Cumulocity: unbekannter Motor vieler IoT-Plattformen
Am Anfang stand eine Idee. “Wir haben registriert, dass Hardware und Vernetzung jedes Jahr 20 bis 30 Prozent billiger werden. Nur Software blieb teuer. Wir wollten deshalb eine IoT-Lösung entwickeln, die für jeden günstig nutzbar ist und sahen unsere Chance dafür in einem native-Cloud-Ansatz”, erklärt Cumulocity-CEO Bernd Groß, warum sein Team, damals noch bei Nokia, 2010 in die Entwicklung der gleichnamigen IoT-Plattform einstieg.
Seit 2011 ist diese Plattform nun am Markt und wird in der Regel als White-Label-Produkt vertrieben, beispielsweise an eine Reihe von Providern, die ihren eigenen Service darauf aufbauen. Der hierzulande bekannteste von ihnen ist T-Systems. Dort basiert ein aktuelles IoT-Serviceangebot, die Cloud der Dinge, auf der Plattform von Cumulocity.
Mit dieser Strategie ist Cumulocity bisher gut gefahren: Das Unternehmen hat inzwischen 75 Mitarbeiter, 200 internationale Kunden und könnte bereits schwarze Zahlen schreiben – die Umsätze liegen im zweistelligen Millionenbereich. “Wir wollen im Moment aber lieber expandieren”, sagt CEO Bernd Groß. Es steht der Aufbau diverser ausländischer Niederlassungen an: in Singapur, in China und Indien und in Australien. Groß’ Philosophie: “Letztlich verkaufen wir nicht eine IoT-Plattform, sondern die Digitalisierung ganzer Firmen.”
Groß und sein Team haben Cumulocity, das zunächst seine Zentrale in Mountain View, Kalifornien, bei Nokia hatte, 2012 durch einen mit Wagniskapital ermöglichten Management-Buy-Out erworben. Sie verlegten dann die Zentrale nach Düsseldorf, “weil viele von uns von dort kamen”, so Groß. Neben privatem Geld der Gründer steckt in der Firma Kapital des High-Tech-Gründerfonds und eines Familienfonds.
Geschäftsmodell White Label
Neben T-Systems setzen auch der australische Mobilcarrier Telstra, Telia Sonera, Etisalat, ein wichtiger Provider im Nahen Osten und Nordafrika sowie, auf dem Mobile World Kongress verkündet, die japanische Firma NTT Cumulocity ein. Auch die Software AG hat die Plattform in ihr IoT-Angebot integriert. Mit Cisco Jasper arbeitet das Start-up ebenfalls zusammen.
Das mittelständische Unternehmen Sensortechnik Wiedemann, das früher Sensoren für die Industrie fertigte, vermarktet nun mit Hilfe der Plattform intelligente Sensor-Services. Der Kompressorenhersteller CompAir hat seine Geräte mit Sensoren ausgerüstet und bietet, ermöglicht durch die gesammelten Daten, seinen Kunden vorbeugende Wartung an. Und beim Bayernwerk, Teil des Energieproviders E.on, hilft sie, das intelligente Smart Grid zu realisieren, das bis in die tiefste Ebene des Stromnetzes hinein regelbar werden soll. Bisher hörten die aktiven Regelmöglichkeiten dort mangels Sensoren und datenbasierender Feedback-Schleifen spätestens auf der Mittelspannungsebene weitgehend auf. Doch das ist im Zeitalter der erneuerbaren Energien nicht mehr sinnvoll. Auch Nespresso hat seine Kaffeemaschinen mit Sensoren ausgerüstet und liefert nun Kunden unaufgefordert genau die Pads nach, die gerade ausgehen.
Cumulocity verdient an jedem Gerät, das irgendwo an eine Plattform-Implementierung angeschlossen ist. Ein Gerät kostet bis zu 3 Euro pro Monat, wobei die Preise mit der Zahl der Geräte stark nach unten gehen. “Bei Anwendungen im LPWAN (Low Power WAN) mit Millionen von Devices geht das in den Cent-Bereich”, sagt Groß.
IoT-Services ohne Programmieren realisieren
Derzeit ist Cumulocity in Version 8.0 erhältlich. Anders als mancher andere Plattform-Provider realisiert der Anbieter nicht selbst die Anbindung von Endgeräten. Man versucht, durch die Unterstützung von derzeit 300 Maschinenprotokollen und mit frei per Drag-and-drop konfigurierbaren REST-APIs sehr flexibel zu sein. Ein LPWAN-Broker ermöglicht die Integration von IoT-Endgeräten, die Spezialprotokolle wie Sigfox nutzen. Zur Flexibilität gehört, dass die einzelnen Module der Plattform unabhängig voneinander erhältlich sind wie bei den meisten Konkurrenten.
