Twilio meistert Börsengang erfolgreich

Der von vielen Seiten mit großem Interesse verfolgte Börsengang der US-Cloud-Kommunikationsplattform Twilio verlief gestern ausgesprochen erfolgreich. Am ersten Handelstag legte das Papier bereits um rund 90 Prozent zu und schloss mit 28,53 Dollar. Bemerkenswert ist das vor allem, da das Unternehmen selbst zunächst einen Ausgabekurs zwischen 12 und 14 Dollar angepeilt hatte, was zu einer Gesamtbewertung von 1,2 Milliarden Dollar und damit knapp über dem Wert gelegen hätte, den die privaten Investoren ihm zugrechnet hatten.

Am Mittwoch setzte Twilio dann den Preis jedoch auf 15 Dollar fest. Doch auch das war nach Ansicht der Anleger noch bescheiden: Der Handel begann am Donnerstagmorgen in einer durch die bevorstehende Brexit-Abstimmung in Großbritannien insgesamt verhaltenen und eher gedämpften Stimmung zum Preis von 23,99 Dollar. Der sich aus dem erzielten Kurs ergebende Unternehmenswert liegt nun etwas über 2 Milliarden Dollar.

Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Erstens gelang das Twilio mit einem eher im Hintergrund bleibenden Angebot, dass sich an Firmen und Entwickler richtet, zweitens könnte Twilio durch sein Beispiel den vielen, hochbewerteten US-Start-ups damit mit einem Paukenschlag die IPO-Angst nehmen, die seit dem Herbst 2015 herrscht. Deren Auslöser war der Börsengang des Bezahldienstleisters Square im November. Der musste dabei den aus der letzten privaten Finanzierungsrunde errechneten Firmenwert von 6 Milliarden Dollar auf 4,2 Milliarden Dollar reduzieren.

Die Furcht, ein ähnliches Schicksal zu erleiden und eventuell obendrein noch mit bescheidener Perfomance der Aktie leben zu müssen, so wie der sehr überschaubare IPO der Dell-Sparte SecureWorks im Frühjahr, führte dazu, dass seit Square keines der großen Technologie-Start-ups, die eigentlich für einen Börsengang reif wären, diesen mehr gewagt hat und die, die bereits entsprechende Pläne hegten, sie aufgeschoben haben.

Das wurmt wohl auch die New Yorker Börse. Sie gab Twilio daher die Gelegenheit, statt einem “normalen IPO” ein kleines Fest zu veranstalten. Zu den Trivia des Twilio-Börsengangs gehört daher, dass das obligatorische Gruppenfoto vor dem Läuten der Glocke nicht von professionellen Fotografen, sondern ganz im Sinne der Do-it-yourself-Mentalität von Twilio mit Smartphone und Selfie-Stick aufgenommen wurde. Außerdem gab es erstmals einen “Code Jam” auf dem Börsenparkett und wurde ein altgedienter Börsenmakler eingespannt, der publikumswirksam binnen sechs Minuten seine erste eigene Twilio-App programmierte.

Grundsätzlich bietet Twilio Entwicklern APIs an, die ihnen helfen, Funktionen für Messaging, Telefonie und Videokommunikation in ihre Anwendungen einzubauen. Über die Cloud-Plattform kann der Zugang zu webbasierten Telefon- und SMS-Funktionen dann jeweils auch in dem Land des Nutzers angeboten werden. Damit nimmt Twilio App-Entwicklern viel Arbeit und Organisationsaufwand ab. Das schätzen nicht nur Start-ups oder zum Programmieren bekehrte Börsenmakler, sondern auch große Firmen wie Airbnb, Box, Uber und in Deutschland Drive Now. Sie nutzen Twilio, um ihren Kunden mehrere Kommunikationswege anzubieten und darüber Auftragsbestätigungen, Statusmeldungen zu Vorgängen und weitere Informationen zukommen zu lassen, die für den reibungslosen Ablauf einer Interaktion erforderlich sind.

Seit Dezember 2014 ist Twilio auch in Deutschland vertreten. Es arbeitet hierzulande mit Telefónica zusammen. Weitere Partner sind Microsoft, über dessen Azure-Plattform sich Twilio nutzen lässt, sowie IBM, dass einerseits seinen Kunden Twilio über die Bluemix-Plattform anbietet, andererseits aber Entwicklern über den Twilio-Markteplace auch die Fähigkeiten seiner Watson-Sparte zur Verfügung stellt.

Redaktion

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