Was verbirgt sich hinter “Digital Workplace”?
Im Zuge der digitalen Transformation wandelt sich der Computerarbeitsplatz zum “Digital Workplace”. Ein Großteil der Unternehmen erachtet den “Digital Workplace” sogar als Kern ihrer digitalen Transformation. Doch was genau ist darunter zu verstehen?
Digital-Workplace-Konzepte gehen einher mit grundlegenden Neuerungen in Unternehmen – sowohl was die Technologie als auch die Kultur angeht. Ein Kernziel besteht darin, die Zusammenarbeit der Mitarbeiter effizienter zu gestalten. Technologisch unterstützen Unified Communications und Collaboration (UCC)-Lösungen, beziehungsweise Team Collaboration als gerade neu entstehende Produktkategorie.
Die Nachfrage nach Unified Communications und Collaboration (UCC), und insbesondere nach Cloud-Diensten in diesem Umfeld, steigt laut Analystenprognosen. Einer Einschätzung der Experton Group – heute ISG – zufolge wächst der deutsche Markt für UC as a Service (UCaaS) zwischen 2016 und 2018 jährlich um 23 Prozent. Allen voran überzeugen die Unternehmen niedrige Einstiegskosten und reduzierte Gesamtkosten von der punktgenauen Nutzung der Cloud-Dienste.
Durch regelmäßige Produkt-Updates bleiben die Lösungen immer aktuell und sicher und bieten Kunden somit auch hohen Investitionsschutz. Nicht zuletzt tragen auch Einflüsse von außen dazu bei, dass sich Unternehmen dem Thema UCC zuwenden: 2018 schaltet die Telekom in Deutschland das ISDN-Netz ab. Die Zukunft liegt in der All-IP-Technologie – die auch eine wesentliche Basis für UCC bildet.
Alt trifft neu
Gleichzeitig ändern sich die Erwartungen der Mitarbeiter an die technische Ausstattung ihres Arbeitsplatzes. Gerade für die Generation Y spielt diese eine zentrale Rolle. Die heute circa 18- bis 35-Jährigen nutzen privat wie selbstverständlich neue Technologien wie Messenger oder soziale Netzwerke – entsprechend erwarten sie diese auch im Beruf.
Und genau da besteht Handlungsbedarf für die Unternehmen, wie eine Studie des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens IDC ergab: Jeder vierte Young Professional ist mit der Technologie an seinem Arbeitsplatz unzufrieden. Viele junge Mitarbeiter nutzen zu Hause leistungsstärkere Tools als im Beruf. Auch beim mobilen Arbeiten klaffen Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander: Bisher können Mitarbeiter der Umfrage zufolge nur auf 52 Prozent der für sie relevanten Applikationen geräteunabhängig zugreifen. Das liegt häufig an Legacy-Anwendungen, also historisch gewachsenen, aber etablierten Altsystemen in den Unternehmen, die sich nur schwer digitalisieren lassen. Dies behindert eine effiziente Zusammenarbeit.
Hier setzen UCC-Lösungen an: Ihr vorrangiges Ziel ist es, die Teamarbeit zu verbessern und vorhandenes relevantes Wissen allen Team-Mitgliedern über eine einheitliche Plattform zugänglich zu machen – unabhängig von Unternehmenshierarchien. Bewährte, bislang meist losgelöst voneinander verwaltete Kommunikationstools wie Telefon oder E-Mail, spielen weiterhin eine wesentliche Rolle, werden aber in einem ganzheitlichen Konzept eingebunden, das auch die Arbeit mit klassischen Office-Dokumenten berücksichtigt.
Das Konzept ist nicht statisch, sondern so flexibel, dass es bei Projekten ad hoc maßgeblich unterstützen kann. Dadurch verändert sich die Art und Weise, wie Menschen miteinander arbeiten und kommunizieren – die “Generation E-Mail” trifft auf die Digital Natives. Orts- und Zeitunabhängigkeit sind zentrale Aspekte von UCC-Lösungen. Das ermöglicht reibungsloses Arbeiten von unterwegs oder aus dem Home Office – selbst über Kontinente hinweg. So ist auch aus Coworking-Umgebungen die Zusammenarbeit mit global verteilten Teams möglich. Neue Impulse aus der Coworking-Community finden so auch Einfluß in die Produktweiterentwicklung, gleichzeitig bleiben remote angesiedelte Mitarbeiter mit internen Kollegen in Kontakt.