Im Bereich IoT gibt es zahlreiche Initiativen und Konsortien, bislang laufen diese Bestrebungen jedoch überwiegend parallel nebeneinander her. Doch damit dies alles überhaupt funktionieren kann, braucht man neben neuen Produkten auch neue Standards – insbesondere für die Kommunikation der Geräte untereinander und für die Sicherheit. silicon.de gibt einen Überblick.
Zu den Kernbestandteilen der Lösung gehört, dass für jeden Maschinentyp ein Datenmodell im System hinterlegt wird, das Anwender dann nach ihrem Bedarf interaktiv konfigurieren können. Sie können mit einem digitalen Device-Simulator das Verhalten der Geräte auch vor der Inbetriebnahme simulieren. Software müssen sie dafür nicht schreiben. “Die Daten angeschlossener Maschinen tauchen ohne Programmierung im Dashboard auf”, erklärt Groß.
Das Dashboard, die Visualisierungsschicht der Plattform, kann jeder Kunde individuell gestalten, also Parameter, Alarme und anderes mehr festlegen. Die Maschinenmodelle eines Kunden fließen zudem in eine weltweite Datenbank für diesen Kunden ein, so dass Mitarbeiter von allen Standorten auf sie zugreifen können.
Das Device Management verwaltet alle angeschlossenen Geräte. Dazu gehören das Aufspielen von Upgrades und Patches, eine Schnittstelle für den direkten Gerätezugriff, die Steuerung und Überwachung der Netzverbindung zu jedem Device, die Gruppensteuerung mehrerer Geräte und die Fehlerbehebung. Die von den Endgeräten gelieferten Daten fließen in eine MongoDB, auf die die Echtzeitanalyse und die Verarbeitung auch komplexer Ereignisse aufgelagert sind. Für letzteres nutzt Cumulocity Open-Source-Technologien.
In die Echtzeit-Datenanalyse und das Complex Event Processing (CEP) lassen sich auch externe Daten einbinden. Weitere Besonderheit ist eine Regel-Engine, mit der sich eigene Regeln ohne Programmierung durch die Eingabe von Zahlen in eine interaktive Benutzerschnittstelle generieren lassen. Dabei kann eine Regel theoretisch unbegrenzt viele Parameter einbinden – realisiert wurden bisher Regelungetüme mit bis zu 25 Parametern.
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Aufgelagert ist eine Schicht für die Entwicklung individueller Anwendungen, wobei diese Apps in Cumulocity gespeichert und dort auch ihr Lebenszyklus verwaltet wird. Sie können mit mitgelieferten Widgets, dem eigenen Logo und anderem angereichert werden. Die Kunden entwickeln ihre Anwendungen mit AngularJS, einem auf dem Client arbeitenden Java-Script-Framework, mit dem man einseitige Webanwendungen erstellen kann. Mobile Anwendungen lassen sich auch mit REST schreiben. Bisher wurden laut Anbieter über 600 SaaS-Applikationen auf Cumulocity aufgebaut.
Für die Sicherheit konnte Cumulocity auf den Erfahrungen von Nokia aufbauen. Die Plattform wurde von Anfang an multimandantenfähig konzipiert. Jeder Kunde hat einen von allen anderen abgetrennten, verschlüsselt gespeicherten Datenbestand, der auch das Anlegen von Unterkunden ermöglicht – wichtig für das Geschäft von Service Providern. Zwei-Faktor-Authentifizierung ist möglich, das globale Rechtemanagement ist rollenbasiert. Die ans Cumulocity-IoT angebundenen Geräte haben keine offenen Ports und die Daten werden auch auf dem Transport mit TLS A+ verschlüsselt.
Fragt man Groß nach Weiterentwicklungsplänen, sagt er ganz unbescheiden: “Wir wollen der größte unabhängige IoT-Plattformanbieter der Welt werden.” Die Chancen dafür ständen gut – schließlich gewinne man anspruchsvollste Kunden wie etwa Telstra, “ohne auch nur einen Mitarbeiter vor Ort zu haben.” Gut möglich aber auch, dass sich ein Großunternehmen, das im aufstrebenden IoT-Geschäft Boden gut machen möchte, irgendwann das erfolgreiche Start-up wieder einverleibt – es wäre nicht das erste Mal.