Kommentar zur Microsoft-Strategie: Cloud ja – aber nicht nur
Auf seiner jährlichen Konferenz Ignite demonstrierte Microsoft, worauf es in der digitalen Transformation ankommt: den Menschen in der Praxis unterstützen. Microsoft-Experte Eric Berg analysiert in einem Kommentar für silicon.de, welche bleibende Eindrücke die Veranstaltung bei ihm hinterlassen hat.
Welche der 1693 Keynotes und Sessions auf der Ignite 2017 Ende September in Orlando lieferte die besten neuen Ansätze? Richtungsweisende Antworten kamen von oberster Stelle. Satya Nadella, CEO von Microsoft, stand auf der Bühne und deklinierte in seiner Keynote die digitale Transformation durch – in all ihren Facetten mit künstlicher Intelligenz, Mixed Reality, IoT und Cloud. Jeder, egal ob er mit IT zu tun hat oder nicht, muss sich mit der Veränderung auseinandersetzen. Der Microsoft-Chef formulierte das in drei Kernideen: Jeder Mensch soll selbst mehr tun können, an den Veränderungen teilhaben sowie der Technologie vertrauen können.
Diesen Dreiklang von Agieren, Teilhaben und Vertrauen brachte Autohersteller Ford auf die große Bühne. Dessen Live-Demo zeigte, wozu Mixed Reality in der modernen Arbeitswelt befähigt. Ford-Mitarbeiter nutzten HoloLenses, um live die Frontpartie eines Automobils zu entwickeln. Virtuelle Einblendungen veranschaulichten unter anderem, wie das Sichtfeld eines Fahrers sich mit unterschiedlichen Seitenspiegeln ändert. Das eröffnet Spielraum, schnell zu optimalen Lösungen zu kommen.
Auf den Wow-Effekt, für den der Ford-Auftritt sorgte, legte es Microsoft nicht an. Dem Konzern geht es stattdessen ernsthaft darum, die digitale Transformation in Unternehmen zu unterstützen. Dafür hat sich der Konzern neu aufgestellt – in die vier Bereiche: Modern Workplace, Business Applications, Apps and Infrastructure sowie Data and Artificial Intelligence. Diese Neuausrichtung rückt den praktischen Einsatzzweck ganz in den Vordergrund. An den neuen Geschäftsfeldern lassen sich die Highlights der diesjährigen Ignite zeigen.
Von der Nabelschau zur agilen Software
So wird der Arbeitsplatz in Teilen mobiler – der klassische Produktions-PC verschwindet jedoch nicht ganz. Unsere Arbeitsweise ändert sich, Teamwork sowie projekt- und firmenübergreifende Arbeit gewinnen zunehmend an Bedeutung. Diesen Bedarf bedienen Microsoft Teams und Office-365-Produkte. Teams, die zentrale Chat-Umgebung von Office 365 Groups, soll dabei der Nabel für die Zusammenarbeitswelt im Microsoft-Kosmos werden.
In der Kollaborationslösung geht deshalb die Cloud-Telefonie Skype for Business auf und das Einbinden von HoloLens bleibt nicht nur den Ford-Mitarbeitern vorbehalten. Zudem hat der Hersteller Office 365 und LinkedIn verschränkt, wodurch sich die Suche im Unternehmensnetzwerk auf die LinkedIn-Profile ausweitet.
Bei “Business Applications” bündelt Microsoft alle Aktivitäten rund um agile Software. Unternehmen brauchen Software, die skaliert, schnell entwickelt und an neue Bedürfnisse angepasst werden kann. Maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz oder kognitive Dienste stehen in der Public Cloud jedem zur Verfügung. Sämtliche Technologien bindet Microsoft in seine Business Applications ein, damit die “digitale Transformation der Software” an die firmeneignen Prozesse beim Anwender rasch gelingt. Anhand seiner bereitgestellten Tool-Sets zeigt sich: Der Konzern hat wirklich eine Idee, wie das individuelle Anpassen der Software funktioniert.
Konsole für die Hybrid Cloud und der On-Premises-Ausreißer
Microsoft hat sich in Orlando nicht offiziell von dem Motto “Cloud first, Mobile first” abgewandt. Dennoch bleibt festzuhalten: Bei “Apps und Infrastruktur” dreht sich alles um die Hybrid-Anbindung. Azure Stack, das kleine On-Premises-Pendant zur großen Cloud-Lösung, ist fertig – diese Ankündigung war schon ein Highlight. Denn nicht für jedes Unternehmen liefert die Cloud heute das, was es sich an Latenzen, Bandbreiten oder Kosten für seinen IT-Service vorstellt. Eine Cloud-ähnliche Bereitstellung ins eigene Rechenzentrum oder in eine Colocation – inklusive nutzungsbasierter Abrechnung – stellt für diese Anwendergruppe eine wertvolle Alternative dar.
Effektive Meeting-und Kollaboration-Lösungen
Mitarbeiter sind heute mit Konnektivität, Mobilität und Video aufgewachsen oder vertraut. Sie nutzen die dazu erforderlichen Technologien privat und auch für die Arbeit bereits jetzt intensiv. Nun gilt es, diese Technologien und ihre Möglichkeiten in Unternehmen strategisch einzusetzen.
Die Botschaft, die Microsoft auf der Ignite aussendete, lautet: Cloud ja, aber nicht nur. Konsequent umgesetzt findet sich das im Azure-Portal wieder. In neuen Dashboards zu Update Management, Inventory und Change Tracking lassen sich alle Server einbinden, egal ob sie klassisch im eigenen Rechenzentrum über VMware oder als virtuelle Maschinen in Azure Stack oder in Azure laufen. Über die Update-Konsole beispielsweise erfährt der Nutzer nun, ob System- oder kritische Updates fehlen. Das Update-Management für eine hybride Umgebung stellt einen Mehrwert dar, den andere Anbieter momentan nicht bieten.
Klassische On-Premises-Produkte spielen auf der Ignite eine untergeordnete Rolle. Einzig das “Project Honolulu” stach hier heraus. Die HTML5-Oberfläche “Honolulu” ist ein Tool, um die Server-Umgebung zu verwalten. So viel Zuspruch habe ich noch nicht erlebt. Der Tenor: “Endlich ein Tool, mit dem sich viele Oberflächen und Tools wie Task Manager, Event Logs, Registry Editor und zahlreiche weitere im Browser verbinden lassen.”
German Angst ablegen und zugreifen
Ist Technologie also doch Freund und Helfer? Der Deutsche hält sich von Natur aus erst einmal zurück und sagt nicht gleich: “Die Technologie hilft mir, für sie bin ich bereit Daten aus der Hand zu geben oder Einblicke in meine Daten zu erlauben.” Nein, Neuerungen werden hierzulande skeptisch betrachtet.
Dem wirkt Microsoft entgegen, indem der Hersteller das Thema Security auf allen Feldern von Windows 10 über Windows Server bis in die Cloud mächtig vorantreibt. Ausdruck findet das auch in dem Bestreben, Quantencomputer marktreif zu entwickeln. Das wird jedoch noch dauern.
Greifbar ist bereits der Fortschritt, den Microsoft für den Support in Form von praxistauglichen Instrumenten entwickelt hat. Mit diesen können dann auch Unternehmen digital besser agieren und teilhaben.
Tipp: Was wissen sie über Microsoft? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.