IT-Riesen – Letzte Zuflucht in der Cloud?
Das traditionelle Kerngeschäft der großen IT-Anbieter bröckelt, Wachstum gibt es aber bei sämtlichen Anbietern vor allem bei Cloud-Angeboten. Gibt es irgendwann nur noch Software-as-a-Service?
Die aktuellen Bilanzen von Microsoft, IBM, Oracle und SAP sind nicht nur für Anleger interessant, sondern machen auch deutlich, dass in allen Fällen die Entscheidung, die Strategie auf die Cloud auszurichten, von Erfolg gekrönt ist, oder vielmehr, dass diese Entscheidungen von Erfolg gekrönt sein muss. Denn ohne die Cloud würden diese Unternehmen – von einigen Ausnahmen abgesehen – tendenziell kaum mehr Wachstum realisieren können.
Die hohen Zuwachsraten im Cloud-Business rühren natürlich auch daher, dass die Anbieter hier nach wie vor von einem vergleichsweise niedrigen Niveau herkommen. Microsoft Azure: 102 Prozent Wachstum, 56 Prozent Wachstum bei Oracles PaaS- und SaaS-Angeboten, IBMs Cloud-Runrate legt um 50 Prozent zu …
Dennoch, dieses Superwachstum der Cloud ist seit einigen Quartalen zu beobachten und wird wohl noch eine Weile vorhalten. Auch Oracle-Chairman und CTO Larry Ellison etwa geht davon aus, dass das “Hyper-Wachstum” noch bis über 2016 hinaus anhalten wird. Er hofft, dass Oracle nun die erste Cloud-Company wird, die bei SaaS und PaaS die Umsatzmarke von 10-Milliarden-Dollar-Marke knackt.
IDC betrachtet diese Entwicklung etwas nüchterner, prognostiziert aber in den nächsten Jahren ein durchschnittliches Wachstum von etwa 19,4 Prozent bei Public Cloud Services. 2015 wurden laut den Marktbeobachtern 70 Milliarden Dollar umgesetzt, 2019 sollen es dann 141 Milliarden sein. Etwa zwei Drittel dieses Marktes werden auf SaaS-Angebote entfallen.
Wenn die Vorreiterunternehmen mit neuen Services und Diensten Wachstum erzielen, dann bedeutet das auch, dass Cloud-Computing auch bei einem Großteil der Verbraucher und er Anwenderunternehmen zu einer wichtigen Komponente der eigenen IT-Strategie geworden ist. Zwar profitieren alle Anbieter von neuen Angeboten in der Cloud, dennoch haben diese neuen Felder für Microsoft, IBM, Oracle oder SAP jeweils einen anderen Stellenwert und lassen sich auch nicht direkt vergleichen.
Microsoft hatte bereits im ersten Quartal diese Kalenderjahres ein Cloud-Wachstum von etwa 120 Prozent gemeldet. Auch das zweite Quartal kann Microsoft mit einem deutlichen Wachstum der Cloud-Dienste abschließen. Die Bereiche Office 365 wachsen um 54 Prozent und Azure kann sogar um über 100 Prozent zulegen. Dynamics und dazugehörige Cloud-Services legen ebenfalls zu.
Neben Office 365 versucht Microsoft mit Azure so etwas wie den Windows Server in die Cloud zu heben. Bei den IaaS-Angeboten liefert sich Microsoft mit IBM ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz hinter Amazon Web Service.
Während IBM vor allem mit umfangreichen Entwickler-Diensten aus Bluemix zu punkten versucht, setzt Microsoft – wohl auch zu Recht – auf eine breite installierte Basis. Bemerkenswert in der Microsoft-Strategie aber ist, dass sich Redmond unter CEO Nadella in Riesenschritten verschiedenen Open-Source-Technologien öffnet und diese integriert.
