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So bezahlen wir übermorgen

Der größte Techniktrend der vergangenen Jahre ist die Vernetzung. Experten sprechen deshalb vom Internet der Dinge (Internet of things, IoT), weil sich immer mehr Gegenstände ins Internet einklinken, vom Fitness-Armband bis zur Kaffeemaschine. Ohne Bluetooth und WLAN sowie angedockte Steuerung per Smartphone-Apps geht nichts mehr.

Seit Jahren werden zwar über den “intelligenten” Kühlschrank jede Menge Witze gerissen, Tatsache ist aber, dass immer mehr vernetzte Geräte in die Haushalte einziehen. Man merkt es nur nicht so deutlich, weil viele Nutzer eher im Kleinen Gadgets nachrüsten. Ein Lausprecher mit Sprachassistent hier, eine Überwachungskamera dort und eine smarte Heizungssteuerung hat noch niemandem geschadet.

Christian von Hammel-Bonten, der Autor dieses Gastbeitrags für silicon.de, ist Chief Product Officer der PPRO Group, einem Spezialisten für elektronisches Bezahlen (Bild: PPRO Group/studio-maass.com)

Gerade nimmt der IoT-Markt richtig Fahrt auf, die Marktforscher von Gartner sagen bis 2020 rund 20,8 Milliarden vernetzte Geräte voraus. Im vergangenen Jahr waren es nur 6,4 Milliarden. Der Markt wächst also rasant und er verändert die Erwartungen der Konsumenten. Das motiviert immer mehr Bezahlanbieter dazu, für diese spannende Technik den perfekten Abschluss bilden zu wollen und damit eine zentrale Rolle bei der Evolution des Internets der Dinge zu spielen.

Das Internet of Payment entsteht

Es wäre übertrieben zu behaupten, dass IoT ohne Payment-Möglichkeiten überhaupt nicht funktionieren würde, aber viele Szenarien sind einfach ohne Bezahlungsmöglichkeit nicht denkbar. Nehmen wir als Beispiel den smarten Kühlschrank: Wenn das Gerät schon so clever ist, die Vorratshaltung automatisch in die Hand zu nehmen und wenn die Nutzer das dem Gerät auch zutrauen, warum sollte dann die Bezahlung der Lebensmittel nicht auch gleich automatisch erfolgen? Und was wäre ein Smart-Home-Lautsprecher wie Amazon Echo ohne die angebundene Möglichkeit, bei Amazon einzukaufen?

Das Internet der Dinge und Bezahltechnologien sind spannende Bereiche mit vielen Innovationen, die eng miteinander verzahnt sind: Beispiel Wearables, etwa Fitness-Armbänder oder Ringe, sind heute vernetzt und sie können sensitive Bezahlkontoinformationen ersetzen, wie etwa eine lange Kontonummer oder eine Bezahlkarte.

Was wäre ein Smart-Home-Lautsprecher wie Amazon Echo ohne die angebundene Möglichkeit, bei Amazon einzukaufen?

Praktisch zum Beispiel, wenn man sich bei der sonntäglichen Jogging-Runde leicht überschätzt und am Kiosk den Durst löschen will. Der Geldbeutel ist nicht griffbereit, aber das Fitness-Armband zeichnet ohnehin die Aktivität auf, warum nicht kontaktlos damit bezahlen? In immer mehr IoT-Technologien werden Zahlungsfunktionen integriert, definitiv ein Zeichen dafür, dass das Internet of Payments-Ökosystems (IoP) ebenfalls mitwächst.

Doch was sich so schön anhört, ist kein Selbstläufer. Es müssen verschiedene Rahmenbedingungen erfüllt sein, damit die IoT- und IoP-Branchen auch weiterhin an der Entwicklung neuer Innovationen gedeihen und dauerhaft erfolgreich sind. Bezahlen klappt nur in Kombination mit Vertrauen in die Bezahlanbieter und die Industrie tut gut daran, sich das Vertrauen und das Interesse der Kunden immer wieder neu zu verdienen. Wichtigster Ansatzpunkt: Man muss das komplette Kundenerlebnis im Blick behalten. Globale Technologie-Unternehmen sollten weiterhin daran arbeiten, Bezahlmöglichkeiten schon vom Start weg bei der Entwicklung neuer IoT-Produkte zu integrieren, um so ein möglichst reibungsloses Kauferlebnis für den Endnutzer zu gestalten.

Vielfalt ist Trumpf

Wie es funktionieren kann, zeigt Visa mit seinem Visa-Ready-Programm für das Internet der Dinge, das den Visa Token Service in tragbare Geräte und mobile Wallets integriert. Es gibt dabei nicht den einen Weg und den einen Partner, mit dem das Bezahlen der Zukunft in den Markt gedrückt werden soll. Vielmehr entsteht ein breites Payment-Ökosystem. Teil dieses Programms sind zum Beispiel Partnerschaften mit Accenture, FitPay oder Samsung. Dabei werden auch nicht nur neue Bezahlkonzepte entwickelt, sondern auch bestehende Vorgänge aus dem Alltag optimiert.

