Vorratsdatenspeicherung durch Bundesnetzagentur ausgesetzt

Die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zum 1. Juli 2017 wurde jetzt von auch von der Bundesnetzagentur ausgesetzt. Die Behörde reagiert damit auf einen Gerichtsbeschluss und wartet den Ausgang des Hauptverfahrens ab. Anordnungen oder Bußgeldverfahren wegen einer nicht erfolgten Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung können damit derzeit nicht eingeleitet werden.

Kurz zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht Münster die ab 1. Juli geltende Regelung zur Vorratsdatenspeicherung bestimmter Verkehrs- und Standortdaten von Nutzern von Internet- und Telefondiensten gekippt. Der Internetprovider SpaceNet hatte, unterstützt von eco, bereits im April 2016 gegen Regelung geklagt erhoben. Die im Dezember 2015 eingeführte Pflicht ist nach Ansicht der Richter nicht mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. In einer Pressemitteilung heißt es dazu der Beschluss ist “unanfechtbar”.

So haben im Oktober 2015 im Bundestag die Fraktionen über das Gesetz abgestimmt. Statt “Vorratsdaten” wurden hier über so genannte “Speicherfristen Verkehrsdaten” behandelt. (Screenshot: ITespresso.de)

Das Gericht bezieht sich auf den Paragraph 113a des Telekommunikationsgesetzes. Er sieht eine “Verpflichtung zur Speicherung der Verkehrsdaten” vor. Ab 1. Juli sollten Anbieter Verkehrsdaten wie Rufnummern sowie Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende einer Verbindung für mindestens zehn Wochen vorhalten. Das sollte auch für die Verkehrsdaten von Kurz- und Multimedianachrichten gelten – auch im Fall von erfolglosen Kommunikationsversuchen. IP-Adressen sowie Benutzerkennungen von Internetnutzern sollten die Diensteanbieter ebenfalls auf Vorrat speichern. Standortdaten sollte eine Aufbewahrungsfrist von vier Wochen gelten.

Oliver Süme, eco-Vorstand Politik und Recht begrüßt die Maßnahme: “Diese Entscheidung der Bundesnetzagentur ist absolut konsequent. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat mit seinem Urteil den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber jetzt brauchen wir endlich die Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen. Unternehmen brauchen endlich Rechtssicherheit, um nicht erneut ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit beachtliche Gelder zu verschwenden.”

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Das Vorhaben, eine europaweite eine Vorratsdatenspeicherung einzuführen, scheiterte 2014 am Veto des Europäischen Gerichtshofs gescheitert. Die damalige EU-Richtlinie ging den Richtern zu weit. Die Vorratsdatenspeicherung sei ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten. Deswegen müsse die Vorratsdatenspeicherung auf das absolut Notwendige beschränkt werden.

Knapp ein Jahr später dementierte Justizminister Heiko Maas Berichte, die Bundesregierung plane ein neues Gesetz zur Datenspeicherung. Einen deutschen Alleingang lehnte er zu dem Zeitpunkt ab. Stattdessen bemühe sich die Bundesregierung um eine “belastbare Aussage” der EU-Kommission, ob sie eine neue Richtlinie zu dem Thema plane. Kurz darauf legte Maas trotzdem einen eigenen Entwurf vor, der schließlich in einer modifizierten Fassung von Bundestag und Bundesrat Ende 2015 verabschiedet wurde.

Im Dezember des zurückliegenden Jahres hatte der Europäische Gerichtshof die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in der Europäischen Union untersagt. Wieder argumentierten die Richter, dass es eine unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Bürger bedeute. Bei einer konkreten Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder für die Bekämpfung schwerer Straftaten dürfen laut Ansicht der Richter auch weiterhin Daten gesammelt und gespeichert werden.

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Diese Argumentation folgte nun auch das Oberverwaltungsgericht in Münster. Da die Speicherpflicht in Deutschland pauschal die Verkehrs- und Standortdaten nahezu aller Nutzer von Telefon- und Internetdiensten umfasse, sei die Regelung nicht mit dem Urteil aus Luxemburg vereinbar. Die Maßgabe, dass Behörden nur für die Verfolgung schwere Straftaten beziehungsweise zur Abwehr schwerwiegender Gefahren Zugang zu gespeicherten Daten erhielten, sei nicht ausreichend, um das Verbot der anlasslosen Speicherung zu kompensieren.

“Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt ist es an der Zeit für eine Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen, andernfalls laufen die Unternehmen Gefahr, ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit Gelder in Millionenhöhe in den Sand zu setzen”, kommentiert Oliver Süme, Vorstand für Politik und Recht beim Verband der Internetwirtschaft Eco. “Die Vorratsdatenspeicherung ist eine netzpolitische Fehlentscheidung, vor der wir in der Vergangenheit immer wieder gewarnt haben und die vermeidbar gewesen wäre, wenn sich die Bundesregierung sorgfältiger mit den Einwänden der Wirtschaft auseinandergesetzt hätte”.

[mit Material von Kai Schmerer, ZDNet.de]

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