Amazon sanktioniert Kunden offenbar erneut wegen hoher Rücksendequote
Aktuell sorgt der Fall eines 55-Jährigen Berliners für Aufsehen. Nicht nur sein Konto wurde lebenslang gesperrt, sondern auch das seiner Frau. Im Frühjahr gab es wegen Kontensperrungen bereits in Großbritannien Unmut über Amazon. In Deutschland berichten Kunden seit 2013 von solchen Fällen.
Amazon hat wieder Kunden gesperrt, weil sie nach Ansicht des Online-Händlers zu viele bestellte Artikel zurückschicken. Einer der Betroffenen, ein 55-jähriger Berliner, ist damit jetzt an die Öffentlichkeit gegangen. Gegenüber dem Berliner Kurier erklärte er, seit 2000 Amazon-Kunde gewesen und für Tausende Euro Waren bestellt zu haben. Dabei habe er “natürlich” auch von dem gesetzlich geregelten Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und über den kostenlosen Retouren-Service Waren zurückgeschickt.
Nachdem er an dieser Praxis auch nach einer E-Mail von Amazon nicht änderte, in der ihm wegen einer “außergewöhnlich hohen Anzahl” zurückgesendeter Artikel mit der Schließung des Kontos gedroht worden war, setzte der Online-Händler seine Drohung nun um. Laut Berliner Kurier teilte Amazon dem Berliner nun mit: “Nach eingehender Überprüfung haben wir festgestellt, dass Sie unberechtigt Artikel reklamiert haben. Wie angekündigt, können wir daher zukünftig leider keine weiteren Bestellungen entgegennehmen und schließen Ihr Amazon.de-Konto mit sofortiger Wirkung.”
Der Betroffene ärgert sich besonders deshalb, weil er als sogenannter Prime-Kunde pro Jahr extra 49 Euro für kostenlose Lieferung und Rücknahme bezahle. Ebenfalls unverständlich findet er, dass das Konto seiner Frau ebenfalls gleich mit gesperrt wurde. Dem Blatt gegenüber erklärte Amazon, man sperre Kunden nur, wenn Missbrauch vorliege. Allerdings hatte das Unternehmen dem Kunden gegenüber nicht erklärt, worin dieser Missbrauch nun genau bestanden habe.
Die Begründung ist ohnehin wackelig. Denn so unangenehm die hohe Zahl an Retouren auch sein mag, so gehören sie doch nach Auffassung von Juristen zum Geschäftsrisiko eines Onlinehändlers. Erst kürzlich hatte der Bundesgerichtshof zudem entschieden, dass beim Rücktritt von Online-Käufen der Händler keinen Anspruch darauf hat, diesen aufgrund der Beweggründe für den Widerruf abzulehnen.
Im März sorgten bereits Medienberichte über Sanktionen gegen britische Amazon-Kunden für Aufsehen. Der Guardian berichtete damals von einem Fall, in dem ein Kunde gesperrt worden war, der in 14 Jahren 343 Artikel bei Amazon bestellt und 37 davon zurückgeschickt hatte. Eine weitere Kundin wurde für 30 Rücksendungen bei 112 Bestellungen gesperrt. Ihr entgingen dadurch zudem 170 britische Pfund in Gutscheinen und sie verlor den Anspruch auf die Restlaufzeit ihrer Amazon-Prime-Mitgliedschaft, die in Großbritannien 79 Pfund kostet.
Bereits 2013 sorgten Berichte über Kontensperrungen von Kunden mit einer aus Sicht von Amazon zu hohen Retourenqoute für Ärger. Auch Zalando hatte in dem Jahr Kunden mit zu hoher Rücksendequote per E-Mail auf die durch eine Rücksendung entstehenden Umstände hingewiesen. Außerdem konnten sie nicht mehr auf Rechnung, sondern nur noch per Vorkasse bestellen. Diese Praxis hat Zalando dann aber aufgegeben.
Bei Amazon scheint man nicht so kulant zu sein. Aus rechtlicher Sicht wesentlich ist dabei jeweils, ob der Händler Kunde für die Inanspruchnahme des gesetzlichen Widerrufsrechts oder eine darüber hinausgehendes, freiwillig eingeräumtes Rückgaberecht bestraft. Amazon bietet freiwillige, erweitere Leistungen zum Beispiel mit der sogenannten Rücksendegarantie für Artikel, die nach den gesetzlichen Vorschriften nicht dem Widerrufsrecht unterliegen. Dazu gehören etwa E-Book. Hier darf Amazon frei entscheiden, wem diese weitergehenden Rechte eingeräumt werden. Kunden, die davon übermäßig Gebrauch machen, kann das Konto dann gesetzeskonform gesperrt werden.