Collaboration-Lösungen müssen nicht nur sinnvolle Funktionen enthalten, sondern vor allem leicht anwendbar sein. Gerade ihre intuitive Bedienbarkeit hat bislang den Erfolg von Consumer-Lösungen auch im Unternehmensumfeld ausgemacht. Zudem sollten sie sich weiterhin anpassen lassen und Kommunikations- und Technologietrends berücksichtigen: Beispielsweise ist absehbar und oft bereits Realität, dass Textnachrichten die Sprache als wichtigste Kommunikationsform am Arbeitsplatz ablösen werden.
Dem gilt es, Rechnung zu tragen und schon jetzt Kommunikationstools mit entsprechender Funktionalität auszuwählen. Aus technischer Sicht ist zudem wichtig, dass sich die Anwendungen nahtlos in die bestende IT-Infrastruktur integrieren lassen – Stichwort offene Schnittstellen, APIs. Dass sie skalierbar sein und hohen Datenschutz bieten müssen, versteht sich aufgrund ihres Einsatzzwecks im Unternehmensumfeld von selbst.
Aus dem Nähkästchen
Um Unternehmen solche innovativen Lösungen bieten zu können, bedarf es auch bei den ITK-Herstellern eines grundsätzlichen Umdenkens und zahlreicher Veränderungen. So spielte bei der Entwicklung der Cloud-basierten Collaboration-Plattform Circuit nicht nur technologisches Fachwissen eine Rolle. Besonders wichtig waren agile Prozesse in der Produktentwicklung sowie der Design-Thinking-Ansatz. Mit Hilfe von Tools und Prozessen aus der Designwelt geht es darum, Produkte konsequent aus der Perspektive der Endandwender zu entwickeln. Neben einer deutlich höheren Nutzerzufriedenheit verkürzten sich Entwicklungszeiten von bislang zwei oder mehr Jahren auf kurze Etappen von zwei bis vier Wochen.
Dafür musste sich Unify, der Atos Spezialist für Kommunikationssoftware und -services, auch hinsichtlich seiner eigenen Unternehmenskultur verändern. Es brauchte eine neue Art der Zusammenarbeit, neue Teamkonstellationen mit unterschiedlichen Kompetenzen der Mitarbeiter. Da Unify diese Veränderung selbst erlebt hat, kann das Unternehmen als Teil von Atos nun anderen Organisationen aus erster Hand Tipps geben, wie diese ihre Teamarbeit fit machen für die zunehmende Digitalisierung und die damit verbundene erhöhte Komplexität.
Es menschelt im virtuellen Raum
Auch bei der neuen Art der Zusammenarbeit bleibt Vertrauen eine maßgebliche Komponente für den Erfolg. Daher sollten eingespielte Beziehungen zwischen den Teammitgliedern bestehen und bewährte Prozesse zum Informationsaustausch – etwa wöchentliche Calls oder quartalsweise persönliche Meetings – beibehalten bleiben. Solche vertrauensfördernden Maßnahmen sind äußerst wichtig, denn gerade die Kommunikation via Text eröffnet häufig mehr Spielraum für Interpretation und Missverständnisse als die klassische persönliche Besprechung.
In der Praxis ist es oft schwierig, Verhalten im Unternehmen tatsächlich zu verändern. Ein Beispiel: Häufig wollen Unternehmen bestimmte Features einer alten Anwendung auch beim neuen Tool nicht missen. Dann ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass die neue Lösung sowohl die Anforderungen der älteren sowie der jungen Mitarbeiter abdeckt.
