Facebook hat offenbar im vergangene Jahr gemachte Ankündigungen umgesetzt, und mit dem nun vorgestellten Werkzeug Rights Manager weitgehend die technischen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, um die als Freebooting bezeichnete Praxis zumindest in geordnete Bahnen zu lenken. Als “Freebooting” wird die nicht nur von Privatpersonen, sondern auch von vielen gewerblichen Fanpages ausgiebig geübte Praxis bezeichnet, Videos von YouTube, Vimeo, Vine oder Mediatheken von Fernsehsendern nicht über die von Facebook gebotenen Möglichkeiten einzubinden, sondern zunächst herunterzuladen und dann bei Facebook hochzuladen, so dass sie dort wie ein eigenes Video angezeigt werden.
Damit erhalten zwar die eigenen Facebook-Sites mehr Besucher, werden länger genutzt und potenziell häufiger geteilt, die Rechteinhaber an den Videos gucken aber in die Röhre, da ihnen die Aufrufe nicht zugerechnet werden können und sie potenziell – falls das Video zum Beispiel von Youtube stammt – dort wesentlich weniger Aufrufe verzeichnen, da der Beitrag innerhalb von Facebook weitergereicht und betrachtet wird.
Im August 2015 reagierte Facebook erstmals auf die heftiger werdende Kritik daran, dass es diese Praxis nicht nur zulässt, sondern offenbar durch seine Algorithmen auch noch unterstützt, um Nutzer auf seiner Seite zu halten. Das hatte damals der vor allem in den USA bekannte Youtuber Hank Green Facebook vorgeworfen. Er untermauerte dies mit einer gemeinsam von der Werbeagentur Ogilvy und der Videovermarktungsplattform Tubular Labs durchgeführten Untersuchung. Der zufolge waren 2015 im ersten Quartal 725 der 1000 bei Facebook am häufigsten betrachteten Videos aus anderen Quellen hochgeladen worden. Sie sollen zusammen für 17 Milliarden Aufrufe verantwortlich gewesen sein.
Facebook verwies damals zwar darauf, dass es bereits Kontrollmechanismen anbietet, räumte aber auch ein, dass die offenbar nicht ausreichen und kündigte an, sie verschärfen zu wollen. Tests einer Beta-Version einer auf der Technologie von Audible Magic beruhenden Verfahrens sollten zusammen mit ausgewählten Partnern “bald” begonnen werden. Mit den Partnern zusammen sollte das System dann in den “kommenden Monaten” verbessert werden um “langfristig” ein umfassendes Video-Management-System bereitstellen zu können, dass die “Anforderungen aller Partner erfüllt”, so Facebook damals.
Mit dem nun vorgestellten Rights Manager, für dessen Nutzung sich Rechteinhaber jetzt anmelden können, sollen sie die Möglichkeit erhalten, Videos hochzuladen, für die sie anderen keine Nutzungsrechte einräumen wollen. Facebook verspricht dann auf seinen Seiten zu kontrollieren, dass diese Videos nicht hochbeladen werden und entweder die Urheberrechtsverletzung feststellen und sie zur Löschung vormerken oder den Urheber benachrichtigen.
Beim Facebook Rights Manager können Rechteinhaber auswählen, was bei einer Veröffentlichung eines ihrer Videos geschehen soll. Als Parameter, von denen die Reaktion abhängig gemacht werden kann, steht zum Beispiel zur Verfügung, wie oft ein Video kopiert wurde, welche Seiten es veröffentlichten oder wie oft es gesehen wurde. Die Alarme über Freebooting von Videos lassen sich ebenfalls anhand dieser Parameter einstellen. Alle Konfigurationsmöglichkeiten sind über ein Dashboard oder die Rights Manager API möglich.
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, bestimmte Seiten auf eine Whitelist zu setzen sowie bislang unveröffentlichte Videos in die Kontrolldatenbank hochzuladen, um deren ungenehmigte Veröffentlichung zu unterbinden. Außerdem lassen sich auch Live-Videos überwachen, um etwa zu verhindern, dass Nutzer Inhalte aus dem Bezahlfernsehen bei Facebook kostenlos und ungenehmigt weiterverbreiten.
Noch fehlt die Möglichkeit, dass Videos zwar unbefugt bei Facebook veröffentlicht werden, dies aber vom Rechteinhaber geduldet werden kann und er dafür an den Einnahmen, die durch die Aufrufe des Videos erzeugt werden, zumindest beteiligt wird oder sie ihm ganz zugerechnet werden. Berichten zufolge testet Facebook diese Möglichkeit gerade. Für Rechteinhaber könnte das durchaus interessant sein, ist es doch durchaus möglich und sogar wahrscheinlich, dass bestimmte Videos auf Seiten anderer eine wesentlich größere Verbreitung erfahren. Und sofern der Rechteinhaber davon finanziell profitiert, wird er dann in vielen Fällen auch kaum etwas dagegen haben.
Auch für Facebook wäre das eine akzeptable und elegante Lösung. Denn Videos lediglich zu löschen birgt die Gefahr, dass für die Börse, Werbekunden wichtige Kennzahlen wie Aufrufe und Verweildauer einbrechen und die Attraktivität des Sozialen Netzwerks für Nutzer sinkt. Etwas befremdlich wirkt allerdings der nun eingeschlagene Weg, dass Rechteinhaber erst von sich aus aktiv werden müssen, damit sie ihre Ansprüche durchsetzen können. Grundsätzlich dürfte man erwarten, dass Facebook selbst auf die Einhaltung von Gesetzen in seinem Hoheitsbereich dringt. Wie auch die – zugegebenermaßen teilweise etwas spitzfindige – Diskussion um den Datenschutz in dem Sozialen Netzwerk gezeigt hat, ist der Konzern aber über solche Details erhaben.
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