VDSL2-Vectoring: neuer Entwurf der Bundesnetzagentur in der Kritik der Verbände
Nach Ansicht der Verbände brüskiert der Entwurf der Bundesnetzagentur ausbauwillige Wettbewerber. In vielen Fällen sollen die Bedingungen für Wettbewerber der Telekom sogar noch härter werden.
Vergangene Woche hatte die Bundesnetzagentur ihren vielfach als zu Telekom-freundlich kritisierten Entwurf zum VDSL2-Vectoring zurückgezogen. Der geänderte Entscheidungsentwurf, den die Bundesnetzagentur jetzt wie angekündigt vorgelegt hat, soll in erster Linie Bedenken der EU-Kommission ausräumen. Allerdings kritisieren die Telekommunikationsverbände BREKO, BUGLAS und VATM, dass die “kosmetischen Veränderungen” den Glasfaserausbau nicht voranbringen werden, vielmehr “brüskiere” die Bundesnetzagentur ausbauwillige Wettbewerber.
Genau genommen geht es weiterhin um die exklusive Nutzung von VDSL2-Vectoring in den Nahbereichen der gut 7900 Hauptverteiler in Deutschland. Die Vectoring-Technik soll nur dann von Wettbewerbern der Deutschen Telekom eingesetzt werden können, wenn diese in einem Bereich mindestens 40 Prozent der “grauen Kästen” am Straßenrand und insgesamt 33 Prozent mehr Kabelverzweiger als die Deutsche Telekom erschlossen haben. Wettbewerber mussten laut dem ersten Entwurf vom April zwar 50 Prozent der grauen Kästen stellen, sie benötigen aber auch nur eine relative Mehrheit der Kabelverzweiger.
“Allerdings muss ein ausbauwilliger Wettbewerber nun auch mindestens 33 Prozent mehr Kabelverzweiger erschlossen haben als die Telekom, was die Schwelle in vielen Fällen weit über 40 und auch mehr als 50 Prozent heben dürfte”, kommentieren die Geschäftsführer der drei Verbände. Die neue Regelung erhöhe zudem die Komplexität und das Risiko für die Investoren.
Dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, wird von den Verbänden zudem vorgeworfen, er habe sich nicht an seine Zusage vom 16. Juni gehalten, der neue Beschlussentwurf werde “allen ausbauwilligen Unternehmen grünes Licht für ihre Investitionen in den Breitbandausbau geben”. Die Ausbauzusagen, die von den Wettbewerbern angeboten wurden, seien auch im aktuellen Entwurf nicht berücksichtigt worden. “Nun fragen wir uns ernsthaft, wie wir die von Herrn Homann eingeforderte Zusage für unsere Ausbau- und Investitionsangebote verbindlich machen sollen”, heißt es weiter in der gemeinsamen Pressemitteilung von BREKO, BUGLAS und VATM.
Wie es aussieht sei der Entwurf von April nur aus taktischen Überlegungen gezielt vor einer Stellungnahme der EU-Regulierungsbehörde BEREC zurückgezogen worden, um die EU-Kommission durch eine Neuvorlage enorm unter politischen Druck setzen zu können. “Offenbar geht man bei der Bundesnetzagentur davon aus, dass die EU-Kommission nicht erneut ‘erhebliche Bedenken’ äußern und damit ein weiteres Phase-II-Verfahren einleiten wird”, ergänzten BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers, BUGLAS-Geschäftsführer Wolfgang Heer und VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.
Kritisch äußern sich die Verbände auch nach wie vor dazu, dass die Telekom im Gegensatz zu ihnen Glasfaseranschlüsse nicht bis ins Haus oder die Wohnung verlegen will. Sie wollten sich außerdem nicht nur auf die lukrativen Nahbereiche rund um die Hauptverteiler, sondern “vor allem auf einen flachendeckenden Ausbau in ihren Gebieten” konzentrieren.
“Das Ergebnis bleibt auch bei diesem Entwurf das gleiche: ein weitgehendes Infrastruktur-Monopol für die Deutsche Telekom in den Hauptverteiler-Nahbereichen. Die Folgen für den ländlichen Raum werden fatal sein. Daher erwarten wir von EU-Kommissar Günther Oettinger, sich dem durch das Vorgehen der Bundesnetzagentur erzeugten Druck nicht zu beugen und seine erheblichen Bedenken erneut in einem Phase-II-Verfahren münden zu lassen.”
[Mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
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