Bessere Berufsaussichten und vor allem mehr Flexibilität, so lassen sich die beiden Hauptvorteile für Frauen in der Digitalisierung zusammen fassen. Zwar können auch die männlichen Kollegen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren, jedoch scheinen, so zumindest eine Studie der Unternehmensberatung Accenture, vor allem Frauen besonders davon profitieren zu können.
Die Studie “Getting to Equal: How Digital is Helping Close the Gender Gap at Work” weise laut den Autoren der Studie in allen untersuchten Länder einen ausgeprägten Zusammenhang zwischen einer hohen Digital Fluency, also einer hohen Fertigkeit im Umgang mit digitalen Techniken, von Frauen und ihrem Bildungsniveau sowie ihren Berufsaussichten nach. Demnach erreichen in 16 der 31 untersuchten Länder Frauen ein höheres Bildungsniveau als Männer. Weil Frauen durch die Digitalisierung mehr Flexibilität zugestanden bekommen, eröffnen sich dadurch ebenfalls neue berufliche Chancen für Frauen.
Eine hohe Digital Fluency, also digitale Kompetenzen sowie neue berufliche Möglichkeiten durch Digitalisierung, hilft besonders Frauen dabei, ihre Karriereaussichten zu verbessern und die nötigen Voraussetzungen für den beruflichen Aufstieg zu schaffen, so die Autoren der Accenture-Studie. Somit kann die Digitalisierung in den nächsten Jahren dazu beitragen, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Arbeitsleben weiter voranzutreiben. Die Accenture-Studie wurde branchenübergreifend durchgeführt, doch kaum eine Branche dürfte derart stark von Männern dominiert sein, wie der Bereich ITK.
Eine Studie des Freelancer-Portals Gulp aus dem Jahr 2014 zeigt, dass nur etwa 7,5 Prozent aller Freelancer weiblich sind. Bei IT-Experten insgesamt liegt der Anteil bei etwa 17 Prozent. In Führungspositionen hingegen liegt der Frauenanteil bei etwa 6 Prozent.
Im Vergleich aller untersuchten Länder – für die Studie wurden knapp 5000 Männer und Frauen weltweit befragt – belegt Deutschland lediglich einen der mittleren Plätze, sowohl was die Digital Fluency (Platz 11), das Bildungsniveau (Platz 18), die Beschäftigungsfähigkeit (Platz 11) und die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten (Platz 16) von Frauen betrifft. Gerade bei der für die zukünftigen Karrierechancen von Frauen so wichtigen Digital Fluency sind die Niederlande, die skandinavischen Länder und die USA führend. Schwellenländer wie die Philippinen, Indien und Indonesien auf den letzten Plätzen landen.
Immerhin, 61 Prozent der in Deutschland befragten Frauen und Männer sind überzeugt, dass digitale Technologien es für Frauen einfacher machen, eine Beschäftigung aufzunehmen und auf Dauer am Berufsleben teilzunehmen. 63 Prozent gehen davon aus, dass die Digitalisierung zu einer Angleichung der Karrierechancen von Frauen und Männern führen wird. Dass die Digitalisierung mehr Flexibilität im Beruf bringt und somit eine bessere Work-Life-Balance ermöglicht, glauben 53 Prozent aller Umfrageteilnehmer in Deutschland. Immerhin mehr als ein Drittel der Befragten (36 Prozent) gab an, seine digitalen Fähigkeiten bereits für den beruflichen Aufstieg genutzt zu haben und 23 Prozent sehen dafür sogar den Grund für ein höheres Gehalt.
Das Berechnungsmodell zeigt weiterhin: Wenn Regierungen und Unternehmen die Geschwindigkeit verdoppeln, mit der Frauen digital kompetent werden, könnte Geschlechtergleichheit am Arbeitsplatz in den Industriestaaten bereits im Jahr 2040 erreicht werden, also 25 Jahre schneller als bei der jetzigen Entwicklung. Während Digital Fluency Frauen zwar dabei hilft, in ihrer Karriere schneller voranzukommen, ist es noch nicht gelungen, den Abstand zu Männern in Führungspositionen deutlich zu verringern oder den Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern auszugleichen.
“Auf dem beruflichen Weg nach oben gehen noch zu viele Frauen verloren, obwohl sie immer besser qualifiziert sind und die Chancen der Digitalisierung zu ihrem Vorteil zu nutzen wissen”, sagt Sandra Babylon, Geschäftsführerin für den Bereich Financial Services und verantwortlich für die Women Initiative bei Accenture. “Die Unternehmen müssen mehr tun, um qualifizierten Frauen den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen und dabei ihre digitalen Kompetenzen voll auszuspielen. Denn genau diese Fähigkeiten werden im Arbeitsalltag immer wichtiger und bieten Frauen somit eine Möglichkeit, bei Karriere und Bezahlung zu ihren männlichen Kollegen aufzuschließen.”
Immerhin zeigt sich bereits bei den Neueinschreibungen der Studiengänge, dass immer mehr Frauen sich für die so genannten MINT-Berufe entscheiden, wie eine Untersuchung der Intiative “Komm mach MINT” zeigt.
54 Prozent der männlichen Studienanfänger wählen ein ingenieurwissenschaftliches beziehungsweise mathematisch oder naturwissenschaftliches Studium (MINT), bei Frauen hingegen sind es mit rund 26 Prozent deutlich weniger. Auch hier zum Vergleich die Zahlen aus dem Jahr 2000: Damals waren es lediglich 21 Prozent aller Studienanfängerinnen, die sich für ein MINT-Studium entschieden haben. Der Anteil weiblicher Studierender in dieser Fächergattung ist steigt also kontinuierlich.
Auch wenn das Ziel im Grunde ein gutes ist, scheint nicht jede Kampagne geeignet, Frauen für MINT-Berufe zu begeistern. Das musste IBM bei der Initiative #HackAHairDryer erfahren. IBM hatte dazu aufgerufen, einen Föhn zu hacken. Nach harscher Kritik stellte IBM die Kampagne wieder ein. Für die IT-Branche, in der wenn man den Schätzungen des BITKOMs glauben möchte, über 40.000 Fachkräfte fehlen, sind neue Fachkräfte sicherlich willkommen.
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