Ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofes verändert die Spielregeln bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing grundlegend. Die im Mai getroffene und jetzt veröffentlichte Entscheidung des BGH (Akteneichen I ZR 48/15) stellt statt der bisher in der Regel angenommenen Verjährungsfrist von drei Jahren eine Frist von zehn Jahren fest.
Damit haben Rechteinhaber die Möglichkeit, Ansprüche, die durch Urheberrechtsverletzungen in sogenannten Tauschbörsen im Internet deutlich länger durchzusetzen als bisher. “Die überwiegende Mehrheit der deutschen Gerichte nahm an, dass Schadenersatzansprüche der Film- und Musikindustrie bereits nach drei Jahren verjähren“, kommentiert der Berliner Rechtsanwalt Johannes von Rüden von der Kanzlei Werdermann | von Rüden.
Die deutlich längere Frist ist dem Anwalt zufolge, der auch beim Portal Abmahnhelfer.de aktiv ist, auf eine andere Einstufung des Anspruchs der Rechteinhaber zurückzuführen. Wie von Rüden erklärt, wurde bislang für den Zeitraum die für die Verjährung eines Schadenersatzes übliche Frist angenommen. Laut BGH geht es aber in Verfahren zur Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing in Tauschbörsen um die Verjährung eines so genannten “bereicherungsrechtlichen Anspruchs”.
Dazu erklärt von Rüden: Dieser würde nach § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 852 BGB erst 10 Jahre nach seiner Entstehung verjähren. Begründet wird dies damit, dass sich der Anschlussinhaber durch das Herunterladen der Datei als Eigentümer aufführt und in Rechte eingreift, die nur dem Eigentümer zustünden.” Da dieses Recht nicht “körperlich” herausgegeben werden könne, ist der Anschlussinhaber dann zum Wertersatz verpflichtet. Dieser Wertersatz entspricht der Höhe des Schadenersatzanspruchs.
Nach Ansicht des Berliner Anwalts dürften “von der neuen Verjährungsfrist Hunderttausende Anschlussinhaber betroffen sein.” Er schränkt allerdings ein: “Wer in den vergangenen Jahren bereits erfolglos auf Schadenersatz in Anspruch genommen wurde, braucht nicht mehr mit einer Klage zu rechnen. Auch wenn das Gericht damals den Anspruch wegen der dreijährigen Verjährung abgewiesen hat.”
Alle anderen, die schon Abmahnungen bekommen haben oder künftig noch bekommen, werden sich in den kommenden Jahren jedoch warm anziehen müssen. Denn offenbar haben auch Vertreter der Urheberrechtsinhaber, insbesondere die Münchner Rechtsanwaltskanzlei Waldorf Frommer oder Rechtsanwalt Daniel Sebastian aus Berlin, die regelmäßig Schreiben mit Forderungen zwischen 600 und 700 Euro für das Herunterladen eines einzigen Musiktitels aus einem Album oder eines aktuellen Kinofilms versenden, die sich aus dem Urteil des BGH ergebenden Möglichkeiten bereist erkannt. “Aus einer gegnerischen Kanzlei haben wir bereits gehört, dass nach dieser Klarstellung noch ‘etwas größeres’ kommen wird”, so von Rüden.
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