Befugnisse des Verfassungsschutzes aus. Ein entsprechender Kabinettsbeschluss erging heute in München. Durch das neue Gesetzt bekommen Vertreter des Verfassungsschutzes ebenfalls Zugriff auf die “Verkehrsdaten”. Der Beschluss bringt vor allem die FDP auf die Barrikaden.

Abstimmungsverhalten "Speicherfristen Verkehrsdaten". Linke und Grüne stimmen geschlossen gegen den neuen Gesetzentwurf. (Screenshot: ITespresso.de)
Abstimmungsverhalten “Speicherfristen Verkehrsdaten”. Linke und Grüne stimmen im Oktober geschlossen gegen den neuen Gesetzentwurf. Die Abstimmung des Bundesrats liegt zur Stunde noch nicht vor. (Screenshot: ITespresso.de)

Die erst vor wenigen Wochen unter heftiger Kritik und gegen ein bestehendes Urteil des Europäischen Gerichtshofes von der großen Koalition beschlossenen Speicherfristen für Telekommunikationsdaten sollen nach Wunsch des CSU-Politikers auch für den Verfassungschutz bereit stehen.

Justizminister Heiko Maas. (Frank Nürnberger/BMJV)

Das Gesetzt, das Anfang November vom Bundesrat genehmigt wurde, sieht eine Speicherfrist von 10 Wochen für Verbindungsdaten von Telefongesprächen und von IP-Adressen vor. Bei der Vorstellung des Gesetzes versprach Bundesinnenminister Thomas de Maizière, dass Berufsgeheimnisträger, Notrufe sowie Beratungsstellen besonderen Schutz erfahren auch E-Mails sollen nicht gespeichert werden.

Gespeichert sollen zudem nur Verbindungsdaten, Inhalte von Gesprächen dürfen auch weiterhin nicht gespeichert werden. In dem Gesetzt, so versprach die große Koalition im Vorfeld des Beschlusses, sei sichergestellt, dass lediglich Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit schweren Straftaten und nach richterlicher Genehmigung auf diese Daten zugreifen dürfen.

Zudem müssen die Betroffen bei einem Abruf ihrer Daten stets über den Zugriff durch die Sicherheitsbehörden informiert werden.

Bayern geht damit auf Kollisionskurs mit Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der durch die Formulierungen in dem Gesetzt, den Zugriff auf die gespeicherten Daten offenbar anders sieht. Der Bundesjustizminister hatte stets bestritten, dass das neue Gesetz den Zugriff der Verfassungsschutzämter ermöglicht. Wörtlich erklärte er bei der Vorstellung des Entwurfes im April dieses Jahres: “Der Verfassungsschutz, das Verfassungsschutz-Amt ist in dem Gesetz nicht vorgesehen für einen Zugriff nach den Regeln, die wir in diesem Gesetz vorschlagen werden.”

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vorstand der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und ehemalige Bundesjustizministerin kommentiert den Beschluss: “Jetzt rächt sich die Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung. Das neue Gesetz hat eine Hintertür eingebaut, die die Vorratsdatenspeicherung nicht nur zur Strafverfolgung ermöglicht. Die Hintertür eröffnet den Verfassungsschützern die Überwachung der Kommunikationsbeziehungen.”

Laut Leutheusser-Schnarrenberger enthält das Gesetz unklare Regelungen, die einer totalen Überwachung Tür und Tor öffnen. So enthält das Bundesgesetz etwa eine Öffnungsklausel für den Zugriff der Länder zur Gefahrenabwehr. Der Zugriff der Verfassungsschutzbehörden hätte gesetzlich ausgeschlossen werden müssen.

Offenbar stützt sich Bayern im aktuellen Beschluss auf diese Öffnungsklausel, die es den bayerischen Verfassungsschützern ermöglichen soll, auf die gespeicherten Daten zuzugreifen.

Die FDP-Politikerin fordert daher: “Jetzt muss sich die Bundesregierung erklären.”

Darüber hinaus regelt das bayerische Kabinett auch den den Einsatz von V-Leuten neu und orientiert sich dabei stark am Bundesrecht. Künftig dürfen unter anderem keine Minderjährige als V-Leute eingesetzt werden.

Redaktion

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