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Urteil: Facebook darf Eltern Zugriff auf Account ihres verstorbenen Kindes verweigern

Facebook muss den Eltern eines verstorbenen, 15-jährigen Mädchens keinen Zugriff auf deren Konto gewähren. Das hat das Kammergericht Berlin jetzt entschieden. Es kippt damit die Entscheidung der Vorinstanz. Das Landgericht Berlin hatte im Januar 2016 noch erklärt, die Eltern hätten Anspruch auf Zugang zum Facebook-Konto des verstorbenen Kindes. Dagegen hatte Facebook Berufung eingelegt. Dem Kammergericht zufolge steht der Schutz des Fernmeldegeheimnisses dem Anspruch der Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikation ihrer Tochter mit Dritten zu erhalten.

“Die heutige Entscheidung des KG Berlins ist nachvollziehbar, auch wenn das Ergebnis wenig wünschenswert ist. Die Richter sind Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gefolgt und haben E-Mails und Chat-Protokolle, die noch auf einem Server im Internet liegen unter den Schutz des Fernmeldegeheimnisses gestellt”, erklärt Anwalt Christian Solmecke dazu. Er geht davon aus, dass in einem möglichen Revisionsverfahren auch der Bundesgerichtshof so entscheiden wird. Hätte allerdings im vorliegenden Fall die Staatsanwaltschaft den Verdacht gehabt, das Mädchen sei gemobbt oder bewusst getötet worden, hätte sie die Chat-Protokolle von Facebook verlangen können.

Nach Ansicht von Juristen ist nun der Gesetzgeber gefragt. “Es ist wichtig, dass das digitale Erbe künftig genauso wie das analoge Erbe behandelt wird. Wenn Eltern Briefe und Tagebücher ihrer Kinder erben und lesen dürfen, muss das auch in der online Welt möglich sein”, so Solmecke, der sich bereits früher ausführlich mit dem Auskunftsanspruch der Erben auf den digitalen Nachlass (PDF) beschäftigt hat.

Fernmeldegeheimnis verhindert zeitgemäße Regelung

Laut Solmecke greift das Fernmeldegeheimnis nur, wenn E-Mail und Chats noch auf dem Server liegen. Abgerufene Chats und E-Mails dürften hingegen gelesen werden. „In Zeiten von Cloud-Computing ist diese Rechtsprechung nicht mehr zeitgemäß. Künftig werden Daten nie mehr lokal, sondern immer auf einem entfernten Server liegen. Insofern müssen Gesetze geschaffen werden, die zumindest für Erben eine Lockerung des Fernmeldegeheimnisses vorsehen“, so der Anwalt weiter.

Anbieter mit Sitz in Deutschland müssen derzeit einen Erben anerkennen und ihm Zugriff gewähren, wenn der einen Erbschein oder ein notarielles Testament vorlegen kann. Andernfalls kann der zumindest die Sterbeurkunde vorlegen und den Account löschen lassen. Wollen Erben Zugriff auf den Google-Account eines Verstorbenen erhalten, müssen sie den Erbschein übersetzen lassen und bei Google hochladen, damit vor einem Gericht in Kalifornien eine Beschluss erwirkt werden kann, mit dem Google den Account dann öffnet.

Vorsorge für das digitale Erbe treffen

Wer seinen Erben derartige Umstände ersparten will, kann bei Google über den Inactive Account Manager eine vertrauenswürdige Person angeben, die im Fall längerer Untätigkeit benachrichtigt wird. Bei Facebook gibt es die Möglichkeit, über die Besondere Anfrage bezüglich des Kontos einer verstorbenen Person deren Konto entweder in den Gedenkzustand versetzen zu lassen oder zu löschen. Dafür ist verständlicherweise zumindest ein Foto der Sterbeurkunde erforderlich, das zusammen mit der Anfrage hochgeladen werden muss.

Außerdem gibt es diverse Dienstleister die versprechen, sich im Todesfall im Sine des Verstorbenen um den digitalen Nachlass zu kümmern oder Teile davon für Angehörige nach seinen Vorgaben bereitzustellen. Dazu gehören etwa in Deutschland Angebote wie Somnity, Meminto oder die Münchenr Firma Digitales Erbe Fimberger oder das schon länger am Markt aktive US-Unternehmen Vitallock.

Außerem scheint gerade eine in den USA entstandene, neue Berufsgruppe in Deutschland Fuß zu fassen: Der “digitale Bestatter”, der sich um des Erbe im Internet kümmert. Einen davon gibt es etwa seit kurzem in der Nähe von Karlsruhe. Zusammen mit Bestattungsunternehmen verspricht zudem die Berliner Firma Columba Hinterbliebenen die Ermittlung von Nutzerkonten und Profilen zu übernehmen, dafür zu sorgen, dass die ermittelten Verträge übertragen oder gekündigt werden und unnötige Kosten vermieden respektive Guthaben gesichert werden.

Allerdings sind auch diese Dienstleister nicht für die Ewigkeit: So können zum Beispiel beim Angebot Anera aus unbekannten Gründen “aktuell keine neuen Accounts eröffnet werden”. Und das etwa zeitgleich mit Vitallock entstandene Legacy Locker, das Passwörter Verstorbener an deren Erben aushändigen wollte, ist inzwischen verschwunden.

Redaktion

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