Der Bundesgerichtshof hat heute sechs Entscheidungen in Verfahren verkündet, in denen es um Detailfragen von Filesharing-Abmahnungen ging. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen I ZR 86/15 wurde dabei ein weiterer Aspekt der Belehrungspflichten des Anschlussinhabers geklärt. Bereits im März diesen Jahres hatte das oberste Gericht festgestellt, dass in Wohngemeinschaften nicht grundsätzlich der Anschlussinhaber für die Mitbewohner haftet (Aktenzeichen 8 S 48/15) und bei Familien der Inhaber des Internetanschlusses nicht automatisch für die Filesharing-Aktivitäten volljähriger Familienangehöriger haftet (Aktenzeichen I ZR 169/12). Im nun verhandelten Fall ging es darum, inwieweit der Inhaber des Anschlusses für Aktivitäten von Besuchern haftet.
Im verhandelten Fall hatte die aus Australien zu Besuch gekommen Nichte und deren Lebensgefährte Zugang zum Internetanschluss erhalten. Die erwachsenen Personen waren zuvor nicht zur Rechtslage in Deutschland beim Filesharing aufgeklärt worden. Das sah das Landgericht Hamburg als Grund, um den Anschlussinhaber für eine von den Besuchern begangene Urheberrechtsverletzungen haftbar zu machen.
Der BGH hat das nun aber zurückgewiesen. “Der Beklagten war eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses nicht zumutbar. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht”, teilt das Gericht in einer Pressemitteilung mit.
Damit ist ein weiterer Aspekt der sogenannten Prüfpflichten geklärt. Der Anschlussinhaber hafte nur, wenn er diese Prüfpflichten verletzt hat. Unklar blieb aber was unter den “zumutbaren Prüfpflichten” zu verstehen ist. Diese Unklarheit hat der BGH nun in einem weiteren Teilaspekt beseitigt.
Im Verfahren mit dem Aktenzeichen I ZR 48/15 ging es um Filesharing von 809 Audiodateien. Der Anschlussinhaber hatte sich damit verteidigt, dass auch seine Ehefrau und seine zum Tatzeitpunkt minderjährigen Kinder Zugriff auf die beiden im Haushalt vorhandenen Computer mit hatten. Während das Landgericht ihm Recht gab, hatten die Rechteinhaber vor dem Oberlandesgericht weitgehend Erfolg. Dort wurden lediglich die ansetzbaren Abmahnkosten etwas gekürzt.
Die Revision hat der Bundesgerichtshof nun im Wesentlichen zurückgewiesen. In dem Fall hafte der Inhaber für die öffentliche Zugänglichmachung über seinen Internetanschluss. Nach der Beweisaufnahme des Berufungsgerichts scheide die Ehefrau als Täterin aus. Dass die Kinder ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, habe der Beklagte“ nicht hinreichend konkret“ darlegen können.
In drei weiteren, heute entschiedenen Verfahren (mit den Aktenzeichen I ZR 272/14, I ZR 1/15 und I ZR 44/15) hatten die Rechteinhaber wegen Filesharings über ihre Anwälte teils Schadensersatz in Höhe von 600 Euro je Filmtitel sowie Abmahnkosten von 506 Euro respektive 1005,40 Euro verlangt. Hier wurde nicht die Urheberrechtsverletzung als solche bezweifelt, sondern ging es um die Bemessung der Abmahnkosten.
Das Landgericht hatte angenommen, der Gegenstandswert der vorgerichtlichen Abmahnung belaufe sich stets auf das Doppelte des erstattungsfähigen Lizenzschadensersatzes. Das sieht der BGH anders: Der Gegenstandswert der Abmahnung sei in derartigen Fällen “nach dem Interesse der Klägerinnen an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.”
Das bedeutet mehr Arbeit für die Gerichte. Denn laut BGH müssen für die Bemessung des Gegenstandswerts zum Beispiel der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts, die Aktualität und Popularität des Werks, die Intensität und Dauer der Rechtsverletzung sowie subjektive Umständen auf Seiten des Urheberrechtsverletzers einbezogen werden. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen I ZR 43/15 wurde das Urteil des Landgerichts vom BGH aus denselben Gründen aufgehoben. Unterschied ist hier lediglich, dass es um ein Computerspiel statt um einen Filmtitel ging.
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Der Grund: Geräte, die mit veralteter Software arbeiten, sind anfällig für Cyberangriffe und Datenlecks.
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Gibt es hier Veteranen?
Leute, die sich erinnern, wie das ganz zu Anfang mit den Raubkopien gewesen ist? Ja, das gab es schon immer. Darüber könnte man Bücher schreiben, weshalb ich hier darauf verzichte.
Nehmen wir nur das Beispiel einer heute sehr erfolgreichen Firma, die einen wesentlichen Anteil ihrer Einnahmen seinerzeit mit ihrem Office Paket verdient hat. Da wurde noch rum lamentiert, wer denn wohl Marktführer wird. Eigentlich überflüssig, besagte Firma hat auf die Verwendung eines Kopierschutzes verzichtet. Viele fragten sich, ob die sich das leisten können? Sie konnten!
Die gingen einfach davon aus, dass die Anwender die es kopieren, es ohnehin nie werden bezahlen können. Aber sie arbeiten irgendwo und da werden sie lautstark für den Einsatz dessen plädieren, was sie kennen, nämlich das was sie vorher geklaut haben.
So erreichte besagte Firma einen Marktanteil von über 90% und hörte irgendwann auf zu zählen.
Irgendwann kommt jeder Raubkopierer an den Punkt, wo er feststellt, dass die eigene Arbeit auch Geld kostet und der Aufwand für das Kopieren zuletzt höher ist, als der Nutzen durch die illegale Beschaffung. Die das anders sehen, die können sich die korrekte Lizenz ohnehin nie kaufen. Es entsteht nicht einmal ein verlorener Umsatz.
Nix für Ungut, der Mischa