Gute Zeiten für IT-Fachkräfte. Sie sind auf dem Arbeitsmarkt beliebt wie nie. So schreibt die Bundesagentur für Arbeit im Arbeitsmarktbericht vom März 2016, dass sich die Nachfrage nach IT-Fachleuten “auf Höchstniveau” bewegt. Die Ursachen sind nicht schwer auszumachen: “Das Vordringen der Informatik in nahezu alle Arbeits- und Lebensbereiche geht einher mit einem überdurchschnittlichen Zuwachs an Arbeitsplätzen für Computerfachleute in den letzten Jahren”. Viele Unternehmen haben sogar “Schwierigkeiten, ihre vakanten Stellen für hochqualifizierte IT-Experten zu besetzen”, heißt es in dem Bericht.
Grund dafür ist, dass die Unternehmen im Zuge der Digitalen Transformation ihre Geschäftsprozesse derzeit von analog auf digital umstellen. Im scharfen internationalen Wettbewerb setzen viele auch auf aktuelle Trends und digitale Innovationen, um für die Kunden weiter attraktiv zu bleiben. Diese Megatrends erfassen beileibe nicht nur für Unternehmen der Computerbranche. Betroffen davon sind alle Branchen.
Für Mitarbeiter und Arbeitnehmer ergeben sich drei Schlussfolgerungen. Gute Chancen haben erstens alle, die über IT-Know-how verfügen und zweitens alle, die sich per Weiterbildung entsprechende Kenntnisse aneignen. Drittens haben nicht nur die Kollegen mit dem Informatik-Diplom in der Tasche gute Chancen, sondern auch Quereinsteiger, sofern sie mit IT nicht gerade fremdeln und bereit sind, dazuzulernen.
Ein Beispiel, das diese Entwicklungen zeigt, findet man beim Autobauer Audi. Das Unternehmen arbeitet seit 2012 am Konzept “Audi City”. Das Konzept bietet den Kunden Schauräume, in denen sie ihr Wunschauto auf riesigen Video-Displays aus allen Winkeln betrachten können. Möglich wird das mit Techniken wie Cloud Computing und Virtual Reality.
Eine der zentralen Expertinnen bei der Realisierung der Audi City ist Ilka Bewerunge. Die Quereinsteigerin kommt eigentlich aus den Geisteswissenschaften, sie hat amerikanische Literaturwissenschaft studiert. Nun zieht sie beim prestigeträchtigen Hightech-Projekt des Autobauers Audi als IT-Expertin die Strippen. Im Interview erklärt Bewerunge, wie es dazu kam und welche Herausforderung der Job mit sich bringt.
silicon.de: Sie haben nach dem Abitur amerikanische Literaturwissenschaft studiert, jetzt arbeiten Sie als IT-Expertin bei Audi. Wie kam es dazu?
Ilka Bewerunge: Ich hatte im Nebenfach Wirtschaftsinformatik und als Studentin einen Job bei einem IT-Dienstleister. Man könnte vielleicht sagen, dass ich da so reingerutscht bin. Aber programmieren hat mir sofort sehr viel Spaß gemacht.
silicon.de: Sprache und IT, das klingt erst einmal gegensätzlich. Gibt es da Parallelen?
Bewerunge: Ja, durchaus. Wer programmiert, muss ja auch eine Sprache lernen. Man muss Vokabeln pauken und diese benutzen. Ich habe damals mit Makros angefangen und war überrascht, dass ich mit nur einem Code ganz viel auf einmal erledigen kann. Ich kann damit zehn Dokumente füllen, das fand ich sehr beeindruckend. Auch das Thema Datenspeicherung fand ich spannend.
silicon.de: Sie haben zehn Jahre als Entwicklerin gearbeitet, welche Fähigkeiten braucht man da?
Bewerunge: Neben Vokabeln lernen muss man Zusammenhänge gut verstehen können. Einen gut strukturierten Programmiercode mit verschiedenen Abhängigkeiten zu schreiben, das ist schon sehr komplex.
silicon.de: Programmieren Sie als Projektleiterin noch?
Bewerunge: Nein, dafür ist leider keine Zeit. Aber ich profitiere sehr von meiner Erfahrung. Man muss nicht programmieren können, um meinen Job zu machen, aber es muss ein Grundverständnis da sein. Wenn mir jemand sagt, da ist eine XML-Schnittstelle, die nicht programmiert ist oder nicht funktioniert, dann weiß ich genau, was das Problem ist. So kann ich den Kollegen sagen, an wen sie sich wenden können. Reines Projektmanagement ohne technisches Verständnis, das ginge einfach nicht.
silicon.de: Frauen sind nach wie vor rar in der IT. Welche Erfahrungen machen Sie in einem Team, in dem fast nur Männer arbeiten?
