Brexit wirkt sich auf IT-Ausgaben aus

Der drohende Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hat bereits erheblichen Einfluss auf die Ausgaben in der IT, prognostiziert das Marktforschungsinstitut Gartner.

Der Brexit gilt derzeit als einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Ausgaben in die IT-Infrastrukturen in Europa, wie aus den aktuellen Prognosen des Marktforschungsunternehmen Gartner hervorgeht. Demnach werden die IT-Ausgaben in Europa, im Mittleren Osten und in Afrika (EMEA) 2017 insgesamt eine Summe von 1,25 Billionen Dollar erreichen.

Damit könnten die Ausgaben um etwa 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ansteigen. Für das Jahr 2016 sehen die Marktforscher mehr oder weniger unverändert hohe Ausgaben. Im Jahresvergleich steigen die Budgets um rund 0,6 Prozent.

“Die Ausgaben im Bereich Digialisierung steigen in EMEA ständig an und wir werden einige führende Unternehmen sehen, die IT-Kernsysteme erneuern und Ausgaben für Software und vor allem Services als Teil der digitalen Transformation hochfahren werden”, so John-David Lovelock, Research Vice President bei Gartner.

(Bild: Shutterstock)
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Die Ausgaben für Geräte werden in allen Ländern der Region zurückgehen und damit auch insgesamt die Ausgaben für IT drücken. Die Budgets für Software und IT-Services hingegen sollen stark anwachsen. Ausgaben in Software steigen im laufenden Jahr um 6 Prozent und könnten 2017 einen Zuwachs von 6,8 Prozent erreichen. IT-Services werden 2016 im Vergleich zu 2015 ein Wachstum von 3,8 Prozent erreichen und 2017 auf 4,1 Prozent ansteigen.

Bislang galt die Faustregel, dass wachsende Ausgaben für Software auch auf der Hardware-Seite Investitionen nach sich ziehen. Weil aber immer mehr Unternehmen Software auch als Service konsumieren, steigen Ausgaben für Rechenzentren nicht so stark: 2016 werden es der aktuellen Gartner-Prognose zufolge 1,6 und 2017 nur noch 1,4 Prozent sein.

Table 1. EMEA IT Spending Forecast (Millions of Constant US Dollars)

 

 

2016 Spending 2016 Growth (%) 2017 Spending 2017 Growth (%)
Data Centre Systems 58,163 1.6 58,953 1.4
Software 112,244 6.0 119,842 6.8
Devices 206,238 -3.7 204,660 -0.8
IT Services 327,676 3.8 341,133 4.1
Communications Services 526,782 -0.9 530,397 0.7
Overall IT 1,231,103 0.6 1,254,986 1.9

Source: Gartner (November 2016)

Unternehmen in Westeuropa sehen deutliche Veränderungen durch den Brexit. Das schlägt sich auch in den IT-Ausgaben nieder. Vor allem durch das geschwächte Pfund sind die Preise für IT-Produkte 2016 in Großbritannien deutlich gestiegen.

“Wenn die Preise für Güter steigen, dann verändern Verbraucher und Unternehmen ihr Kaufverhalten und die einfachste Reaktion ist die, weniger gut ausgestattete Produkte zu kaufen”, so Lovelock. “Weil es aber im Vereinigten Königreich auch brauchbare Cloud-Angebote gibt, verschieben viele Anwender Ausgaben auch in andere Bereiche – sie kaufen Computing-Ressourcen in Form von Services und nicht als Server.” Lovelock ist sich sicher, dass sich dieser Trend 2017 noch verstärken wird.

Besonders auffällig seien auch die Ausgabenentwicklung im Banken-Sektor. Hier würden vor allem Institute in Frankreich und Deutschland derzeit in Software und Services investieren, um sich darauf vorzubereiten, wenn sich die Aktivitäten nach dem Vollzug des Brexit aus London weg verlagern.

