EU-Urheberrechtsreform: Ministerrat erteilt vorerst eine Absage
Da sich die Mitgliedsstaaten nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnten, führten die Verhandlungen zur EU-Urheberrechtsreform zu keinem Ergebnis. Elf Staaten einschließlich Deutschland sprechen sich gegen den Vorschlag der Ratspräsidentschaft aus. Eine endgültige Entscheidung vor der Europawahl wird unwahrscheinlich.
Die Trilogverhandlungen zur EU-Urheberrechtsreform führten zu keinem Ergebnis, da sich die Mitgliedsstaaten nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnten. Elf Staaten sprachen sich gegen den Kompromissvorschlag der rumänischen Ratspräsidentschaft aus. Mit Italien, Polen, Schweden, Kroatien, Luxemburg und Portugal kamen weitere Länder hinzu, die Artikel 11 und 13 in der geplanten Form nicht zustimmen wollten. Die Artikel sehen ein europaweites Leistungsschutzrecht für Presseverlage sowie den Einsatz von Filtern vor, die das Hochladen urheberrechtlich geschützter Inhalte von vornherein verhindern sollen. Deutschland und einige weitere Länder hatten schon gegen eine vorhergehende Version der umstrittenen Richtlinie gestimmt.
Das EU-Parlament hatte die umstrittene Urheberrechtsreform zuerst abgelehnt, sich im September 2018 dann aber doch mehrheitlich dafür entschieden. Das setzte die Trilogverhandlungen zwischen Europäischem Rat, EU-Parlament und EU-Kommission in Gang, die eine endgültige Entscheidung vielleicht kurz vor der Europawahl 2019 erwarten ließen.
“Die kritischen Stimmen gegen ein europäisches Urheberrecht inklusive Uploadfilter und Leistungsschutzrecht sind mittlerweile ohrenbetäubend laut und kommen aus allen Bereichen – auch aus der Kreativbranche”, kommentiert Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender von eco – Verband der Internetwirtschaft. Der Rat der EU müsse die jetzt gewonnene Zeit effektiv nutzen und die kritischen Punkte noch einmal eingehend prüfen und konstruktiv diskutieren. “Ein europäisches Urheberrecht einzuführen wie geplant, das sämtliche Potentiale der digitalen Wirtschaft ignoriert, die Digitalisierung der Gesellschaft und die Entwicklung neuer innovativer Geschäftsmodelle europaweit systematisch ausbremst – nur um traditionelle Industrien und veraltete Geschäftsmodelle zu schützen – wird der Verwirklichung des europäischen digitalen Binnenmarktes in keiner Weise gerecht. Diese Entscheidung führt dazu, dass das Internet in Europa kaputt gefiltert wird.”
Julia Reda von der Piratenpartei, ausgewiesene Urheberrechtsexpertin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion Die Grünen / Freie Europäische Allianz im EU-Parlament, erlebte das Ergebnis der Verhandlungen als überraschende Wendung im Drama um die Urheberrechtsreform. Es bedeute zwar noch nicht das Ende von Leistungsschutzrecht und Uploadfiltern, mache aber einen Abschluss der Verhandlungen noch vor den Europawahlen im Mai zunehmend unwahrscheinlicher.
Reda verweist dazu auf die lauter werdende Kritik aus entgegengesetzten Lagern. Tatsächlich distanzieren sich inzwischen selbst Rechteinhaber von den Vorschlägen, die eigentlich Vorteile aus der Reform ziehen sollten. Im November hatte ein Youtube-Manager sogar sinkende Einnahmen der Musikbranche durch die EU-Urheberrechtsreform vorausgesagt, wenn Dienste wie Youtube künftig massenhaft Videos blockieren müssen.
“Die öffentliche Aufmerksamkeit für die Gefahren der Urheberrechtsreform zeigt Wirkung”, stellt Julia Reda zu den gescheiterten Verhandlungen fest. “In den nächsten Wochen darf der öffentliche Druck nicht nachlassen, dann haben wir die Chance, die schädlichsten Elemente der Urheberrechtsreform endgültig abzulehnen.
Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverband Deutsche Startups e.V. begrüßte die Wende als ein gutes Wochenende für das deutsche Startup-Ökosystem. Das sei nicht mehr erwartet worden – und daher umso größer “die Freude darüber, dass diese innovations- und investitionsfeindliche Reform vor den Europa-Wahlen aller Voraussicht nach nicht mehr kommen wird”. Nöll zeigte sich optimistisch, dass “die maßgeblichen Akteure zu der endgültigen Einsicht gekommen sind, dass eine Urheberrechtsreform zwar notwendig ist, die vorliegende Reform jedoch mehr Schaden anrichten als Probleme lösen würde”.