Seit Jahren steht Deutschland bei Glasfaseranschlüssen im weltweiten Vergleich schlecht da. Grund dafür sind zum einen netzpolitische Entscheidungen in der Vergangenheit, andererseits aber auch, dass die Telekom als größter Netzbetreiber bei ihrem Glasfaserausbau bisher vor allem auf die Anbindung der eigenen Verteiler setzte. Die direkte Anbindung von Wohnungen und Gewerbeeinheiten mit Glasfaser insbesondere außerhalb der Ballungsräume wurde bislang weitgehend Spezialisten oder lediglich regional tätigen Anbietern überlassen.
Nun hat offenbar ein Umdenken eingesetzt. Anfang Oktober wurden Fortschritte bei dem im Frühjahr angekündigten Glasfaserausbau für ausgewählte Gewerbegebiete angekündigt. Demnach sollen zunächst 20 Gewerbegebiete in 14 deutschen Städten und Gemeinden versorgt werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei im Raum Düsseldorf. Mit dem Schritt sollen etwa 5000 Betriebe Anfang 2018 Internetzugänge mit bis zu 1 GBit/s nutzen können.
Bis Ende 2018 sollen dann deutschlandweit insgesamt 100 Gewerbegebiete mit hohen Bandbreiten versorgt werden. Das ist zwar immer noch lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin schon einmal ein ernstzunehmender Anfang.
Den zweiten Schritt hat die Telekom jetzt angekündigt: Sie will ihre bisher auf die VDSL-Erschließung ausgerichtete Strategie revidieren und zunächst in ausgewählten Orte, allerdings nur dann, wenn ein ausreichendes Interesse der Bewohner besteht, Glasfaser bis in die Wohnung verlegen (FTTH, Fiber to the Home im Gegensatz zu FTTB, Fiber to the Building, wo die Glasfaser in der Regel im Keller endet).
Wie das gehen soll, will die Telekom in Bad Staffelstein in Franken vormachen. Dort können sich die gut 10.200 Bürger ab Dezember für einen Glasfaseranschluss registrieren. Gehen während der Vormerkphase bis Ende Februar mindestens 750 Bestellungen ein, sagt die Telekom der Gemeinde bis Ende 2018 den Glasfaserausbau zu. Dem Zensus von 2011 zufolge gibt es in dem Ort rund 2900 Gebäude mit Wohnraum und gut 4600 Haushalte.
Im anvisierten Ausbaugebiet, liegen davon 1406 respektive 3033, wie ein Telekom-Sprecher auf Anfrage von silicon.de mitgeteilt hat. Es müssten sich also rund 25 Prozent der Haushalte bis Ende Februar für einen Glasfaseranschluss entscheiden. Als Anreiz entfallen für Nutzer der Vormerkphase die Hausanschlusskosten.
Anfang 2018 will die Telekom dann nach diesem Modell auch weiteren Kleinstädten in Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen und Thüringen den Glasfaserausbau anbieten. Welche das sind, wir dann jeweils zum Start der Aktionen bekannt gegeben. Auch dort ist derzeit geplant, mit dem Ausbau ab dem Schwellwert von 25 Prozent zu beginnen. In Stein gemeißelt ist der aber noch nicht. Wie der Telekom-Sprecher gegenüber silicon.de anmerkte, will man nun zunächst einmal Erfahrungen sammeln und dann die Strategie gegebenfalls anpassen
Laut Niek Jan van Damme, Deutschland-Chef der Telekom, greift man mit der Vorvermarktung eine Idee auf, die bereits 2011 einmal ausprobiert wurde. “Damals war die Nachfrage häufig noch nicht ausreichend. Wir hoffen jetzt, auf mehr Resonanz zu stoßen“, so der Telekom-Manager. Neu war das Konzept übrigens damals schon nicht: Bereist beim Kabelausbau Anfang der Achtziger Jahre wurde nach diesem Prinzip vorgegangen und auch die regionalen Glasfaseranbieter, etwa M-Net in München, agieren ähnlich.
Im Gegensatz zum ersten Anlauf ist der Glasfaserausbau diesmal auch durch die gewählte Verlegemethode günstiger. Beim sogenannten Trenching werden lediglich schmale Schlitze in den Bodenbelag gefräst, es müssen für die Verlegung der Glasfaser aber keine Gräben mehr mit dem Bagger ausgehoben werden.
Damit ist Trenching deutlich günstiger. Da auf die Tiefbauarbeiten der Löwenanteil der Kosten beim Glasfaserausbau entfällt, werden so auch die Gesamtkosten erheblich reduziert. In anderen Ländern, etwa Italien oder auch den Niederlanden, ist Trenching schon lange die übliche und bevorzugte Methode, um zumindest im ländlichen Raum Glasfaser zu verlegen. In Deutschland muss sie aber jeweils von der Gemeinde genehmigt werden. Und wie aus der Branche zu hören ist, gibt es dabei offenbar oft Vorbehalte in der Verwaltung.
Um den Breitbandausbau zu fördern, verlangt van Damme auch regulatorische Anreize. Der Ausbau mit Glasfaser bis zu den Haushalten (FTTH) beziehungsweise bis zu den Gebäuden (FTTB) müsse aus der Regulierung herausgenommen werden. Dies sei auch im Sinne sechs weiterer Unternehmen, die maßgeblich in den Glasfaserausbau investieren. Neben Deutsche Glasfaser, EWE und M-Net sind das auch NetCologne, die Stadtwerke Neumünster und Wilhelm.Tel.
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