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Beispiel: Visa arbeitet auch mit dem Autohersteller Honda zusammen, um den Tankvorgang komfortabler zu machen. Das Szenario kennt jeder und kaum jemand hinterfragt es, aber bei genauerer Betrachtung ist das Tanken heute ziemlich umständlich. Im Konzept-Fahrzeug von Honda und Visa kommt eine App zum Einsatz, die mit dem Display im Auto verbunden ist.

Bisher ist man es als Fahrer nur gewohnt, dass das Auto einen niedrigen Benzinstand anzeigt. Die Abkürzung, nach dem Tanken aber gleich wieder ins Auto zu steigen und dort kurz vor dem Abfahren nur noch die Bezahltransaktion zu bestätigen, gibt es bisher nicht. Eben dieser Grad an Integration ist der Schlüssel zur Verbindung zwischen der Welt des IoT und des Bezahlens.

Verfügbarkeit ist auch Trumpf

Der größte Fehler, den man aktuell machen kann, ist einen coolen, vernetzten Dienst zu bauen und erst im letzten Schritt das Thema Payment hinzuzufügen. Vielmehr müssen Entwickler, Händler und Hersteller die Kundenakzeptanz maximieren, indem sie die Zahlungsoptionen von Anfang an nahtlos integrieren. Verfügbarkeit lautet deshalb ein weiteres Stichwort und es ist ein weiterer Schlüssel, wie vernetzte Geräte Mehrwerte schaffen können.

Egal, wie gut der smarte Kühlschrank seine Einkäufe erledigt: Wenn er durch Hacker angreifbar ist oder auch nur erlaubt, dass der Nachwuchs aus einer Laune heraus 20 Kartons Speiseeis bestellen kann, werden Nutzer sich enttäuscht abwenden. Das Bezahl-Ökosystem muss die Identität der Nutzer prüfen und Sicherheitsrisiken müssen schon per Design minimiert werden, sonst klappt das nicht.

Das Bezahlen mit der klassichen Kreditkarte ist in Deutschland nicht besonders beliebt. (Bild: Shutterstock)

Wenn IoT-Produkte nicht so gut funktionieren, werden dafür gern die Verbraucher verantwortlich gemacht, die zu lange an alten Gewohnheiten festhalten. Doch das ist falsch, denn in der Praxis zeigt sich an vielen Beispielen, dass Nutzer durchaus bereit sind, alte Gewohnheiten über Bord zu werfen, wenn es eine bessere Alternative gibt. Man nehme nur die 38 Millionen Transaktionen im Jahr 2016, die über mobile Geräte abgewickelt wurden (eine Steigerung von 247 Prozent gegenüber 2015).

Es gibt eine Bereitschaft unter Konsumenten, Bezahlmethoden zu nutzen, die die schnellste und bequemste Zahlungsabwicklung versprechen. Doch man muss auch auf die Vorlieben der Nutzer eingehen. Hersteller müssen deshalb die alternativen Bezahl-Vorlieben auf der ganzen Welt berücksichtigen.

Deutschland wird laut Vorhersage im Jahr 2020 an zweiter Stelle bei den Ausgaben für IoT-Technologie stehen. Aktuell ist allerdings die Banküberweisung die beliebteste Bezahlart der Deutschen, die klassischen Kreditkarten sind in Deutschland dagegen nicht besonders beliebt. Man sollte sich daher Gedanken darüber machen, wie man seine Produkte am besten an einen internationalen Markt anpassen kann. Es ist also essentiell, Bezahl-Vorlieben der einzelnen Länder vom ersten Moment des Lebenszyklus eines Produktes zu berücksichtigen.

Die Zukunft des Bezahlens

Wie kann es also gelingen, IoT und IoP unter einen Hut zu bringen? Die Technik-Hersteller müssen von Anfang an mit erfahrenen Drittanbietern zusammenarbeiten, wie zum Beispiel Zahlungsdienstleistern, Emittenten, Händlern und Verarbeitern. Damit können sie sicherstellen, dass die Hersteller die Flut neuer Bezahlarten sicher in die neusten vernetzten Geräte integrieren können. Werden Funktionalität, Nutzererlebnis, Sicherheit und alternative Bezahlmethoden von Anfang an bei der Gestaltung berücksichtigt, so wird das zum Vorteil aller beteiligten Parteien sein.

Bereits heute werden die Hälfte aller Online-Transaktionen über alternative Bezahlverfahren abgewickelt. Die Kreditkarte alleine reicht also längst nicht aus, um eine breite Masse an Nutzern zu erreichen. Sie mag in den USA top sein, aber längt nicht in Europa, Asien und Lateinamerika. Wer nicht über alternative Bezahlarten nachdenkt, verbaut sich den vollen Erfolg im IoT-Markt.

Über den Autor

Christian von Hammel-Bonten ist seit Juni 2017 Chief Product Officer der PPRO Group. Dank mehr als zehnjähriger Erfahrung in der Online-Payment-Branche verfügt er über umfassende Kenntnisse bei Entwicklung, Erweiterung und Vertrieb von Payment-Produkten. Seine Schwerpunkte liegen auf den Bezahltechnologien und dem Bereich Processing im Allgemeinen, inklusive Payment-Acquiring und Issuing. Christian von Hammel-Bonten bekleidete in der Vergangenheit diverse Management-Positionen, unter anderem war er Executive Vice President Global Product Strategy bei Wirecard und Senior Vice President Head of Strategy and Business Development bei ClickandBuy.

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