Ein weiterer Schritt für Microsoft in die Cloud könnte der geplante Zukauf des Xing-Konkurrenten LinkedIn sein. Was Microsoft und IBM vereint, sind jedoch umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen. Aktuell wird gemeldet, dass IBM 30.000 neue Mitarbeiter für die Cloud einstellen will. In anderen Bereichen hingegen baut Big Blue Mitarbeiter ab.
Dennoch, tut sich nach wie vor IBM mit dem Übergang zu den neuen strategischen Wachstumsbereichen, zu denen neben Analytics und Mobile auch die Cloud gehört, offenbar am schwersten. Seit Jahren meldet IBM ein Quartal nach dem anderen mit rückläufigen Gewinnen.
Aktuell aber sorgt IBM für eine Überraschung, kann es doch die Erwartungen der Analysten übertreffen. Dafür sorgen, so heißt es bei IBM, vor allem das starke Cloud-Geschäft und die Zuwächse bei den so genannten “Strategic Imperatives”. Innerhalb der letzten 12 Monate habe IBM knapp 12 Milliarden Dollar umgesetzt und die Run-Rate von Cloud-Dienstleistungen stieg im Jahresvergleich um 50 Prozent auf knapp 7 Milliarden Dollar, teilt IBM mit.
Eine der wenigen Ausnahmen in diesem Reigen ist SAP. Der Marktführer bei Unternehmenslösungen kann auch im traditionellen Geschäftsfeld mithalten. Deutliche Zuwächse bei Lizenzen und Support, dem traditionellen Brot-und-Butter-Geschäft, das nach wie vor den größten Umsatzposten ausmacht, kennzeichnen das aktuell zu Ende gegangene Quartal der Walldorfer.
Daran dürfte vor allem die In-Memory-Technologie HANA verantwortlich sein. Denn in den vergangenen drei Monaten konnte SAP für die Echtzeit-Unternehmenslösung S/4HANA zahlreiche neue Kunden gewinnen, die bislang noch nicht mal SAP-Anwender waren.
Bei der Cloud legt SAP ebenfalls zu und das vor allem mit Angeboten, die die klassischen Unternehmensanwendungen, die wohl auch mittelfristig noch auf den Servern der Anwender betrieben werden, mit einer integrierten Cloud-Schicht ergänzen und damit agil machen, wie die HANA-Cloud-Platform. Neben einem Plus beim Cloud-Umsatz von 30 Prozent auf 721 Millionen Euro im zweiten Quartal bedeutet das ein Gesamtplus von 5 Prozent auf 5,24 Milliarden Euro, denn auch mit den Cloud-basierten Lösungen Concour, Fieldglass, SuccessFactors und Ariba kann SAP wachsen.
Oracle, das selbst von sich behauptet, als erster Anbieter den gesamten Stack in der Cloud abdecken zu können, meldet für die Monate April, Mai und Juni 1600 neue SaaS-Kunden und 2000 neue PaaS-Kunden “Alleine bei Fusion ERP konnten wir 800 neue Cloud-Kunden gewinnen. Derzeit hat Oracle fast 2600 Fusion-ERP-Kunden in der Oracle Public Cloud – das sind zehnmal so viele ERP-Kunden wie Workday vorweisen kann”, kommentiert Oracle-CEO Mark Hurd.
Und der Trend zur Cloud wird sich weiter verstärken, glaubt man den Vorhersagen von IDC: “In den zurückliegenen Jahren, hat sich die Software-Industrie immer mehr zu einem Cloud-First (SaaS)-Entwicklungs- und Deployment-Modell verändert. Bis 2018 werden die meisten Software-Anbieter vollständig auf eine SaaS/PaaS-Code-Basis umgeschwenkt haben”, erklärt Frank Gens, Senior Vice President & Chief Analyst bei IDC.
Was bedeute, dass viele Unternehmens-Software-Kunden bei Upgrades, künftig SaaS als die wichtigste Option angeboten bekommen. “Setzt man diese Teile zusammen, nämlich neue Cloud-native Lösungen und traditionelle Lösungen, die in die Cloud migriert werden, werden mehr und mehr Kunden und ihre Daten in die Cloud umziehen.”