IT-Services in Deutschland im Wandel

Nicht nur für die Anwender birgt die Digitalisierung neue Herausforderungen, sondern auch die Anbieter sieht Sabrina Stadler, Consultant bei IDC in Frankfurt, in der Pflicht. Vielleicht ist das auch der Grund, warum der Markt trotz tiefgreifender Veränderungen kaum Dynamik zeigt.

Der Markt für IT-Dienstleistungen in Deutschland erreichte 2015 ein Volumen von knapp 29,7 Milliarden Euro. Über den gesamten Prognosezeitraum von 2014-2019 betrachtet wird der Markt hierzulande mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von stabilen 1,7 Prozent wachsen.

Sabrina Stadler, Consultant bei IDC in Frankfurt. (Bild: IDC)
Sabrina Stadler, die Autorin dieses Gastbeitrags für silicon.de, ist Consultant bei IDC in Frankfurt (Bild: IDC).

IDC erwartet, dass der Markt für IT-Dienstleistungen in Deutschland nicht nur durch Cloud Computing, Virtualisierung und Outsourcing getrieben wird. Für zusätzliche Impulse sorgen Mobility, Social Business, Big Data und auch Industrie 4.0 sowie das Internet der Dinge. Diese Trends verändern letztlich auch die Art, wie IT bereitgestellt und genutzt, wie Daten analysiert werden und wie Mitarbeiter in Unternehmen zusammenarbeiten. Sie erfordern zusätzliche IT-Services in Form von Implementierungs- und Beratungsdienstleistungen, aber auch Trainings und Support-Dienstleistungen.

IT-Kosten, Verfügbarkeit und Sicherheit

Die stabile Entwicklung der deutschen Wirtschaft wird die IT-Budgets aus konjunktureller Sicht nicht wesentlich beeinflussen, dennoch unterliegen die Unternehmen einem weiterhin hohen IT-Kostendruck. Vor allem die operativen Kosten für den Betrieb und die Wartung der IT-Landschaft müssen nach wie vor gesenkt werden. Die Gewährleistung von Verfügbarkeit und Sicherheit sowie die Einhaltung von Compliance-Vorgaben sorgt für eine stabile Nachfrage nach IT-Dienstleistungen mit dem vorrangigen Ziel, die operativen Ausgaben zu senken.

IT-Industrialisierung sorgt für weniger Kosten und mehr Transparenz

Die IT-Industrialisierung ist durch Standardisierung und Modularisierung, Automatisierung und die Anwendung professioneller Methoden wie zum Beispiel ITIL und CoBIT, dem weltweiten Sourcing (Near-und Offshoring) sowie die Reduzierung der IT-Fertigungstiefe gekennzeichnet. Das erklärte Ziel ist die Kostensenkung für den Alltagsbetrieb auf der einen und die Schaffung von Transparenz, Kontrolle und Agilität auf der anderen Seite. Diese Beweggründe führen zu einer verstärkten Nachfrage nach IT-Services, zum Beispiel im Rahmen von Konsolidierungs-, Standardisierungs- oder Virtualisierungsprojekten oder auch bei der Einführung von Cloud Computing.

Digitale Transformation der IT verändert Anforderungen

Die Digitalisierung hält unaufhaltsam Einzug in die Unternehmen in Deutschland. Die Basis für Innovationen und Wachstum sind dabei die Eckpfeiler der sogenannten dritten Plattform Mobile Computing, Cloud-Dienste, soziale Netzwerke sowie Big Data und Analytics. Modelle und Prozesse ändern sich heutzutage so massiv, dass Betriebsabläufe mobiler und effizienter erledigt werden müssen  – Stichwort Prozessautomatisierung.

Cloud-Management (Bild: Shutterstock.com/Melpomene).
Anwender, die privat seit Jahren und ganz selbstverständlich Smartphones, Social Web, Collaboration-Tools und Cloud Services nutzen, erwarten auch im Arbeitsalltag eine benutzerfreundliche und mobile IT (Bild: Shutterstock.com/Melpomene).

Der Schritt von der Industrialisierung der IT hin zur Digitalisierung hat weitreichende Konsequenzen für IT-Organisationen und deren Services. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, bei der Integration neuer Technologien das optimale Betriebsszenario zu finden, dafür ist ein ausgewogener Mix zwischen internen und extern erbrachten Leistungen gefragt. Wir empfehlen IT-Services-Anbieter daher dringend, ihr eigenes Portfolio zu überprüfen und auf die Bedürfnisse der Anwenderunternehmen im Rahmen der Digitalisierung zu erweitern und anzupassen.

