Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bezieht sich auf E-Mail- und Chat-Anwendungen, wenn diese während der Arbeitszeit genutzt werden, wie die BBC berichtet. Die Klage eines rumänischen Staatsbürgers wies das Gericht in Straßburg ab.
Der Arbeitgeber hatte im konkreten Fall die Nutzung von Unternehmensressourcen zu privaten Zwecken untersagt. Eine Kontrolle hatte jedoch gezeigt, dass der Mitarbeiter ein für die Kommunikation mit Kunden eingerichtetes Konto des Yahoo Messenger für private Chats mit Familienmitgliedern benutzt hatte, und zwar während der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber sah darin einen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag und kündigte seinem Mitarbeiter schließlich.
Der Mitarbeiter wiederum klagte in Rumänien gegen die Kündigung, aber ohne Erfolg. Ein Berufungsgericht urteilte im Juni 2008, dass die Überwachung der Kommunikation eines Angestellten die einzige Möglichkeit sei, ein mögliches Fehlverhalten festzustellen. Der Argumentation des Klägers, dadurch werde das in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Brief- und Telekommunikationsgeheimnis verletzt, schloss sich das Gericht nicht an.
Im August 2008 rief der Kläger schließlich den Europäischen Gerichtshof für Menschrechte an. Dem Anfang der Woche veröffentlichten Urteil zufolge bestätigten die Richter, dass der Artikel 8 angewendet werden kann, es sei jedoch nicht unangemessen, dass ein Arbeitgeber prüfen wolle, ob ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit seinen beruflichen Aufgaben nachkommt. Auf das Messenger-Konto sei zudem in dem Glauben zugegriffen worden, der Mitarbeiter habe es nur für Kommunikation mit Kunden benutzt.
Die Richter bestätigten die Entscheidung der Gerichte in Rumänien aber auch, weil die dort vorgelegten Chat-Protokolle nur benutzt wurden, um nachzuweisen, dass der Kläger einen Firmencomputer während der Arbeitszeit für private Zwecke eingesetzt hatte – die Identität der Personen, mit den er kommuniziert habe, sei nicht öffentlich gemacht worden. Die BBC weist darauf hin, dass das Gericht nicht darauf eingegangen ist, ob das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn der Mitarbeiter ein privates Gerät wie ein Smartphone für Unterhaltungen mit Familienmitgliedern während der Arbeitszeit genutzt hätte.
Das Urteil fällte der EGMR jedoch nicht einstimmig – einer von insgesamt sieben Richtern bejahte einen Verstoß gegen Artikel 8. Er argumentierte laut BBC, ein generelles Verbot der privaten Internetnutzung sei inakzeptabel. Die Entscheidung ist trotzdem für alle Länder bindend, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, also auch für Deutschland.
[Mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
Tipp: Wissen Sie alles über Edward Snowden und die NSA? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.
Die neuen Lösungen sollen entlang der gesamten Wertschöpfungskette einsetzbar sein und dabei auch mit externen…
Studie des Umweltbundesamtes zeigt: Durch Wachstum von KI könnten Rechenzentren in Regionen mit CO₂-intensivem Energieverbrauch…
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat den 1.000. IT-Dienstleister auf Basis von DIN…
Neue Lünendonk-Listen: Nach dem durchwachsenen Vorjahr blicken Deutschlands IT-Dienstleister wieder optimistischer in die Zukunft.
WestfalenWIND-Gruppe betreibt energieintensive Rechenzentren klimaneutral in den Türmen von Windkraftanlagen.
Zwölf Projektpartner haben den "Automatisierten Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen im Level 4" (ATLAS-L4) verwirklicht.