Software Defined Mainframe bringt Cobol auf x86
“Gotthard” heißt eine Mainframe-Emulation des Schweizer Software-Unternehmens LzLabs. Mit ihr sollen sich Mainframe-Anwendungen ohne Veränderungen am Code migrieren lassen. Das Versprechen klingt fast zu gut, um wahr zu sein.
Mit dem Software Defined Mainframe will LzLabs Mainframe-Anwendungen ohne Veränderungen am Code beispielsweise auf Red-Hat-Linux oder auf Microsoft Azure migrieren. Ab sofort ist ‘Gotthard’ verfügbar und die Migration von Legacy-Mainframe-Anwendungen auf die SDM-Anwendung soll ohne Neukompilierung und ohne Konvertierung in ein anderes Datenformat möglich sein.
Mit Version 1.0, Codename ‘Gotthard’, stellt LzLabs in dem Software Defined Mainframe einen Managed Container bereit, der sämtliche Eigenschaften nachbaut, die ein Anwender auch auf dem Mainframe vorfindet, wie Online, Batch, Datenbanken, Datei- und Sicherheitssubsysteme.
Mit dem Software Defined Mainframe sei laut LzLabs die Verarbeitung von mehreren tausend Transaktionen pro Sekunde in Linux- und Cloud-Infrastrukturen möglich. Die Anforderungen, die Unternehmen an ihre Mainframe-Anwendungen haben, sollen vor allem im Hinblick auf Zuverlässigkeit, Skalierbarkeit, Wartbarkeit und Sicherheit dem des System z entsprechen.
Neben hoher Kompatibilität biete die LzLabs-Alternative auch eine hohe Performance. Anwender könnten damit ihre in einem Mainframe teuer betriebenen Anwendung auf kostengünstigere Plattformen verschieben. Dabei helfen Tools wie LzOnline, über das Anwender Transaktionen basierend auf Cobol unverändert in einem SDM laufen lassen. Die Elemente der Transaktionen sowie der Online-Subsysteme migrieren mitgelieferten Werkzeuge.
Migration ohne Code-Anpassung
LzLabs bietet für den Umstieg auch Migrationswerkzeuge, die den Schritt einer Mainframe-Anwendung in den Software Defined Mainframe erleichtern sollen. Verschiedene Managed Storage Facilities unterstützen zudem automatisierte Speicherklassen und –routinen. Diese sollen die Verwaltung von Datasets auf dem SDM automatisieren. Über die Mainframe System Utilities sorgt der Hersteller dafür, dass Anwender die bestehenden Prozeduren und Abläufe ohne Änderungen in SDM überführen können.
Darüber hinaus bietet LzLabs verschiedene Tools, über die sich Mainframe-Jobs ausführen lassen. Mit LzBatch etwa lasse sich eine Stapelverarbeitung remote oder lokal auslösen. Anwender können dafür eine Job Control Syntax zusammen mit einem Spool-Management verwenden. Mit LzRelational bietet das Schweizer Unternehmen Werkzeuge für die Migration von Mainframe-Datenbanken in eine relationale Datenbank. Neben einem Werkzeug für Authentifizierung und Autorisierungssubsystemen lassen sich auch Sicherheitspolicies aus dem Mainframe übertragen. Eine Dataset-Unterstützung für VSAM und andere Datenbankformate erlaubt die unveränderte Verwendung der meisten Track-basierten Datenformate. Hier verbleiben die Datasets unverändert in der Speichereinheit des SDM.
“Mehr als 5000 der weltweit größten Unternehmen verlassen sich auf Mainframes, wenn es um Online- und Batch-Verarbeitung auf Cobol-Basis geht”, so Mark Creswell, CEO von LzLabs. “Diese Unternehmen stehen jedoch vor dem Dilemma hoher Kosten, einem immer kleiner werdenden Kreis von Experten für diese Systeme und den Einschränkungen im Bereich Integration und Innovation.”
Rehosting von Mainframe-Anwendungen
Andreas Olah und Chris Bryan von IDC haben sich die Lösung von LzLabs genauer angeschaut und sehen darin tatsächlich eine Alternative zu bestehenden Mainframe-Rehosting-Lösungen, wie sie etwa von Micro Focus oder Oracle angeboten werden. Denn immer wieder sind Unternehmen mit dem Versuch gescheitert, Mainframe-Anwendungen von System z auf Industriestandard-Hardware zu migrieren.
“LzLabs bietet einen schnelleren und weniger disruptiven Ansatz, der in drei Schritten abläuft: Anwendungen werden aufgeteilt und können damit Schritt für Schritt migriert werden, was Risiken minimiert und auch die Anwendungsdaten können unverändert bleiben”, so die beiden Analysten. Die nativen Daten werden einfach auf ein Red Hat Linux migriert und und der gemanagte Software-Container bildet die Mainframe-Subsysteme nach, “so dass die Anwendungen nach wie vor glauben, auf der Originalplattform zu laufen.”
Solche Rehosting-Angebote werden jedoch allgemein kritisch betrachtet. Viele gescheiterte Migrationen illustrieren die Komplexität solcher Vorhaben. Und außerdem bietet der Mainframe auf Hardware-Ebene ganz klar umrissene Vorteile, die sich in x86 nicht ohne weiteres nachbilden lassen.
LzLabs nennt derzeit noch keine Pilotkunden beim Namen. Allerdings soll es derzeit “rund 20 Anwender” in verschiedenen Branchen wie im Finanzbereich und in der Automobilindustrie geben. Das privat geführte Unternehmen existiert seit 2011 und beschäftigt etwa 60 Mitarbeiter. Seit März gibt es eine Vorabversion des Software Defined Mainframes. Die wichtigsten Kooperationspartner des Unternehmens aus Wallisellen bei Zürich sind Red Hat und Microsoft.
Im zurückliegenden Jahr konnte IBM 50 Anwender als absolute Neukunden für den Mainframe gewinnen. Die Anwendungen, die auf diesen Plattformen laufen, sind meist von extrem hohen Datendurchsatz gekennzeichnet. Mehrere Studien dazu zeigen, dass es durchaus Fälle gibt, in denen ein Mainframe tatsächlich die wirtschaftlichere Plattform ist – zumal auch IBM z System inzwischen auch für mittelständische Anwender anbietet.
Diese Meinung vertritt auch Chris O’Malley, CEO von Compuware, einem Anbieter von Entwicklungstools für den Mainframe: “Es gab in der Vergangenheit tatsächlich immer wieder Versuche, den Mainframe abzulösen. Jedoch konnten Unternehmen letztlich dadurch keinen echten Vorteil gewinnen, im Gegenteil, die Alternativ-Systeme waren häufig langsamer, fehleranfälliger, komplexer und aufwändiger zu betreiben. Bis heute ist der Mainframe für viele Szenarien das mit Abstand performanteste, zuverlässigste und einfachste System: Transaktionen sind bis zu 60 Prozent kostengünstiger durchzuführen als mit anderen Lösungen. So gibt es keinen vernünftigen Grund, ihn abzulösen. Der Mainframe bleibt auch für die nächsten zehn Jahre wichtig, zumindest ist das die Meinung von neun von zehn Unternehmen, wie eine unserer Studien zu diesem Thema zeigt.”