Für den chinesischen Online-Marktplatz Alibaba scheint der in den vergangenen Jahren darüber abgewickelte, massenhafte Vertrieb von gefälschten oder patentverletzenden Produkten ein echtes Problem für das weitere Wachstum in den Industrienationen zu werden. Daher hat das Unternehmen am Freitag auf einer Konferenz in Hangzhou ein Online-System vorgestellt, mit dem sich Angebote gefälschter Produkte melden und entfernen lassen.
Wie Reuters berichtet, hat auf der Veranstaltung Jessie Zheng, als Alibabas Chief Platform Governance Officer die höchste Autorität in dem Unternehmen im Kampf gegen Produktpiraterie, Markenhersteller zudem aufgefordert, das System zu nutzen und dadurch nicht nur seinem Unternehmen zu helfen, sondern dadurch zum beiderseitigen Wohl tragen.
“Angesichts eines derart komplexen Problems können wir uns nicht nur übereinander beschweren oder uns gegenseitig kritisieren …Jeder muss mitmachen und wir müssen zusammenarbeiten” zitiert Reuters Alibaba-Manager Zheng. “Das geht uns beide an. Es kann nicht sein, dass Sie die Arbeit machen und ich nur zuschauen es kann aber auch nicht sein, dass ich die Arbeit mache und Sie nur darüber sprechen. Unsere einzige Wahl ist es, unsere Kräfte zu vereinen.”
Zheng spielt damit auch auf eine für Alibaba peinliche Episode an, als das chinesische Unternehmen nur wenige Wochen nach seinem Beitritt zur International AntiCounterfeiting Coalition auf Betreiben mehrere Inhaber von Luxusmarken, darunter Michael Kors und Gucci, aus dem Verband ausgeschlossen wurde. Sie sind, ebenso wie viele andere Hersteller, seit Jahren darüber erbost, dass sich Alibaba zunächst mit dem Hinweis darauf, nur der Marktplatzbetreiber und nicht der Anbieter zu sein, weitgehend aus der Verantwortung gestohlen hatte. Das galt sowohl für die internationale B2B-Site Alibaba.com als auch für den vor allem in China oder von Auslandschinesen genutzten Marktplatz Taobao.
Das Ausmaß des Problems zeigte eine Aktion im Vorfeld des Börsengangs von AliBaba in den USA im Herbst 2014. Dafür hatte AliBaba eigenen Angaben zufolge rund 132 Millionen Euro ausgegeben, um Fälschungen auf seinen E-Commerce-Plattformen zu entfernen. In der Zeit wurden damit rund 90 Millionen Angebote gelöscht.
Ob die neue Plattform die wirkungsvolle Bekämpfung erlaubt und ob sich die Markenhersteller darauf einlassen, ist derzeit noch unklar. Ebenfalls abzuwarten bleibt, wie nachhaltig das Anti-Piraterie-Engagement des Konzerns sein wird. Die Ankündigung könnte auch eine Aktion sein, um den erwarteten hohen Besuch im Zuge des G20-Gipfels in Alibabas Heimatstadt Hangzhou vorzubereiten. Dann, so Reuters, könnten mehrere Staatschefs, darunter auch US-Präsident Barack Obama, das Firmengelände besuchen.
Immerhin ist das nun vorgestellte “IP Joint-Force System” ein Schritt, die weniger umfangreichen Möglichkeiten, die es seit vergangenem Jahr für Betroffene gibt, Produktfälschungen aus den Marktplätzen löschen zu lassen, auszubauen und in der Handhabung effizienter zu machen. Etwas merkwürdig mutet nach wie vor dennoch an, dass der chinesische Konzern, der vor knapp zwei Jahren mit insgesamt 21,8 Milliarden Dollar das größte Initial Public Offering der US-Geschichte hingelegt hat, die Pflege seiner Plattformen zumindest zum Teil anderen aufbürden will. Ob er damit erfolgreich ist, wird davon abhängen, wie gut die damit den Vertrieb von Fälschungen tatsächlich eindämmen können.
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