SAP Leonardo: Erste Schritte ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten
“Wir sind auf einer Reise”, sagt Hans Jörg Stotz, Leiter der IoT-Strategie und -Innovation bei SAP. Der Markt für Anwendungen rund um das Internet der Dinge sei noch relativ jung. Und den möchte SAP nun mit Leonardo erobern – einem Portfolio aus verschiedenen Technologien wie IoT, künstliche Intelligenz, Blockchain, Analytik und Big Data. “Damit liefern wir alle Komponenten, die für digitale Innovation notwendig sind, erklärt Stotz.
Auf der weltweiten Kundenkonferenz Sapphire im Mai stellte SAP erstmals seine Plattform vor. In Frankfurt am Main, auf der Veranstaltung Leonardo Live, demonstrierte der deutsche IT-Anbieter nun die Möglichkeiten der verschiedenen Technologien. Außerdem präsentierte er Unternehmen, die damit arbeiten. So nutzen etwa Firmen wie Caterpillar, Bosch, Trenitalia, BASF oder Trumpf Lösungen aus dem Leonardo-Portfolio.
Dieses bietet viele verschiedene Möglichkeiten, Daten aus unterschiedlichen Quellen zu sammeln und diese zu analysieren – von der Lieferkette über Qualitätssicherung in der Produktion bis zu Informationen über Saatgut in der Landwirtschaft. Wer sich die Vorträge anhörte und sich mit Konferenzteilnehmern in den Pausen unterhielt, erkannte aber, dass Predictive Maintenance das Thema ist, das fast alle umtreibt.
“Ziel ist quasi der wartungsfreie Betrieb”, sagt SAPs Deutschland-Chef Daniel Holz. “Unternehmen wie zum Beispiel ABB möchten, dass der Außendienstmitarbeiter schon unterwegs ist, wenn ein Service-Anruf vom Kunden kommt.” Im Idealfall komme es gar nicht zum Anruf, weil das Ersatzteil schon eingebaut sei, bevor der Roboter im Werk des Kunden ausfällt.
Predictive Maintenance ist für viele Unternehmen quasi der Einstieg ins IoT. “Dabei geht es zunächst darum, Servicekosten zu optimieren”, erläutert Holz. Auf dieser Basis könnten die Unternehmen dann in der zweiten Stufe neue Geschäftsmodelle umsetzen – zum Beispiel ihre Produkte als Service anbieten und nutzungsabhängig abrechnen.
Mit Stufe 1 beschäftigen sich laut Holz schon viele Firmen in Deutschland. “Stufe 2 ist gerade noch im Entstehen”, so Holz, “aber da wird es richtig interessant.”
Predictive Maintenance ist auch eines der Kernthemen in der IoT-Strategie der BASF. Der Chemiekonzern hat ein eigenes IoT-Lab aufgebaut, in dem Mitarbeiter aus vielen verschiedenen Abteilungen wie IT, Lieferkette oder Personalwesen zusammenkommen. Gemeinsam wird an entsprechenden Lösungen gearbeitet. Und die sind sehr breit aufgestellt, wie Andreas Klinger berichtet, Leiter des IoT-Lab. Sie umfassen unter anderem Technologien für künstliche Intelligenz, Mobilgeräte, Augmented Reality oder 3D-Druck.
In ihrem Werk hat die BASF verschiedene Geräte wie zum Beispiel Massendurchflussmesser an ein zentrales Kommunikationssystem angebunden, um deren Daten für Predictive Maintenance zu nutzen. Technische Basis für die Auswertung der Informationen ist das Asset Intelligence Network aus dem SAP-Portfolio – eine Cloud-Plattform, auf der Daten von Herstellern, Dienstleistern und Anlagenbetreibern zusammengeführt werden.
In diesem Webinar am 18. Oktober werden Ihnen die unterschiedlichen Wege, ein Software Defined Network aufzubauen, aus strategischer Sicht erklärt sowie die Vorteile der einzelnen Wege aufgezeigt. Außerdem erfahren Sie, welche Aspekte es bei der Auswahl von Technologien und Partnern zu beachten gilt und wie sich auf Grundlage eines SDN eine Vielzahl von Initiativen zur Digitalisierung schnell umsetzen lässt.
Da die Daten aus den Geräten ständig analysiert werden, sollen sich Fehler früher erkennen lassen. Das System soll dann Empfehlungen für die Wartung der Geräte geben. Langfristig ist auch eine Integration ins ERP-System geplant, um zum Beispiel zu prüfen, ob Ersatzteile verfügbar sind. “Unser Ziel ist es, die Wartungskosten zu reduzieren”, so Klinger.
Die IoT-Strategie der BASF geht aber über die Produktionsumgebung hinaus. Auch Smart City ist ein Thema – also die intelligente Steuerung einer städtischen Infrastruktur. Schließlich hat die Firmenzentrale in Ludwigshafen laut Klinger die Dimensionen einer kleiner Stadt mit entsprechenden Themen wie etwa Versorgung oder Verkehr.
Smart City ist ohnehin ein Anwendungsgebiet für Leonardo. So nutzt zum Beispiel die Stadt Buenos Aires eine SAP-Lösung, um Überflutungen vorherzusagen, die regelmäßig durch mehrere Flüsse verursacht werden.
