Filesharing-Abmahnungen: BGH klärt Pflichten des Anschlussinhabers
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes reicht es aus, wenn nachgewiesen wird, dass zum Tatzeitpunkt Dritte Zugang zum Anschluss hatten. Der Anschlussinhaber muss aber den oder die Täter nicht benennen und nur in zumutbarem, recht geringen Umfang Nachforschungen anstellen.
Der Bundesgerichtshof hat diese Woche eine für alle wegen Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing abgemahnten Inhaber eines Internetanschlusses wichtiges Urteil gefällt. Das oberste Gericht klärt damit eine nach einem Urteil 2014 offen gebliebene Frage. Damals hatte das Gericht festgestellt, dass der Anschlussinhaber nicht automatisch haftet, wenn zum Tatzeitpunkt andere, volljährige Personen Zugriff auf den Anschluss hatten. Jetzt legt es genauer fest, inwieweit der Anschlussinhaber dem Rechteinhaber und seinen Anwälten bei der Suche nach dem Täter helfen muss.
Rechtlich geht es dabei um Pflichten im Rahmen der sogenannten “sekundären Darlegungslast”. Etwas allgemeinverständlicher wird die Frage geklärt, inwieweit Inhaber eines Internetanschlusses Nachforschungen zum Täter anstellen müssen, um sich selbst vom Vorwurf einer darüber begangenen Urheberrechtsverletzung zu entlasten.
Mit dem sogenannten “BearShare Urteil” (Aktenzeichen I ZR 169/12) vom 8. Januar 2014 hatte der Bundesgerichtshof bereits festgestellt, dass – sofern zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere volljährige Familienmitglieder diesen Anschluss nutzen konnten – nicht einfach angenommen werden kann, dass der Anschlussinhaber der Täter ist und haftet. Allerdings muss er im Falle einer Abmahnung mitteilen, dass Dritte Zugriff hatten, wer diese Dritten sind und, dass sie als Täter in Betracht kommen. Um diese Informationen zu bekommen, seien jedoch nur “zumutbare Nachforschungen” anzustellen.
Jetzt legt der BGH genauer fest, was in dem Zusammenhang “zumutbar” ist – beziehungsweise hat in einem Fall entscheiden, was nicht zumutbar ist. Nach Auffassung des 1. Zivilsenats des BGH muss der Abgemahnte selbst nicht den Täter finden und diesen auch nicht benennen. „Der BGH hat in seiner gestrigen Entscheidung deutlich festgestellt, dass die Nachforschung lediglich auf den möglichen Zugriff und Namen des potenziellen Täters bezogen sind. Weitere Nachforschungen sind dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten”, erklärt Anwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke, die in dem Verfahren den Abgemahnten vertreten hatte. “Der Abgemahnte muss seine Familienangehörigen also nicht wie ein Staatsanwalt verhören oder ihre Computer durchsuchen. Das ist ein weiterer Sieg und Meilenstein im Kampf gegen die Massenabmahnungen in Filesharing-Verfahren”, so Solmecke weiter.
Im verhandelten Fall wurde der Anschlussinhaber für den Tausch eines Films abgemahnt. Er hatte sich damit verteidigt, dass er zu den Tatzeitpunkten des Downloads beruflich unterwegs war. Auch hatte seine Ehefrau in der Zeit Zugriff auf den Anschluss. Zudem teilte er mit, dass der von ihm verwendete Router zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung eine Sicherheitslücke aufwies. Er ging daher von einem unberechtigten Zugriff von außen aus.
Er stellte weder weitere Nachforschungen an noch untersuchte er den Computer der Ehefrau daraufhin, ob dort Filesharing-Software installiert ist. Als das Landgericht Braunschweig die Ehefrau des Beklagten als Zeugin vernahm, räumte sie zwar ein, dass sie den Internetanschluss genutzt hat, bestritt aber, den Film nicht zum Download bereitgestellt zu haben. Das Gericht stufte das als Schutzbehauptung ein. Demnach ist es trotz ihrer Aussage möglich, dass sie die Täterin ist. Allerdings kann es auch nicht abschließend bewiesen werden. Daher war das Landgericht Braunschweig nicht von der Täterschaft des Beklagten und hat ihn von der Haftung freigesprochen. Diese Entscheidung wurde nun vom BGH bestätigt.