Categories: E-CommerceMarketing

Amazon sanktioniert Kunden offenbar erneut wegen hoher Rücksendequote

Amazon hat wieder Kunden gesperrt, weil sie nach Ansicht des Online-Händlers zu viele bestellte Artikel zurückschicken. Einer der Betroffenen, ein 55-jähriger Berliner, ist damit jetzt an die Öffentlichkeit gegangen. Gegenüber dem Berliner Kurier erklärte er, seit 2000 Amazon-Kunde gewesen und für Tausende Euro Waren bestellt zu haben. Dabei habe er “natürlich” auch von dem gesetzlich geregelten Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und über den kostenlosen Retouren-Service Waren zurückgeschickt.

Nachdem er an dieser Praxis auch nach einer E-Mail von Amazon nicht änderte, in der ihm wegen einer “außergewöhnlich hohen Anzahl” zurückgesendeter Artikel mit der Schließung des Kontos gedroht worden war, setzte der Online-Händler seine Drohung nun um. Laut Berliner Kurier teilte Amazon dem Berliner nun mit: “Nach eingehender Überprüfung haben wir festgestellt, dass Sie unberechtigt Artikel reklamiert haben. Wie angekündigt, können wir daher zukünftig leider keine weiteren Bestellungen entgegennehmen und schließen Ihr Amazon.de-Konto mit sofortiger Wirkung.”

Der Betroffene ärgert sich besonders deshalb, weil er als sogenannter Prime-Kunde pro Jahr extra 49 Euro für kostenlose Lieferung und Rücknahme bezahle. Ebenfalls unverständlich findet er, dass das Konto seiner Frau ebenfalls gleich mit gesperrt wurde. Dem Blatt gegenüber erklärte Amazon, man sperre Kunden nur, wenn Missbrauch vorliege. Allerdings hatte das Unternehmen dem Kunden gegenüber nicht erklärt, worin dieser Missbrauch nun genau bestanden habe.

Blick in Amazons Logistikzentrum in Leipzig (Bild:Amazon)

Die Begründung ist ohnehin wackelig. Denn so unangenehm die hohe Zahl an Retouren auch sein mag, so gehören sie doch nach Auffassung von Juristen zum Geschäftsrisiko eines Onlinehändlers. Erst kürzlich hatte der Bundesgerichtshof zudem entschieden, dass beim Rücktritt von Online-Käufen der Händler keinen Anspruch darauf hat, diesen aufgrund der Beweggründe für den Widerruf abzulehnen.

Im März sorgten bereits Medienberichte über Sanktionen gegen britische Amazon-Kunden für Aufsehen. Der Guardian berichtete damals von einem Fall, in dem ein Kunde gesperrt worden war, der in 14 Jahren 343 Artikel bei Amazon bestellt und 37 davon zurückgeschickt hatte. Eine weitere Kundin wurde für 30 Rücksendungen bei 112 Bestellungen gesperrt. Ihr entgingen dadurch zudem 170 britische Pfund in Gutscheinen und sie verlor den Anspruch auf die Restlaufzeit ihrer Amazon-Prime-Mitgliedschaft, die in Großbritannien 79 Pfund kostet.

Bereits 2013 sorgten Berichte über Kontensperrungen von Kunden mit einer aus Sicht von Amazon zu hohen Retourenqoute für Ärger. Auch Zalando hatte in dem Jahr Kunden mit zu hoher Rücksendequote per E-Mail auf die durch eine Rücksendung entstehenden Umstände hingewiesen. Außerdem konnten sie nicht mehr auf Rechnung, sondern nur noch per Vorkasse bestellen. Diese Praxis hat Zalando dann aber aufgegeben.

Bei Amazon scheint man nicht so kulant zu sein. Aus rechtlicher Sicht wesentlich ist dabei jeweils, ob der Händler Kunde für die Inanspruchnahme des gesetzlichen Widerrufsrechts oder eine darüber hinausgehendes, freiwillig eingeräumtes Rückgaberecht bestraft. Amazon bietet freiwillige, erweitere Leistungen zum Beispiel mit der sogenannten Rücksendegarantie für Artikel, die nach den gesetzlichen Vorschriften nicht dem Widerrufsrecht unterliegen. Dazu gehören etwa E-Book. Hier darf Amazon frei entscheiden, wem diese weitergehenden Rechte eingeräumt werden. Kunden, die davon übermäßig Gebrauch machen, kann das Konto dann gesetzeskonform gesperrt werden.

Loading ...
Redaktion

View Comments

  • Ich habe auch seit Jahren mit einer Prime Mitgliedschaft für tausende von Euros bestellt.

    Mich hat Amazon auch 2x "abgemahnt", nachdem ich auf die Erste nicht reagiert habe. Das war dem text auch nicht zu entnehmen, dass dies erwartet wird.
    Genaue Gründe wurden nicht genannt sondern auf meine konkrete Antwort für Rücksendungen bzw. dass ich in einem angemahnten Zeitraum nur 1 Artikel zurückgesandt habe, wurden mir mir nur unspezifische Antworten aus Textbausteinen geschickt

    Ich habe die Artikel auch nicht benutzt und dann zurückgeschickt .
    Einige entsprachen einfach nicht meiner Erwartung (ein Bild im Web ist nicht alles) bzw.man bestellt 2 Größen, um die Richtige zu finden.
    Auch der Ansatz dies für Mißbrauch zu halten ist völlig daneben.
    Die Rücksendung ist mit viel Aufwand verbunden: Artikel wieder zu verpacken ; Etikett ausdrucken; wegbringen...)
    Der Verdacht liegt nahe, dass man Kunden will, die sich vorort beraten lassen und dann bei Amazon bestellen.

    ich bestell da einfach nicht mehr, da es die Artikel auch woanders und fast immer günstiger gibt.
    Der Grund bei Amazon wg. der einfachen Kaufabwicklung und Rücksendung ist ja entfallen.
    Ich will einfach meinen Online Zugriff auf meien Musikdateien und Kindle-account nicht verlieren.
    Mal sehen, ob Amazon mir das Konto dann wegen Nichtbenutzung sperrt.

Recent Posts

Banken und Versicherer sind KI-Großabnehmer

Ein Großteil der weltweiten KI-Gelder fließt in den Finanzsektor. 2023 wurden in der Branche 87…

20 Stunden ago

Siemens legt 10 Milliarden Dollar für Software-Spezialisten auf den Tisch

Die Übernahme des US-amerikanischen Anbieters Altair Engineering soll die Position im Markt für Computational Science…

21 Stunden ago

Standortübergreifender KI-Einsatz im OP-Saal

Ein deutsch-französisches Projekt hat hybride Operationssäle entwickelt, die durch 5G-Netz und KI neue Anwendungen ermöglichen.

22 Stunden ago

OT-Security braucht zunächst Asset-Transparenz

Unternehmen wissen oft nicht, welche Geräte in der Produktion eine IP-Adresse haben, warnt Peter Machat…

4 Tagen ago

Künstliche Intelligenz erreicht die Cloud

KPMG-Studie: 97 Prozent der Cloud-nutzenden Unternehmen verwenden KI-Dienste von Cloud-Anbietern.

5 Tagen ago

AI Act: Durchblick im Regulierungsdickicht

Bitkom veröffentlicht Online-Tool und Leitfaden zum KI-Einsatz in Unternehmen. Beide Angebote sind kostenlos.

5 Tagen ago