Bestehende Systeme schrittweise erweitern
Auch für die öffentliche Verwaltung ist Technik aus dem Leonardo-Portfolio interessant. So prüft zum Beispiel die Bundesagentur für Arbeit gerade, wie sie mithilfe von Machine Learning ihre IT-Anwendungen intelligent machen kann. Entsprechend ausgerüstete Software könnte Mitarbeitern dann Empfehlungen für ihre aktuelle Tätigkeit geben. Dank Machine Learning soll das System wissen, was der Nutzer als nächstes tun möchte. Von den Diensten der künstlichen Intelligenz könnten auch die Bürger profitieren. Entsprechende Funktionen sollen in die Website der Behörde integriert werden.
Trotz solcher Beispiele bleibt die Fertigungsbranche der wichtigste Sektor für SAP. Das zeigten die Sessions auf der Leonardo-Konferenz. Und das bestätigt auch Holz: “Ein Drittel unseres Umsatzes in Deutschland realisieren wir mit Industrieunternehmen. Das ist mit Abstand der größte Bereich.”
Strategie von SAP ist es, die hauseigenen, bereits bestehenden Systeme schrittweise um Technologien aus dem Leonardo-Angebot zu erweitern. Das gilt für Lösungen aus dem klassischen Fertigungsumfeld wie etwa MES ebenso wie für die Commerce-Lösung Hybris.
Das breite Spektrum an Technologien sieht Holz als eine der großen Stärken von SAP. “Dieser End-to-End-Ansatz ist ein großer Vorteil”, so der Geschäftsführer. “Vom Beschaffungsprozess über die Produktion, die Auslieferung bis zum Service-Fall – alles lässt sich mit SAP-Software realisieren.” Die Module seien stark miteinander integriert und ließen sich auch eng mit den Geschäftsprozessen in den Unternehmen verknüpfen.
Die Vorteile des Späteinsteigers
Auch Holz sieht SAP noch auf einer Reise, die gerade erst begonnen hat. Das gelte zum Beispiel beim Machine Learning. “Wir sind zwar schon vor 2010 in das Thema eingestiegen”, so Holz. “Aber erst jetzt bringen wir das erste Software Development Kit raus.”
Seiner Meinung nach war es sinnvoll, sich so viel Zeit zu lassen. “Viele Anbieter, die damals schon am Markt aktiv waren, sitzen heute auf veralteten Algorithmen.” Der Markt habe erst jetzt den Reifegrad erreicht, um Standard-Software mit den entsprechenden Technologien auszurüsten.
IoT-Anwendungen im Unternehmen umzusetzen, ist allerdings kein Selbstläufer. Klinger von der BASF berichtet, dass in seinem Unternehmen IoT-Technik und Automatisierungstechnik voneinander getrennt sind. Gibt es Ausfälle im IoT-Bereich, läuft die Produktion trotzdem weiter.
Im Bereich IoT gibt es zahlreiche Initiativen und Konsortien, bislang laufen diese Bestrebungen jedoch überwiegend parallel nebeneinander her. Doch damit dies alles überhaupt funktionieren kann, braucht man neben neuen Produkten auch neue Standards – insbesondere für die Kommunikation der Geräte untereinander und für die Sicherheit. silicon.de gibt einen Überblick.
IT und OT (Operational Technology) miteinander zu verknüpfen, sei außerdem noch mit Aufwand verbunden, berichtet Stotz. Ein Grund dafür liege in der Heterogenität der OT. Die Maschinen und Geräte in den Unternehmen kommen von verschiedenen Herstellern und bieten unterschiedliche Voraussetzungen, um Daten zu verarbeiten.
Außerdem muss die Anpassung der Algorithmen laut Stotz immer individuell erfolgen. Schließlich müssen diese immer an das entsprechende Objekt angepasst werden – sei es eine Turbine oder ein Transformator.
Ceyoniq beleutet in diesem Whitepaper anhand von sechs Thesen die wichtigsten Aspekte zum Thema und gibt Tipps für eine erfolgreiche Migrationsstrategie.
“Es war uns von Anfang an klar, dass IoT immer einen gewissen Grad an Kundenanpassung erfordert”, sagt Stotz. “Wir glauben aber, dass wir uns im Laufe der Zeit mit einer fortschreitenden Standardisierung und weiterer Ausprägung der Algorithmik immer weiter in Richtung Standardprodukte bewegen – so wie man es klassischerweise von einem ERP-Produkt kennt.”
Für SAP geht es laut Stotz nun darum, die Technologien, bei denen man sich noch in einem frühem Stadium befinde, weiter reifen zu lassen. “In Zukunft werden außerdem Robotik und die Anbindung autonomer Systeme hinzukommen”, so Stotz. Als Beispiel nennt er Drohnen, die sich im Lager bewegen und vom ERP-System ihre Arbeitsaufträge erhalten. “Wie autonome Systeme und ERP miteinander umgehen, wird uns künftig stark beschäftigen.” Auf ihrer IoT-Reise hat die SAP schon die nächsten Stationen im Visier.