Elektronische Gesundheitskarte angeblich endgültig gescheitert
Auch elf Jahre nach ihrer Einführung fehlt es an der notwendigen Infrastruktur und wird nur ein Bruchteil der vielfältigen Funktionen genutzt. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge soll das Projekt daher nach der Wahl offiziell für gescheitert erklärt werden.
Die jahrelang betriebene Einführung der elektronischen Gesundheitskarte könnte sich noch dieses Jahr als Milliarden-Flop entpuppen. Vertreter von Ärzteverbänden und Krankenkassen sehen das Projekt jetzt schon als gescheitert an. Ihnen sind einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge zudem Pläne bekannt, dass nach der Bundestagswahl Ende September auch die Behörden das Scheitern des Projektes zugeben wollen.
Damit wären dann Investitionen in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro weitgehend erfolglos gewesen. Der Bitkom hatte 2009 mit Einsparungen zwischen ein und zwei Milliarden Euro pro Jahr durch die Gesundheitskarte gerechnet. Allein durch die Vermeidung von Arzneimittelunverträglichkeiten und Wechselwirkungen sollten dem IT-Branchenverband zufolge mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden.
Die Elektronische Gesundheitskarte bekommt in Deutschland jeder Versicherte von seiner Krankenkasse. Eingeführt wurde sie nach mehrmaligen Verzögerungen und Nachbesserungen versuchsweise endlich ab 2009. Deutschland war damals neben Spanien das einzige Land in Westeuropa, dass noch kein vergleichbares System eingeführt hatte.
Doch auch nach der phasenweisen Einführung blieb das Projekt umstritten. Eine Klage wegen möglicher Verletzung der informationellen Selbstbestimmung wurde 2012 abgewiesen. Die Diskussion endete jedoch nicht. Bereits in einer ersten Bilanz 2014 kamen Experten zu dem Ergebnis, dass die neue Karte den Zusatz “elektronisch” eigentlich kaum verdient, da sie sich im Wesentlichen nicht von ihrer Vorgängerin unterscheidet und die möglichen Funktionen zur Speicherung und zum Austausch von Daten nicht genutzt würden. Insbesondere das mit der elektronischen Gesundheitskarte angestrebte Ziel der digitalen Patientenakte wurde nicht annähernd erreicht.
“Es ist unsicherer denn je, wann die Gesundheitskarte die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt”, erklärt nun Helmut Platzer, Vorstandsvorsitzenden der AOK Bayern, gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Und “hochrangige Mitarbeiter” von Ärzteverbänden und gesetzlichen Krankenkassen hätten gegenüber der Zeitung bestätigt, dass es in der Bundesregierung Pläne gebe, die elektronische Gesundheitskarte “nach der Bundestagswahl für gescheitert zu erklären.”
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Berechnungen der Innungskrankenkassen zufolge habe die Einführung der Karte bislang fast 1,7 Milliarden Euro gekostet. Dennoch sei die Technik bereits überholt und viele Arztpraxen verfügten noch nicht einmal über die zum Auslesen der Daten benötigte Infrastruktur. Sie sollen Stand heute ab 2018 durch Abzüge gezwungen werden, bei der elektronischen Gesundheitskarte mitzumachen. Ob das Vorhaben aufrechterhalten wird, ist nun aber auch offen.
Ein Sprecher von T-Systems, dass im Dezember 2013 nach einer europaweiten Ausschreibung einen Teil der letzten Aufträge für die Einführung der Karte erhalten hatte, gab sich der Süddeutschen gegenüber dennoch optimistisch: Nachdem die technischen Anforderungen über 150 Mal geändert worden seien, sei die Branche jetzt “auf der Zielgeraden”. Das allerdings haben Versicherte und die anderen Beteiligten so oder so ähnlich seit 2006 schon mehrfach gehört.
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