Landesregierung Schleswig-Holstein will stärker auf Open Source setzen
Die Jamaika-Koalition aus CDU, Bündnis90/Die Grünen und FDP in Schleswig-Holstein hat sich in ihrem Koalitionsvertrag (PDF) zur Nutzung von Open-Source-Software bekannt. Darauf hat das Portal Heise.de hingewiesen. Der entsprechende Passus findet sich auf Seite 108 des 115 Seiten starken Dokuments.
Dort heißt es: “Offene Schnittstellen, Standards und Software erhöhen die Verbrauchersouveränität und stellen einen wichtigen Baustein für die Erhöhung von IT-Sicherheit und die Ermöglichung innovativer Anwendungen dar. Wir verfolgen den vordringlichen Einsatz von Open-Source Software, auch um Abhängigkeiten der öffentlichen Verwaltung von einzelnen Softwareanbietern soweit wie möglich zu reduzieren.”
Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die entsprechenden Ausschreibungsbedingungen überarbeitet werden. Als langfristiges Ziel wir die vollständige Ablösung proprietärer Software durch Open Source ausgegeben.
Gegenüber Heise online erklärt Robert Habeck, stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein: “Ein Problem der Digitalisierung ist die enorme Marktmacht weniger Konzerne.” Dem zu entkommen sei auch für Politik und Verwaltung eine schwierige Aufgabe. Dennoch müsse es das Ziel sein, “digital autonomer” zu werden.
Die IT-Beschaffung erfolgt in Deutschlands nördlichstem Bundesland zentral über den Dienstleister Dataport. Der nutzt seit mehreren Jahren – so wie viele Unternehmen ebenfalls – auch Open-Source-Software. Das neu eingerichtete Digitalisierungsministerium soll laut Heise.de nun jedoch dafür sorgen, dass bei wesentlichen Änderungen oder der Neuvergabe möglichst oft auf Open-Source-Software umgestellt wird. Quelloffene Software soll damit nicht mehr nur vorrangig im Backend-Bereich, sondern künftig auch im Bereich der Arbeitsplätze Verwendung finden. Aufgrund der vorhandenen Strukturen – insbesondere bei den Fachverfahren – und teilweise mangelnder Open-Source-Angebote sei das jedoch nur langfristig vollständig erreichbar.
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Erst kürzlich hatten in einem gemeinsamen offenen Brief an Abgeordnete auf nationaler und europäischer Ebene 31 Organisationen gefordert, dass rechtliche Grundlagen geschaffen werden sollten, “die es erfordern, dass öffentlich finanzierte Software, die für die öffentliche Verwaltung entwickelt wurde, unter einer Freie-Software- und Open-Source-Lizenz öffentlich zugänglich gemacht werden muss.”
Initiative für mehr Freie Software in der Verwaltung
Die Forderung wird damit begründet, dass die von der öffentlichen Verwaltung angebotenen und genutzten digitalen Dienste “die kritische Infrastruktur demokratischer Nationen des 21. Jahrhunderts” sind. Daher müssten öffentliche Stellen sicherstellen, “dass sie die vollständige Kontrolle über die Software und die Computersysteme im Kern unserer staatlichen digitalen Infrastruktur haben“. Aktuell sei dies aufgrund restriktiver Softwarelizenzen nur selten der Fall.
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Vorbild sein könnte dafür Bulgarien. Dort war per Gesetzesänderung bereits im vergangenen Jahr festgelegt worden, dass für Behörden entwickelte Software quelloffen sein muss. Außerdem hat die Entwicklung in einem öffentlichen Repository stattzufinden. Das Gesetz betrifft in Bulgarien jedoch nur Software, die von Regierungsbehörden in Auftrag gegeben wird. Auf Standardprogramme, die zum Beispiel im Büroalltag verwendet werden, erstreckt sich also nicht. Diesbezüglich gehen die Ambitionen in Deutschlands Norden weiter.
In München war ein vielbeachteter Versuch in dieser Richtung Anfang des Jahres aufgegeben worden. Ursprünglich war das Projekt 2013 offiziell erfolgreich abgeschlossen. Fast 15.000 Rechner leifen zu dem Zeitpunkt in deer Stadtverwaltung mit Linux. Zunächst wurde dann jedoch Kritik aus Reihen der CSU formuliert, die sich anschließend verschärfte. 2014 hatte sich der Stadrat jedoch noch entschieden hinter das Linux-Projekt gestellt, unter dem neuen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wurde es dann dennoch gekippt.