Demografischer Wandel und mobile Arbeitswelt erfordern neue Ansätze

Unternehmensanwender, die privat seit Jahren Smartphones, Social Web, Collaboration-Tools und Cloud Services nutzen, erwarten auch in ihrem beruflichen Arbeitsalltag eine benutzerfreundliche und mobile IT. Für die IT-Abteilungen entstehen dadurch neben neuen Chancen auch neue Sicherheitsrisiken, die durch Tools, Prozesse und die Aufstellung von Verhaltensrichtlinien minimiert werden können.

Die IT steht dabei vor der Herausforderung, die Mobilität und den “Arbeitsplatz der Zukunft” so aufzubauen, dass einerseits die IT-Sicherheitsanforderungen erfüllt und die gesetzlichen Regularien eingehalten werden und auf der anderen Seite die Anwender von jedem Ort, sei es das Büro, das Café oder auch der Flughafen einfach und effizient arbeiten können. Die Nachfrage nach Beratung, System Integrationen-Leistungen, Cloud Services und Client-Virtualisierungen steigt dadurch weiter.

Stärkere Unterstützung der LOBs ist gefragt

Die meisten Unternehmen sind einem tiefgreifenden Wandel unterworfen, der sich durch die digitale Transformation noch weiter verstärken wird. Die IT muss noch deutlich flexibler werden, um auf konjunkturelle und organisatorische Veränderungen schnell reagieren zu können. Durch die IT sollen Geschäftsprozesse effizienter, zuverlässiger und agiler gestaltet werden Die Unternehmen haben hierbei nicht nur technische, sondern auch eine Reihe von organisatorischen Herausforderungen zu lösen. IT-Services wie Beratungsleistungen, Systems Integrationen und Outsourcing können bei der Überwindung der genannten Hürden unterstützen.

Gesteigertes Interesse an Cloud Services treibt den Dienstleistungsmarkt

Die Bedenken der Unternehmen in Bezug auf die Sicherheit und Compliance verblassen weiter. Private-Cloud-Umgebungen sind noch die bevorzugte Cloud-Variante in Deutschland. Das Interesse an Hosted Private Clouds und Public Cloud Services steigt aber zunehmend. Dies führt in den Firmen zu heterogenen IT-Umgebungen und unterschiedlichen Sourcing-Modellen.

2015 haben sich vor allem kleine und mittelständische Unternehmen für die Nutzung von Cloud-Technologien entschieden. Bei größeren Organisationen sei dagegen laut Bitkom Research nur sehr geringes Wachstum zu beoachten. (Bild: Bitkom Research)
2015 haben sich vor allem kleine und mittelständische Unternehmen für die Nutzung von Cloud-Technologien entschieden. Bei größeren Organisationen sei dagegen laut Bitkom Research nur sehr geringes Wachstum zu beoachten. (Bild: Bitkom Research)

Der Bedarf, Cloud-Services mit der herkömmlichen IT-Umgebung zu einer Hybrid Cloud zu verknüpfen, steigt dadurch deutlich. Die Ergebnisse von IDC-Befragungen deutscher Unternehmen untermauern diese Trendbeobachtung. Die zunehmende Nutzung von Cloud Services in Deutschland sorgt bei den Service Providern allerdings für einen erheblichen Preisdruck.

Neue Budgetgeber und die Bedeutung der Fachabteilungen

Die Fachbereiche samt deren Budgets gewinnen zunehmend an Bedeutung. Fachentscheider erkennen, dass IT-Services – und hier im Speziellen Cloud Computing – deutliche Verbesserungen hinsichtlich Flexibilität, Skalierbarkeit und, Transparenz bieten. Für die Anbieter von IT-Dienstleistungen werden durch die zunehmende Einbeziehung der Line-of-Business in den Entscheidungs- und Investitionsprozess neue Potentiale freigesetzt. Innovation und Agilität rücken dabei in den Fokus und diese Themen werden immer häufiger von den Fachbereichen getrieben.

Unser Fazit

Die digitale Transformation hat Deutschland erreicht. Sie stellt nicht nur Anwenderunternehmen vor mitunter große Herausforderungen, auch die IT-Services Anbieter kämpfen mit der ein oder anderen Hürde. Viele Dienstleister schreiben sich auf die Fahnen, den Wandel ihrer Kunden effizient unterstützen und voranzutreiben zu wollen. Den Beweis hierfür sind viele Anbieter jedoch noch schuldig, überzeugende Case Studies sind leider immer noch Mangelware.

Service Provider müssen ihre Geschäftsmodelle selbst kritisch unter die Lupe nehmen, um moderne IT-Lösungen, agil, effizient, kostengünstig und wirtschaftlich sinnvoll anbieten zu können. Nur auf diese Weise können Anbieter im Dienstleistungsumfeld mittelfristig im Wettbewerb bestehen und langfristig überleben. Wir sehen bei einigen Anbietern gute Ansätze, bei anderen ist der Weg noch weit.