Table 2. Western Europe IT Spending Forecast (Millions of Constant US Dollars)

  2016 Spending 2016 Growth (%) 2017 Spending 2017 Growth (%)
Data Centre Systems 42,274 1.8 42,679 1.0
Software 91,952 5.3 97,641 6.2
Devices 113,701 -5.5 110,899 -2.5
IT Services 292,265 3.8 304,281 4.1
Communications Services 250,521 -3.1 248,021 -1.0
Overall IT 790,712 0.2 803,521 1.6

Source: Gartner (November 2016)

Auch in Westeuropa werden mit 292 Milliarden US-Dollar die Ausgaben in IT-Services der größte Bereich sein. 2017 wird dieser Bereich laut Gartner um 4,1 Prozent wachsen. Der Rückgang bei Geräten fällt in dieser Region mit 5,5 Prozent noch deutlicher aus als in der gesamten EMEA-Region. Im nächsten Jahr werde der Betrag noch einmal um 2,5 Prozent schrumpfen und auch 2018 erwarten die Marktbeobachter sinkende Umsätze mit Geräten.

Einer Umfrage von StepStone zufolge kann sich nach dem Brexit ein Drittel der hochqualifizierten Briten vorstellen, ihre Karriere in einem anderen EU-Land fortzusetzen. 600.000 Briten planen bereits konkret einen Jobwechsel. (Grafik: StepStone)
Einer Umfrage von StepStone zufolge kann sich nach dem Brexit ein Drittel der hochqualifizierten Briten vorstellen, ihre Karriere in einem anderen EU-Land fortzusetzen. 600.000 Briten planen bereits konkret einen Jobwechsel. (Grafik: StepStone)

Lovelock führt das vor allem auf den mobilen Bereich zurück. “Die Adoption bei Mobiltelefonen ist nahe am Sättigungspunkt – praktisch jeder Nutzer, der ein neues Smartphone will, hat bereits eines.” Daher sei dieser Markt jetzt auch auf einen Replacement-Cycle eingeschwungen und die Preise für mobile Geräte hätten damit ein Plateau erreicht. Daher müssten auch Kommunikationsanbieter noch starker als bisher über den Preis vermarkten. In der Folge müssen sie also mehr Services zum gleichen Preis anbieten und auch Rabatte auf bestehende Verträge geben.

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Die Verkäufe von Smartphones werden eine Stückzahl von 147 Millionen erreichen, was eine Wachstum von etwa einem Prozent entspricht. 2017 könnten die Verkäufe nochmal um 4,7 Prozent zulegen. Dafür werden vor allem neue – meist chinesische Anbieter – mit günstigen neuen Modellen aus dem Premium-Segment sorgen.

Ähnliches scheint für den PC-Markt zu gelten. In Westeuropa werden 2016 knapp 48 Millionen Geräte verkauft werden und 2017 werde diese Zahl um etwa drei Prozent zurückgehen. Für britische Einkäufer hingegen dürften die PCs im Schnitt um 10 Prozent teurer werden. Die Händler werden versuchen, weniger Features anzubieten, um das Preisniveau stabil zu halten.

Nicht nur auf die IT-Ausgaben hat das Referendum der Briten Auswirkungen, sondern auch auf die Planung, wie eine aktuelle Studie unter Finanz-Managern von Oracle ergibt. Viele Unternehmen seien von dem Ausgang der Abstimmung überrascht worden, heißt es da. Für 55 Prozent der deutschen Firmen (46 in EMEA) sei die Planung durch den drohenden Ausstieg der Briten komplexer geworden. 49 Prozent (44 Prozent der befragten EMEA-weit) entwickeln daher jetzt Pläne für unterschiedliche Szenarien, die sie regelmäßig aktualisieren, damit ihr Unternehmen für die jeweilige Entwicklung gewappnet ist.

Sowohl in Deutschland als auch im Gesamtdurchschnitt der Befragten rechnet gut die Hälfte der Finanzchefs mit “bedeutenden Veränderungen” im Wettbewerbsumfeld. 51 Prozent respektive 50 Prozent gehen davon aus, dass durch den Brexit mehr Unternehmen Probleme bekommen werden. In der Folge könnte es dann verstärkt zu Akquisitionen oder Fusionen kommen, nehmen 55 beziehungsweise 59 Prozent an. 31 Prozent (32 in EMEA) wollen daher Ausgaben auf das Nötigste beschränken. 46 Prozent planen jedoch auch weiterhin in Wachstum zu investieren, sofern sich dafür eine günstige Gelegenheit bietet. Tendenziell werden sie dabei laut eigener Einschätzung lediglich etwas vorsichtiger vorgehen.