Erfahrungsgemäß braucht es Zeit, eingefahrene Muster und teils ungeschriebene Regeln hinter sich zu lassen. Dann hilft es, den Mitarbeitern die Möglichkeiten der neuen Lösung zu verdeutlichen und im Einzelgespräch die Hintergründe und Vorteile der Neuerung zu erläutern. Die meisten Mitarbeiter lehnen Veränderungen nicht per se ab, wollen aber einbezogen und herangeführt werden. Dafür bedarf es Zeit sowie einer gehörigen Portion Fingerspitzengefühl auf Managementebene.
Idealerweise sollten die Manager die Nutzung der UCC-Lösung vorleben. So können sie etwaige Bedenken ihrer Mitarbeiter besser nachvollziehen und direkt mit ihnen Lösungen erarbeiten. Nicht selten fordern neue Kommunikationslösungen gerade den Managern hohe Flexibilität und enormes Umdenken ab, da diese auch eine neue Art der Mitarbeiterführung verlangen. Dazu gehört, dass man als Manager in den neuen, kollaborativen Tools offen mit seinen Teams und einer breiteren Community in den Dialog tritt, anstelle wie früher nur mit Hilfe von Verteilermails und Konferenzcalls Aufgaben zu verteilen.
Bei allen Vorteilen der neuen Welt der Collaboration müssen auch ihre Nebenwirkungen angesprochen werden. So können sich Teams und Mitarbeiter “always on” fühlen. Immer erreichbar zu sein und immer schneller antworten zu müssen, kann zu Stress oder “digitaler Erschöpfung” führen, wie es der Berater Markus Albers aktuell formuliert. Hier kommt es auf klares Erwartungsmanagement zwischen Chef und Mitarbeiter und innerhalb der Teams an. In Circuit haben wir eine “Snooze”-Funktion eingeführt, so dass Nutzer eine bestimmte Zeit lang fokussiert und ungestört von Benachrichtigungen und Anrufen arbeiten können. Und schließlich kann man die App abends und am Wochenende auch einfach mal zumachen.
Ein Blick in die Glaskugel
Virtuelle Teams und Digital-Workplace-Konzepte sind die Zukunft. Große Konzerne werden ihrer Belegschaft kreative und flexible Umgebungen anbieten, die sie selbst nicht bereitstellen können, etwa Coworking-Spaces. Dazu gehören auch die entsprechenden Tools und Lösungen für Kommunikation und Zusammenarbeit, die weiter an Bedeutung gewinnen. Große Konzerne experimentieren derzeit mit neuen Organisations- und Kommunikationsmodellen wie “Working Out Loud”, die vor allem in virtuellen Umgebungen Ideen, Kompetenzen und Verbindungen innerhalb und außerhalb der Unternehmensgrenzen sichtbar und nutzbar machen sollen. Dafür sind neue, kollaborative Toolsets nötig.
Mittelfristig werden Chatbots und mit ihnen verbundene Künstliche Intelligenz ein selbstverständlicher Teil der Collaboration-Infrastruktur. Messaging-Tools wie Circuit eignen sich dank ihrer Schnittstellen und konversationellen Oberflächen hier besonders als Integrationsplattform.
Die Anforderungen künftiger Mitarbeiter werden weiter steigen – ein veraltetes Tool, das hinter den aktuellen technischen Möglichkeiten zurückbleibt, werden sie schlichtweg nicht mehr akzeptieren. Alternative Tools sind für unzufriedene Nutzer und Mitarbeiter nur noch einen Click weit entfernt. Dabei gilt: Kommunikationslösung und Unternehmenskultur müssen zueinander passen. Selbst die modernsten Anwendungen greifen nicht ohne die entsprechende Kultur.
Über den Autor
Philipp Bohn hat in mehreren Rollen bei Unify, dem Atos-Spezialisten für Kommunikationssoftware und -services, -zuletzt als VP Produkt und Marketing – die Collaboration-Plattform Circuit mit entwickelt und auf den Markt gebracht. Zuvor war er als ITK-Marktanalyst bei Berlecon Research tätig. Philipp Bohn hat ein BWL-Studium mit Diplom an der Universität Mannheim abgeschlossen und lebt derzeit in Berlin.