Im Markt für Enterprise Ressource Planning (ERP) hat der Generationenwechsel begonnen – von der klassischen On-Premise-Lösung hin zur agilen und schlanken Cloud-ERP-Lösung. So rechnet das europäische Marktanalyseunternehmen Pierre Audoin Consultants (PAC) mit einem jährlichen Wachstum von bis zu 30 Prozent im Cloud-ERP-Markt weltweit. Auch die amerikanischen Marktforscher Forrester Research prognostizieren, dass die Nachfrage nach Cloud-ERP weiter rapide wächst. Bei sehr kleinen Unternehmen ohne eigene IT-Infrastruktur ist die Ressourcenplanung aus der Wolke bereits auf dem Vormarsch. Gemietete Software as a Service (SaaS) wird zunehmend in klassischen ERP-Bereichen wie Personal, Einkauf, Supply Chain Management, Finanzen, Rechnungswesen zum bevorzugten Bezugsmodell.
Noch macht der Markt für ERP aus der Cloud etwa ein Zehntel des Gesamtmarkts für ERP aus. Das Volumen in Deutschland liegt nach Angaben von IDC bei etwa 300 Millionen Euro. Dass das ERP aus der Wolke zu boomen beginnt, ist zeitlich gesehen kein Zufall: Weil zur
Jahrtausendwende in sehr vielen Unternehmen ERP-Anwendungen angeschafft wurden und diese einen Lebenszyklus von 15 bis 20 Jahren haben, gibt es jetzt Erneuerungsbedarf. Entweder werden Altsysteme ergänzt oder diese ganz ersetzt. Derzeit weist Cloud-ERP die höchste Zuwachsquote in der Firmengruppe auf, die ihre Altsysteme ergänzen wollen, weil sich deren Wartung und Upgrades nicht mehr lohnen, heißt es bei Forrester Research. Somit weitet sich die Nachfrage auf große Unternehmen aus. Zudem gehen große Konzerne vermehrt dazu über, ihre Tochter-Unternehmen über die Cloud in zentrale ERP-Systemlandschaften zu integrieren.
Über Anwendungen und Branchen hinweg gilt Cloud Computing als zentraler Treiber der digitalen Transformation, ergab eine Studie der amerikanischen Marktforscher IDC. Von der Gestaltung der Geschäftsprozesse über die Integration von Anwendungen bis hin zur Erschließung neuer Geschäftsmodelle bringt die Cloud alle Anforderungen am besten unter einen Hut. Auf Dauer werden Unternehmen also auch bei ihrer Unternehmensplanung voraussichtlich weit mehr auf die Cloud setzen als bislang: Ein Teil wird seine wichtigsten Daten, sein Kapital (wie etwa Konstruktionsdaten) in einer privaten Cloud lagern und Prozesse wie CRM, Personal oder auch die Verwaltung der Technik in die Public Cloud verlegen. Abhängig vom Geschäftsmodell und den Technologien werden vor allem jüngere Startups und Unternehmen sämtliche Geschäftsprozesse in der Cloud abbilden.
In Deutschland ist in vielen Unternehmen noch eine gewisse Skepsis zu spüren. Sie speist sich zum Teil aus Sicherheitsbedenken. Doch diese lassen sich leicht entkräften. Professionelle Cloud-Anbieter können beim Thema Sicherheit inzwischen mehr leisten als ein einzelnes Unternehmen. Hinzu kommt, dass ohnehin schon lange kein Unternehmen mehr alle Daten im eigenen Haus vorhält, so werden etwa Personalabrechnungen mit sensiblen Daten häufig als Rechenzentrumsleistungen erbracht. Unternehmen sollten auf Zertifizierungen achten und sich das Sicherheits-Konzept des Cloud-Anbieters genau erläutern lassen. Sie sollten auch darauf bestehen, dass die Daten verschlüsselt übertragen werden, jedoch die Zugänglichkeit benutzerfreundlich ist.
Kaum ein Unternehmen kann sich dem Trend in die Wolke noch entziehen. Ein wichtiger Grund ist die Möglichkeit, Kosten zu senken. So strebten 68 Prozent der von Forrester befragten Unternehmen mit SaaS eine Senkung der Gesamtkosten an. Ein anderes Ziel sind schnellere und agilere Prozesse. Zunehmend wichtig werden kurze Einführungszeiten und geringer Aufwand für Wartung, Pflege und Weiterentwicklungen. Software zu mieten anstatt sie zu kaufen, bietet den Kunden hier Mehrwert. Dann können sie die Bereitstellung von Support, Upgrades oder Weiterentwicklung ihrer IT dem Anbieter überlassen. Darüber hinaus bevorzugen Kunden zunehmend Software-Plattformen. Sollen beispielweise in kleineren Gesellschaften CRM oder Service mit ein “bisschen” ERP eingeführt werden und an einem anderen Standort nur Finance, wollen die Kunden dies alles auf einer Plattform haben. Dies reduziert Schnittstellen und beugt Ärger mit Upgrades vor.