Bewerunge: Wichtig sind heute weniger das Geschlecht als Kompetenz und Erfahrung. Mit Fachinformatikern, Medientechnikern, Linux- und Windowsexperten und vielen mehr sind wir sehr vielseitig aufgestellt. Wir profitieren hier auch von den unterschiedlichen Charakteren und Eigenschaften der Kollegen. Ich nehme meistens schnell die Rolle der Pragmatikerin ein und packe gerne mit an.
silicon.de: Wie verändert Ihr Job den Verkauf von Autos?
Bewerunge: Ein wichtiges Schlagwort ist Individualisierung. Ein Händler kann nicht alle Modelle in allen erdenklichen Konfigurationen ausstellen. Das ändert sich mit den Audi Citys. Jeder kann sich seinen Neuwagen individuell konfigurieren und in Originalgröße auf riesigen Videowänden ansehen.
silicon.de: Wie nutzen Sie dabei Virtual Reality (VR)?
Bewerunge: Mit den VR-Brillen können sich Kunden in Zukunft auf den Fahrersitz beamen, um das Auto herumgehen oder den Motor inspizieren. Mein Job ist es dabei, für den Betrieb der Audi-City-Standorte zu sorgen. Dazu gehört, dass die Händler mit den aktuellen Daten versorgt werden, damit unsere neuen Fahrzeuge auch abbildbar sind.
silicon.de: Wo liegen da die Herausforderungen für die IT?
Bewerunge: Ich koordiniere ein Team vor Ort und externe Dienstleister. Wir müssen gewährleisten, dass das große Datenpaket aus Ingolstadt in den Audi-City-Standorten in Paris, Berlin, London, Peking, Istanbul oder Moskau sowie bei den Schauräumen weltweit ankommt. Die Hardware muss laufen, die Händler brauchen immer die aktuellste Software und die aktuellen Autodaten. Darüber hinaus wollen wir bis Ende des Jahres bereits 200 klassische Autohäuser mit digitalen Modulen aus der Audi City ausgestattet haben.
silicon.de: Wie leicht lässt sich Virtual Reality in den Audi Citys integrieren?
Bewerunge: Das Thema Virtual Reality entwickelt sich gerade rasend schnell. Aber in der Praxis muss das natürlich auch bis ins Detail reibungslos funktionieren. Die Bilder dürfen nicht ruckeln, die VR-Brille muss jedes neue Modell perfekt abbilden. Da muss man trotz aller Visionen auch mal auf den Boden der Tatsachen kommen.
silicon.de: Die IT prüft also die Betriebsfähigkeit dieser Visionen?
Bewerunge: Genau. Die IT muss garantieren, dass das Zusammenspiel mit allen anderen Komponenten funktioniert. Bei der Integration von VR wussten wir anfangs gar nicht, wie diese Komponente im System reagiert. Da müssen wir alle im Team brainstormen, was auf uns zukommt und wie wir mit möglichen Hindernissen umgehen.
silicon.de: Bringen Frauen bei solchen Projekten besondere Kompetenzen ein?
Bewerunge: Ich denke schon. Frauen achten eher auf Details, sie behalten dabei den Überblick. Was hilft, ist, während der Meetings gut zuzuhören.
silicon.de: Sie nutzen die Cloud, um Ihre Daten zu verteilen. Wo stehen die Rechenzentren?
Bewerunge: Es gibt ein zentrales Cloud-Datenzentrum in Europa. Dort laden wir unsere Daten hoch. Der Anbieter stellt eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung, sodass alle Stationen, die mit uns verbunden sind, sternförmig und gleichzeitig mit Daten versorgt werden.
silicon.de: Wie profitieren Sie von Cloud-Services?
Bewerunge: Wir nutzen sie, um die Datenbandbreite und das Datenvolumen entsprechend zur Verfügung zu haben. Aber genau diese Bandbreite brauchen wir nicht immer, wir können flexibel darauf zurückgreifen. So sparen wir Kosten, denn wenn wir keine Daten ausrollen, benötigen wir auch kein Transfervolumen. Die Herausforderung ist die Gleichzeitigkeit und die Geschwindigkeit, mit der wir Updates ausrollen.
silicon.de: Nach der Audi City: Was ist Ihr nächster Schritt?
Bewerunge: Mein nächstes großes Projekt ist es, den Ausbau und die Nutzung von Cloud-Service zu vertiefen. Konkret möchten wir in Zukunft die Geschäftsprozesse bei den Händlern digital unterstützen und damit die tägliche Arbeit in der Kundenbetreuung extrem vereinfachen. Insgesamt ist Digitalisierung innerhalb der Autobranche ist ein sehr spannendes Themen. Ich sehe mich zukünftig weiterhin in Rollen, die die Umsetzung dieser Themen unterstützen.
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