Avaya flüchtet sich in Gläubigerschutz

Bei den Fußball-Weltmeisterschaften in Japan und Südkorea sowie vier Jahre darauf in Deutschland versuchte http://www.silicon.de/39178843/avaya-teilt-sich-fussball-kommunikation-mit-telekom/ das damals gerade erst aus dem Lucent-Konzern hervorgegangene Avaya seinen Namen mit einer enormen Werbekampagne in den Markt zu tragen, heute kämpft das Unternehmen darum, sich überhaupt noch zu qualifizieren, um an der Weltspitze mitspielen zu können. Denn trotz zahlreicher und langjähriger Bemühungen, die Firma umzubauen, hängt den Verantwortlichen das Geschäft mit Telefonie- und Netzwerkhardware wie ein Klotz am Bein. Der Antrag auf Gläubigerschutz nach Chapter 11 in den USA soll nun helfen, das gründlich zu ändern.

Avaya betont, dass der Schritt die europäischen Landesgesellschaften nicht betrifft. Außerdem wollen die Verantwortlichen ihn nicht als Insolvenz- oder Bankrotterklärung verstanden wissen. Damit haben sie zumindest zum Teil Recht: Der Gläubigerschutz in den USA ist wesentlich stärker als eine deutsche Insolvenzerklärung darauf ausgerichtet, dem Unternehmen ein Weiterbestehen zu ermöglichen.

CEO Kevin Kennedy erklärt, der Schritt gebe Avaya die notwendige Freiheit, seine Finanzstrukturen in Ordnung zu bringen. Er sei nicht Ausdruck einer Schwäche des Geschäfts. Das zu glauben fällt allerdings schwer, schließlich berichtete das Unternehmen zuletzt erneut Verluste. Es gibt jedoch offenbar Geldgeber, die in den Umbauplänen Potenzial sehen, Sie unterstützen sie mit einem weiteren Kredit in Höhe von 725 Millionen Dollar.

“Avayas derzeitige Kapitalstruktur ist über 10 Jahre alt und wurde aufgesetzt, um ein auf Hardware ausgerichtetes Geschäftsmodell zu unterstützen, dass sich seit damals erheblich weiterentwickelt hat“, so Kennedy. Unser Geschäft läuft gut und wir sind zuversichtlich, dass wir aus diesem Prozess stärker als je zuvor hervorgehen können“. Der nun beantragte Gläubigerschutz sei lediglich auf die Notwendigkeit zurückzuführen, die Schulden neu zu ordnen, er sei in keinster Weise auf Schwächen im laufenden Geschäft oder dem Geschäftsmodell zurückzuführen, behauptet Kennedy.

Die nackten Zahlen sprechen eine etwas andere Sprache: Der Umsatz ging den soeben vorgelegten Quartalszahlen zufolge, weltweit von einer Milliarde im vergleichbaren Vorjahresquartal auf 958 Millionen Dollar zurück. In Europa sank er von 239 auf 217 Millionen Dollar. Der Verlust kletterte dagegen von 76 auf 505 Millionen Dollar. Im gesamten Geschäftsjahr schrieb die Firma Verluste in Höhe von 750 Millionen Dollar. Verbesserungen gab es dafür bei den Margen (siehe Grafik).

Auch die Suche in den vergangenen Monaten nach einem Käufer für das Call-Center-Geschäft, bei dem Avaya in Deutschland unter anderem mit T-Systems zusammenarbeitet, sind ein Indikator dafür, dass die Firma grundsätzlich umgebaut werden muss, wenn sie weiterbestehen will. Diese Suche muss nun aufgrund des Chapter-11-Antrags aber zunächst ruhen. Wie lange der Gläubigerschutz gelten wird, ist derzeit noch unklar.

Vor fast 10 Jahren haben die Investoren Silver Lake und TPG Capital für 8,2 Milliarden Dollar Avaya gekauft. Damals wurden dann auch die Avaya-Stammaktien von der Börse genommen. Entstanden war Avaya als Spin-Off von Lucent Technologies im Jahr 2000. In Deutschland baute das Unternehmen seine Präsenz 2004 durch die Übernahme von Tenovis (ehemals Bosch Telecom und davor Telenorma) erheblich aus.

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Der Kauf der heruntergewirtschafteten Reste von Nortel Networks 2009 für rund 900 Millionen Dollar brachte Avaya auch in Deutschland Zugang zu dessen Kunden, weltweit kam dadurch einiges an Netzwerktechnologie hinzu. Die mit dem Kauf verknüpften Hoffnungen erfüllten sich jedoch kaum.

So wie die Siemens-Telefonanlagensparte letztlich dem Siegeszug der IP-Telefonanlagen zum Opfer fiel, wird Avaya durch das Vordringen cloud-basierender Kommunikationsangebote der Teppich unter den Füßen weggezogen. Immerhin hat das Unternehmen inzwischen reagiert und im vergangenen Jahr eine eigene, cloud-basierende Lösung für den Mittelstand vorgestellt. Allerdings steckt es eben nach wie vor in dem Dilemma, zwei Welten bedienen zu müssen und hat so wie viele andere, einst erfolgreiche Technologielieferanten gegenüber ein auf die jeweils neue Welt in ihrem Segment ausgerichteten Anbietern erhebliche Nachteile.

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[mit Material von Steve McCaskill, silicon.co.uk]

Redaktion

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