So kommt Cloud-ERP denn auch besonders bei Unternehmen sehr gut an, die sich ausschließlich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren wollen. Was sie nicht können, kaufen sie ein. So behalten sie ihre Kostenstrukturen im Griff, setzen IT-Personal nur dann ein, wenn es notwendig ist zu skalieren und nicht, um Hard- oder Software am Laufen zu halten. Wichtig sind ihnen nur die Funktionen, die einen Prozess am einfachsten und effizientesten unterstützen. Zusätzlich kommt es ihnen auf Agilität an – sie wollen auf veränderte Marktanforderungen schnell reagieren können.
Für Cloud-ERP-Lösungen gibt es prinzipiell bei der Unternehmensgröße keine Einschränkungen. Es kommt auf die kaufmännischen Rahmenparameter und die Komplexität des abzubildenden Geschäfts an. Es gibt Cloud-Angebote, die für sehr kleine Unternehmen interessant sein können. Ein Komplett-ERP-System wie SAP Business ByDesign ist für Unternehmen ab etwa 75 Mitarbeitern und etwa ab 25 Usern interessant. Auch die Branche spielt keine Rolle. Dienstleister profitieren genauso von einer Cloud-ERP-Lösung wie Handelsunternehmen oder produzierende Firmen.
Cloud-ERP-Angebote haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt – so dass der “Functional Fit” unter Umständen sogar größer sein kann als bei einem On-Premise-System. Cloud-Lösungen verfügen sowohl über Standardprozesse als auch über Entwicklungswerkzeuge für kleinere oder größere Anpassungen an die Prozesse im Unternehmen. In wenigen Unternehmen, wo die Spezialisierung sehr hoch und Prozesse in Produktion oder Logistik extrem komplex sind, können individuelle Lösungen eine gute Wahl sein. Unternehmen können darüber hinaus “zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen”, nämlich die Gelegenheit nutzen, bei der Einführung einer Cloud-ERP-Lösung die eigenen Prozesse zu hinterfragen und an neue Anforderungen anzupassen – dies ohne großen Aufwand.
Was muss eine gute und vollständige Cloud-ERP-Lösung können? Sie sollte innerhalb weniger Wochen eingeführt sein. Das System sollte Standardprozesse vorhalten, aber auch anpassbar, skalierbar, erweiterbar und releasefähig sein. Während der Upgrades sollten Kunden keine Einschränkungen hinnehmen müssen. Eine Integration und Anbindung an vorhandene Anwendungen sollte über wenige Schnittstellen problemlos möglich sein, damit die Kommunikation und Zusammenarbeit mit Kunden und Geschäftspartner einfacher wird. Insgesamt sollten Kunden die Gelegenheit nutzen, ihre IT Lösungen und damit auch die Datenbanken zu konsolidieren und zu verschlanken.
Künftige Software-Generationen werden zunehmend gemietet werden. Ob diese dann im Rechenzentrum des Anbieters laufen oder über ein OEM-Modell eines Service-Providers, ist zweitrangig. Ob Unternehmen sich für eine Public oder Private Cloud entscheiden, hängt von der Größe der Lösung, vom Budget und vom Geschäftsmodell ab. Im Fokus ist nicht der Besitz, sondern die Nutzung der Software. Je nachdem, ob der Bedarf größer oder geringer wird, kann sie auch nach oben oder unten skaliert werden.
Industrie 4.0 und Internet der Dinge sind die ganz großen Themen – die Cloud ist Voraussetzung dafür, dass das Internet der Dinge funktionieren kann. In der DNA der Cloud ist automatisch auch die Mobilität enthalten. Und weil Vernetzung der “Dinge” sprich Geräte aller Art, auch bedeutet, technische und kaufmännische Prozesse miteinander zu verbinden, haben Cloud-ERP-Lösungen automatisch hohe Priorität.
Der Autor Henrik Hausen, ist Geschäftsführer der all4cloud GmbH.
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sehr guter Artikel. Hört sich an wie das Schlaraffenland :.)
