SAP HANA mit Optimierungsbedarf bei Stabilität und Lizenzen
Eine der “größten deutschen Innovationsleistungen” nennen die Analysten von Crisp Research die In-Memory-Technologie SAP HANA. Doch damit ist noch lange nicht das Ende von klassischen relationalen Datenbanken oder Data Warehouses besiegelt.
SAPs Datenbank HANA gilt als wichtiger Innovationsschritt für das Thema Datenhaltung. Und das Interesse der Anwender scheint tatsächlich vorhanden zu sein, wie eine gemeinsame Studie von Crips Research zusammen mit dem Dienstleister MT zeigt. HANA verspricht deutlich verkürzte Antwortszeiten und eine leistungsfähige Datenplattform.
Doch wenn sich heute IT-Entscheider für HANA interessieren, wollen sie damit nicht in erster Linie ältere Plattformen konsolidieren. Vielmehr geht es in den häufigsten Anwendungsfällen darum, Prozesse zu beschleunigen. Laut Studie wollen 52,7 Prozent der Befragten damit Unternehmensprozesse beschleunigen und nur 30,7 Prozent wollen Datenbanken in die In-Memory-Technologie konsolidieren. Am dritthäufigsten wird HANA als Integrationsplattform genannt.
Die Studien-Autoren Max Hille und Steve Janata sehen in der Technologie eine der größten deutschen Innvoationsleistungen. Und vermutlich haben sie damit auch recht. Doch für die Anwender bedeutet das auf der anderen Seite, dass eine Migration auf die neue Technologie – anders als SAP das häufig propagiert – nicht unbedingt einfach abläuft. Vor allem dann, wenn Anwender von Drittsystemen auf SAP und HANA wechseln wollen, sehen sie sich laut Studie größeren Hürden gegenüber. (Immerhin 13 Prozent der Interessenten an HANA geben laut Crisp an, mit Oracles Lizenz- und Produktpolitik unzufrieden zu sein und deshalb wechseln zu wollen).
“Das extrem breite Einsatzspektrum von SAP HANA ist Fluch und Segen zugleich. Denn zum einen lassen sich sowohl bestehende Kernanwendungen innerhalb der Unternehmen optimieren wie auch zum anderen neue Workloads und Geschäftsprozesse auf SAP HANA abbilden (SAP HANA als Applikationsserver, DB-Technologie, Performance-Engine für Reporting und Analytics)”, so die Autoren. Diese breite Einsatzspektrum aber sorge auf der anderen Seite dafür, dass Anwender von der hohen Komplexität der Plattform überfordert werden.
Auch scheint eine Migration nicht selten an dem fehlenden Knowhow der Mitarbeiter (31 Prozent) und der Dienstleister (25 Prozent) zu scheitern. Dadurch laufen HANA-Projekte gerne auch mal aus dem Ruder: Zeit- und Projekt-Budgets (35 und 29 Prozent) werden gerissen. Immerhin halten 21 Prozent der Studienteilnehmer die Systemstabilität nicht für ausreichend.
Die Studie formuliert daher auch Forderungen an SAP: Nachbesserung auf der Kostenseite bei HANA sowohl bei Wartungs- wie auch bei den Lizenzkosten. “Ganz klar Hausaufgabe von SAP bei HANA ist das Thema der ‘indirekten Nutzung‘, also wenn beispielsweise Kunden auf Ergebnisse aus HANA zugreifen, müssten die derzeit theoretisch eine HANA-Lizenz haben”, kommentiert Studien-Autor Maximilian Hille.
Auch mehr Angebote Out-Of-The-Box werden gewünscht, die Migration und Betrieb vereinfachen. Zwar bietet SAP Programme für Anwender, die auf HANA wechseln wollen, aber diese stehen wie gesagt nicht für Drittsysteme zur Verfügung.
Ein interessanter Aspekt der Studie ist auch die aktuelle Verbreitung von “klassischen” Datenbanken in deutschen Unternehmen: 63 Prozent der Unternehmen nutzen (teilweise) Microsofts SQL-Server, 47 Prozent nutzen die Microsoft-Plattform als primäre Datenbank. Oracle ist bei etwa 23 Prozent im Einsatz und die teilen sich Standard sowie Standard One und Express mit jeweils 11 Prozent mehr oder weniger vollständig auf. MySQL (22 Prozent), DB2 (11 Prozent), PostgreSQL (8 Prozent), Ingres (7 Prozent) und MariaDB (6,5 Prozent) ergänzen in der Regel primäre Systeme.
Betrachtet man nun SAP HANA so kommt die Technologie bei derzeit 3,8 Prozent der knapp 3000 befragten Unternehmen zum Einsatz. Als Primärsystem werde HANA laut Studie jedoch nur von 0,3 Prozent der Befragten genutzt.
Hille erklärt das damit, dass aufgrund der hohen Komplexität von installierten Datenbanken, In-Memory-Technologien – das treffe übrigens auch auf die Technologien von IBM, Oracle oder etwa auch Teradata zu – noch kein Standard sind. Der Studien-Autor ist sich jedoch sicher, dass in den nächsten Monaten und Jahren die Verbreitung deutlich steigen wird, um hier einen Zeitrahmen abzustecken sei es jedoch noch zu früh. “Zukünftig wird HANA sicherlich mehr und Mehr zum Kernsystem für ERP”, erklärt Hille.
In der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Anwender mit HANA Business-Prozesse beschleunigen wollen, sieht Hille sogar einen Indikator für die Digitalisierung. “Damit rückt das Thema weg von der technologischen Diskussion und die IT rückt ein Stück näher an das Business, es geht um viel mehr als den Austausch einer Technik.”
Interessant ist auch das Ergebnis, dass 67 Prozent der Anwender das Cloud-Modell als präferiertes Deployment-Modell für HANA ansehen. 52 Prozent wollen dafür die SAP-Cloud nutzen, die restlichen 15 Prozent verteilen sich auf die gängigen Cloud-Angebote. Zwar wird diese Distributionsform geringe Leistungsverlusten einspielen, doch, wie Hille erklärt, bekommen die Anwender damit maximale Flexibilität: “Wer heute HANA on Premise installiert, wird die Hardware etwa 5 Jahre lang nutzen. Beim Betrieb in der Cloud aber greift man stets auf die aktuellsten Ressourcen zu.”