In den USA kündigen derzeit Millionen von Angestellten ihre Arbeitsverhältnisse – Experten sprechen von einer „Great Resignation“. Auch in Deutschland hat die Pandemie viele Beschäftigte zum Nachdenken gebracht. Der Wunsch nach Veränderung ist ausgeprägter denn je. In einer Umfrage, die die Job-Plattform StepStone im Sommer 2021 veröffentlichte, äußerte beinahe jeder dritte Arbeitnehmer die Absicht, seine Jobsuche zu intensivieren.
Arbeitgeber müssen sich daher noch stärker als bisher darum bemühen, ihre Mitarbeiter zu halten und neue hinzuzugewinnen. „Die Pandemie hat die bedeutsame Rolle von HR in der modernen Arbeitswelt in den Fokus gerückt: Im Wandel hin zu einer immer flexibleren und mitarbeiterorientierten Arbeitskultur werden HR-Fachkräfte zu Treibern der Zukunft und gestalten die Unternehmen an der Seite der Geschäftsführung aktiv um. Sollte tatsächlich eine Kündigungswelle den deutschen Mittelstand überrollen, dann werden diejenigen Unternehmen im Vorteil sein, die sich jetzt fit für die Zukunft machen und ihre HR-Prozesse modernisieren“, sagt Simone Seidel, Director People Management bei Sage in Central Europe.
Die richtige Strategie und Mut zum Wandel helfen dabei. Diese fünf Trends im People Management geben Hilfestellung, wie Unternehmen einer sich anbahnenden Kündigungswelle vorbeugen können:
1. „Re-Onboarding“: Digitales Know-how sicherstellen
In den vergangenen zwei Jahren hat die Pandemie einiges auf den Kopf gestellt. „Remote Work“, also dezentrales und mobiles Arbeiten, hat sich in zahlreichen Branchen zum neuen Standard entwickelt. Die Infrastruktur ist nun vielerorts an die Arbeitswelt der Zukunft angepasst – aber wie sieht es mit den Mitarbeitern aus? Die meisten pandemiebedingten Änderungen erfolgten von heute auf morgen und in einer Ausnahmesituation. Inzwischen sind Neuerungen wie moderne Cloud-Systeme und hybride Arbeitsmodelle selbstverständlich. Die HR-Abteilung muss nun aber auch sicherstellen, dass die Beschäftigten über das erforderliche digitale Know-how verfügen und mit den neuen Technologien und Arbeitsmodellen zurechtkommen. Es ist gleichsam ein „Re-Onboarding“ nötig. Wenn Mitarbeiter mit der technologischen Infrastruktur ihres Betriebs Schwierigkeiten haben, helfen Verständnis und konstruktive Hilfestellungen, Frustration zu vermeiden.
2. Social Recruiting: Neue Potenziale der Mitarbeitergewinnung ausschöpfen
Berufseinsteiger und junge Fachkräfte sind in der Regel sehr digital-affin. Social Recruiting, also die Mitarbeitergewinnung über soziale Plattformen wie LinkedIn, bietet daher enormes Potenzial. Zum Beispiel lassen sich digitale Stellenanzeigen in sozialen Netzwerken mit Werbebudget hinterlegen und an eine spezifische Zielgruppe ausspielen. Das erhöht die Chancen auf mehr Bewerber, die genau den Anforderungen des Unternehmens entsprechen. Oder ein Recruiter recherchiert selbst passende Kandidaten über die Plattformen und spricht sie dort direkt an. Gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen bietet Social Recruiting die Möglichkeit, mit dem Wettbewerb mitzuhalten.
3. Im Dialog bleiben: Was erwarten die Mitarbeiter?
Im HR-Management von heute hat das Wohlbefinden der Beschäftigten oberste Priorität. Und die Ansprüche sind hoch: Viele Mitarbeiter streben nach Selbstverwirklichung und sehen in den Unternehmenswerten ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers. Sie hinterfragen ihren Arbeitgeber, was Themen wie Krisenmanagement betrifft oder auch den sogenannten Purpose eines Betriebs, also den Sinn und Zweck eines Unternehmens über die Gewinnmaximierung hinaus. Hinzu kommt, dass zahlreiche Angestellte durch die Pandemie ihren aktuellen Beruf grundsätzlich in Frage stellen. So interessiert sich laut StepStone-Umfrage eine wachsende Zahl für Quereinstiege in andere Branchen.
Es ist somit wichtiger denn je, dass HR-Fachkräfte mit ihren Mitarbeitern im Dialog bleiben. Regelmäßige Befragungen und Einzelgespräche geben Aufschluss über die persönlichen Erwartungen der Beschäftigten an ihre Rolle und ihre Zukunft im Unternehmen. Daraus ergibt sich auch ein gutes Bild der Gesamtzufriedenheit mit dem Arbeitgeber.
4. Digitalisierung von HR-Prozessen: Mehr Zeit für strategische Aufgaben
Um Fakten zu schaffen und Entscheidungen nicht nur aus dem sprichwörtlichen Bauchgefühl heraus zu treffen, braucht eine moderne HR-Abteilung schnelle und sichere Wege der Datenerfassung: People Analytics, die Erhebung und strategische Analyse mitarbeiterbezogener Daten, ist heute unverzichtbar. Es ermöglicht einen Überblick über die personellen Strukturen sowie über die Wünsche, Vorstellungen und Nöte der Mitarbeiter – und liefert damit eine bessere Entscheidungsgrundlage.
Wichtig ist auch eine Digitalisierung der HR-Prozesse. Damit kann sich die Personalabteilung mehr Zeit für strategische Aufgaben nehmen, die sich nicht durch Systeme ersetzen lassen – etwa für Mitarbeitergespräche, Employer-Branding-Kampagnen, Recruiting sowie Strategien und Maßnahmen für ein besseres Wohlbefinden der Beschäftigten. HR hat sich im Lauf der letzten fünf Jahre zu einem wichtigen strategischen Partner der Geschäftsführung weiterentwickelt und kann erheblich zum Unternehmenserfolg beitragen – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels.
5. Vielfalt und Inklusion aktiv fördern
Unternehmen, die für die neuen Generationen attraktiv bleiben wollen, fördern Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion und passen ihre HR-Prozesse daran an. Nur so können sie im Wettbewerb um die besten Talente mithalten. Es lohnt sich, in der Kommunikation mit den eigenen sowie mit potenziellen Mitarbeitern alle einzuschließen. Moderne HR-Führungskräfte gehen gegen Diskriminierung vor und ergreifen Maßnahmen zur Gleichstellung und individuellen Förderung.
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