Aber: ist diese Aussage hier nicht unrealistisch:
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Was muss eine gute und vollständige Cloud-ERP-Lösung können? Sie sollte innerhalb weniger Wochen eingeführt sein. Das System sollte Standardprozesse vorhalten, aber auch anpassbar, skalierbar, erweiterbar und releasefähig sein.
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Viele Unternehmen haben SAP R/3 und deren Nachfolger seit 15-20 Jahren im Einsatz und reichlich modofiziert und "verbogen".
Wie soll man von dieser "historisch" krumm-gewachsenen, of fest zementierten SAP- und Systemlandschaft innerhalb weniger Wochen in die "neue heile Welt" des cloud ERP's kommen???
Sie haben recht mit Ihrem Kommentar. Ein Unternehmen, das die eigene R/3 Landschaft kundenspezifisch angepasst hat, wird man sicherlich nicht innerhalb weniger Wochen vollständig in die Cloud ERP Welt überführen können. Selbstverständlich hängt es von den individuellen Voraussetzungen im jeweiligen Unternehmen ab, ob die Einführung länger dauert als im Durchschnitt (was aber nicht die Regel ist).
Es gibt viele Unternehmen, die ihr R/3 aus nachvollziehbaren Gründen den eigenen Prozessen stark angepasst haben. Diese Form der starken Individualisierung birgt neben dem funktionalen Fit aber auch Nachteile, die mit der zunehmenden Globalisierung oder beim Wechsel einer Technologie offensichtlich werden: Mit einer wie Sie es nennen „verbogenen“ oder „krummen“ ERP-Lösung können sich die Unternehmen nicht mehr schnell genug an Veränderungen anpassen, ob es nun darum geht, schnell auf einem neuen Markt präsent zu sein, ein neues Produkt schnell zu lancieren, eine neue Dienstleistungen schnell anbieten zu können oder einfach die Geschäftsprozesse schnell zu verändern.
Immer mehr Unternehmen stellen fest, dass die Rückkehr zum Standard der Weg ist, Schnelligkeit und Flexibilität in der Abbildung von Geschäftsprozessen zurück zu erlangen. Und diese Rückkehr zum Standard ist mit einer Cloud ERP-Lösung möglich. Auch wenn es etwas länger dauert – es ist immer noch viel schneller, als das alte System anzupassen, was teilweise gar nicht mehr möglich sein dürfte.
Darüber hinaus ist die Anforderung der Deutschen in punkto funktionalem Fit im internationalen Vergleich besonders hoch. Es gibt ausreichend Beispiele von Unternehmen, die mit weniger deutlich mehr erreichen. Ich möchte dazu ermutigen, auch an dieser Stelle anzusetzen und zu prüfen, wo sich Funktionalitäten auch mit Standards erreichen lassen und worauf vielleicht verzichtet werden kann.
Selten so etwas unrealistisches gelesen. Wir stellen gerade auf ein NEUES ERP um. Bisherige Dauer über 1 Jahr aufgrund von sehr tiefen Anpassungen. Cloud und ERP - nein danke. Wir würden niemals unsere "Geschäftsdaten" irgendeinem Cloudanbieter überlassen.
Ihr Kommentar überrascht nicht. Es gibt in Deutschland noch viel Skepsis rund um die Cloud und ich kann Ihre Einwände teilweise verstehen. Als Antwort auf Ihren Kommentar möchten wir Sie zu einer Abwägung einladen: „Wie viel höher wird der wirtschaftliche Nutzen einer bis ins letzte Detail angepassten ERP-Lösung im Vergleich zu einem nur strategisch angepassten ERP sein?“ Sie schreiben selbst, dass die Einführung bei Ihnen bereits über ein Jahr andauert. Das heißt, Sie investieren bereits viel Zeit, Geduld und Geld! Diese Ressourcen sollten in die Abwägung einbezogen werden.
Darüber hinaus ist nicht zu empfehlen, die Daten irgendeinem Anbieter anzuvertrauen. Skeptiker suggerieren im Zusammenhang mit dem Begriff Cloud immer wieder gern, Daten würden dort irgendwo auf irgendeinem Server liegen. Doch es gibt gerade in Deutschland zertifizierte und zuverlässige Anbieter mit hohen Sicherheitsstandards für ihre Server, beispielsweise die SAP, aber auch die Telekom. Nur ganz wenige Unternehmen, wenn überhaupt, können die gleichen Sicherheitsstandards im eigenen Haus gewährleisten. Wichtig ist, bei der Auswahl des Anbieters die richtigen Fragen zu stellen und sehr genau hinzuschauen.